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Erdogan und Putin verfolgen ähnliche Politik in Afrika 

Erdogan und Putin nutzen Afrika für ihre antiwestliche Poltik
Erdogan und Putin nutzen Afrika für ihre antiwestliche Poltik (© Imago Images / ITAR-TASS)

Sowohl der türkische Präsident als auch sein russischer Amtskollege sind bestrebt, die Gunst der Stunde der zahlreichen Umstürze auf dem afrikanischen Kontinent zu nutzen und ihren Einfluss zu verstärken.

Eine Reihe von Militärputschen in Westafrika, zuletzt im vergangenen Monat in Niger, zeigt, wie sehr sich die Bemühungen der Türkei und Russlands decken, wenn es darum geht, aus politischen Veränderungen zum Nachteil ehemaliger Kolonialmächte wie Frankreich sowie der anti- bzw. postkolonialen Stimmung im Allgemeinen Kapital zu schlagen und ihren eigenen Einfluss in der Region auszuweiten.

So sind der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin bestrebt, die Chancen zu nutzen, die sich durch diese neuen afrikanischen Regierungen ergeben. Beide Politiker haben immer wieder davon abgesehen, die Putschisten zu verurteilen, »die auf der Welle des Unmuts in der Bevölkerung über den anhaltenden Einfluss der ehemaligen Kolonialmächte und das Scheitern der vom Westen geführten Anti-Terror-Operationen in der Region reiten«, wie Fehim Tastekin dies in Al Monitor formulierte.

In einer Rede auf dem Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg kurz nach dem Staatsstreich vom 26. Juli in Niger sagte Putin, einige Erscheinungsformen des Kolonialismus in Afrika bestünden weiterhin und lägen der Instabilität in vielen Regionen des Kontinents zugrunde. 

Der türkische Präsident bedient sich seit Jahren einer ähnlichen Rhetorik, die sich vor allem gegen Frankreich richtet. So entsandte Erdogan im Jahr 2020 seinen Außenminister Mevlut Cavusoglu nach dem Putsch in Mali zu einem Besuch in die Hauptstadt Bamako und stellte damit seinen Opportunismus unter Beweis. 

Seit dem Putsch in Niger ist Ankara jedoch vorsichtiger geworden, da man offenbar aus dem Fehltritt in Mali gelernt hat. In einer Erklärung des Außenministeriums heißt es: »Wir verfolgen mit großer Sorge den Putschversuch einer Gruppe innerhalb der Streitkräfte in Niger, der zur Absetzung des durch demokratische Wahlen an die Macht gekommenen Präsidenten Mohamed Bazoum und zur Suspendierung aller demokratischen Institutionen geführt hat. Wir hoffen, dass die verfassungsmäßige Ordnung, der soziale Frieden und die Stabilität des befreundeten und brüderlich verbundenen Niger nicht leiden werden. Die Türkei wird Niger in dieser kritischen Zeit weiterhin zur Seite stehen.« Eine fast identische Erklärung hatte Ankara nach dem Putsch in Burkina Faso im Jahr 2022 abgegeben.

Zusammenarbeit und Konkurrenz

Die Aufmerksamkeit Russlands und der Türkei ist für die Juntas insofern politisch vorteilhaft, als sie ihnen politische Alternativen bieten, sollten sie mit Frankreich brechen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Moskau und Ankara diesbezüglich öffentlich vorgeworfen, eine antifranzösische Stimmung in Afrika schüren zu wollen. »Es gibt eine Strategie, die manchmal von afrikanischen Führern angeführt wird, aber vor allem von ausländischen Mächten wie Russland oder der Türkei, die mit postkolonialen Ressentiments spielen«, sagte er in einem Interview mit dem Magazin Jeune Afrique im Jahr 2020. »Wir dürfen bei diesem Thema nicht naiv sein: Viele derjenigen, die sich zu Wort melden, die Videos produzieren, die in den französischsprachigen Medien präsent sind, werden von Russland oder der Türkei finanziert.«

Mit den Umwälzungen in Mali und Burkina Faso ergriff Russland die Gelegenheit, die Präsenz des von Moskau finanzierten privaten Militärunternehmens Wagner auszubauen, während die Türkei versuchte, die militärischen Beziehungen durch Ausbildungsprogramme und Waffenverkäufe, einschließlich Kampfdrohnen, zu stärken. Die türkischen Militärverkäufe an Afrika stiegen von 76 Mio. Euro im Jahr 2020 auf 265 Mio. Euro im Jahr darauf. Mittlerweile beliefert die Türkei vierzehn Länder auf dem Kontinent: Algerien, Burkina Faso, Tschad, Ghana, Kenia, Mali, Mauretanien, Marokko, Niger, Nigeria, Ruanda, Senegal, Somalia und Uganda. 

Erdogan signalisierte im September 2021 bei einem Telefonat mit dem Chef der Junta-Regierung, Assimi Goita, seine Bereitschaft, die militärische Zusammenarbeit mit Mali zu verstärken. Seitdem hat das Land zwei Chargen türkischer Bayraktar-TB2-Drohnen erhalten. 

Während sich die Türkei in Nord- und Ostafrika auf ein osmanisches Erbe beruft, hat Russland keine koloniale Vergangenheit in der Region, was ihm in der Wahrnehmung der postkolonialen Staaten Afrikas einen Vorteil verschafft. Darüber hinaus bieten die während des Kalten Kriegs gepflegten bilateralen Beziehungen Moskaus einen weiteren Vorteil gegenüber der Türkei, die als NATO- Mitglied immer auch als Teil des Westens betrachtet wird. Während die Türkei in Mali zusammen mit Russland als Rivale Frankreichs angesehen wurde, scheint die Hauptrivalität sowohl in Burkina Faso als auch in Niger zwischen Frankreich und Russland zu bestehen.

Vor allem Niger, das West- und Ostafrika miteinander verbindet, ist für die Expansion der Türkei nach Afrika wichtiger als Mali. Bereits 2020 unterzeichnete Außenminister Cavusoglu deshalb bei seinem Besuch in Niger unter anderem ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der militärischen Ausbildung, während sich Behauptungen über Pläne für einen türkischen Militärstützpunkt im Land nicht bestätigt haben. 2021 erklärte Erdogan, die Türkei werde Niger bei der Stärkung seiner Verteidigungskapazitäten unterstützen, indem sie TB2-Drohnen, gepanzerte Fahrzeuge und leichte Hurkus-Trainings- und Kampfflugzeuge liefern wird. 

Während die Junta in Niger die Militärabkommen mit Frankreich widerrufen hat, ist es unwahrscheinlich, dass sie die Verteidigungszusammenarbeit mit der Türkei einstellen wird. Ankara seinerseits hofft, seine Errungenschaften in Niger bewahren und auszubauen zu können, indem es sich dabei zurückhält, den Staatsstreich ausdrücklich zu verurteilen und sich Interventionsplänen der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten gegenüber ablehnend positioniert.

Instabilität könnte Ankara schaden

Die Auswirkungen der Instabilität in Niger könnten sich auch auf andere türkische Interessen in Afrika auswirken. Die Gefahr einer Ausbreitung von Milizkriegen in der Region könnte sich etwa auf Libyen auswirken, wo die Türkei ebenfalls involviert ist, und zwar aufseiten der Regierung in Tripolis. 

Nach Jahren des Bürgerkriegs zwischen der Regierung im Osten und dem Warlord Khalifa Haftar im Westen des Landes kämpft das nordafrikanische Land immer noch darum, seine Institutionen zu vereinheitlichen und den Boden für Wahlen zu bereiten. Während Ankara die mit der Regierung in Tripolis unterzeichneten Abkommen über militärische Zusammenarbeit, die Abgrenzung der Meeresgebiete und die Erschließung von Energiequellen aufrechterhalten möchte, hat Khalifa Haftar Milizen aus den Nachbarländern, darunter Tschad, Niger und Sudan, rekrutiert. Russland hat am meisten vom Einsatz solcher Milizen in Libyen profitiert, wobei Wagner die wichtigste Gruppe ist, die auf der Seite der von Haftar geführten Kräfte kämpft. 

Die sich verändernde politische Landschaft in Afrika könnte der Türkei zwar die Möglichkeit bieten, ihren Einflussbereich auszuweiten, aber die Aussicht, auf dem Kontinent neu Fuß zu fassen, sei dennoch eher gering, kommt Fehim Tastekin zum Schluss: Sie mag sich in Afrika nämlich »insgesamt in taktischer Konvergenz mit Russland befinden, aber nichts destotrotz besteht für Ankaras Politik die Gefahr, auch anderswo in Afrika durch den russischen Faktor so beeinträchtigt zu werden, wie es in Libyen der Fall ist.«

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