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Hamas-Chef Haniyeh auf besonderen Wunsch zu Besuch in der Türkei

Erdogan hat Hamas-Chef Haniyeh bereits zu frühen Anlässen in der Türkei empfangen
Erdogan hat Hamas-Chef Haniyeh bereits zu frühen Anlässen in der Türkei empfangen (© Imago Images / APAimages)

Präsident Recep Tayyip Erdoğan präsentierte die Türkei als langjährigen Verteidiger der islamistischen Terrorgruppe Hamas und als expliziten Feind Israels.

David Isaac

In einer von israelfeindlichen Äußerungen geprägten Rede vor dem Parlament in Ankara kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Mittwoch an, er werde den politischen Führer der Hamas, Ismail Haniyeh,empfangen. Erdoğan lobte sowohl die Terrorgruppe, die am 7. Oktober 2023 das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust verübt hatte, als eine »Befreiungsbewegung«, wie auch ihren Chef Haniyeh im Besonderen, den der türkische Präsident als den »Führer des palästinensischen Kampfes« bezeichnete.

Erdoğan hat den Terroristenführer bereits bei früheren Gelegenheiten empfangen, doch ist dies das erste Mal, dass Haniyeh öffentlich eingeladen wird. Vor seinem offiziellen Besuch traf Haniyeh am Dienstag in Katar auch mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan zusammen.

Der türkische Präsident rühmte sich, sein Land sei schon hinter der Hamas gestanden, als es noch kein anderes getan hat. »Als alle schwiegen, traten wir hervor und bezeichneten die Hamas als Widerstandsorganisation und nicht als terroristische Organisation«, sagte Erdoğan. Darüber hinaus habe er auf dem Podium der Vereinten Nationen erklärt und anhand von Karten dokumentiert, »dass Israel die palästinensischen Gebiete besetzt hat. Wir sind immer an der Seite unserer palästinensischen Brüder gestanden, in jeder Hinsicht«, sagte der türkische Präsident in seiner Parlamentsrede. »Ich werde weiterhin der Stimme des palästinensischen Volkes Gehör verschaffen.«

Antisemtische Verschwörungstheorie

Erdoğan beschuldigte Israel, hinter mehreren türkischen Putschversuchen der vergangenen Jahrzehnte zu stehen. »Vergessen Sie nicht den Militärputsch vom 12. September 1980, der unmittelbar nach der großen [pro-palästinensischen] Demonstration für Jerusalem in der [türkischen] Stadt Konya stattfand. Vergessen Sie nicht den Militärputsch vom 28. Februar 1997, der unmittelbar nach der [pro-palästinensischen] Jerusalem-Nacht in Ankara stattfand. Vergessen Sie nicht, dass der gescheiterte Putschversuch im Jahr 2016 von Dienern der Zionisten durchgeführt wurde.«

All diese Schritte seien unternommen worden, »um unser Einfühlungsvermögen in den palästinensischen Kampf zu brechen. Von hier aus erkläre ich: Wir werden angesichts eurer Angriffe wie Militärputsche, ökonomische Angriffe, Attentatsversuche und psychologische Kriegsführung, nicht den Kopf einziehen oder aufgeben«, erklärte Erdoğan. Auch wurde ein Film präsentiert, der die Maßnahmen der Türkei zugunsten der Palästinenser beleuchtet und zu dem von der Galerie aus »Nieder mit Israel« skandiert wurde.

Die Hamas bedankte sich am Mittwoch in einer Erklärung und schrieb, sie schätze »die Äußerungen Seiner Exzellenz, des Präsidenten der Türkischen Republik Erdoğan, sehr, der seine Position bekräftigt hat, das palästinensische Volk und seinen legitimen Kampf für die Befreiung und Unabhängigkeit seines Landes weiterhin zu verteidigen.«

Bei den Kommunalwahlen am 31. März erlitt Erdoğans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) ihre schwerste Niederlage seit ihrer Machtübernahme im Jahr 2003. Israels Außenminister Israel Katz führte den historische Misserfolg auch auf die Feindseligkeit der AKP gegenüber dem jüdischen Staat zurück, die von der türkischen Bevölkerung nicht geteilt werde.

Während sich die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel im Jahr 2010 verschlechterten, schien es, als würde sich das Verhältnis verbessern, als Erdoğan zustimmte, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu im September am Rand der 78. UN-Generalversammlung in New York zu treffen. Doch nur wenige Wochen später fielen Hamas-Terroristen in Israel ein, töteten etwa 1.200 Menschen und entführten mehr als 240 weitere, woraufhin Erdoğan sein Unterstützung der Hamas wieder verstärkte.

Aufopferung wirtschaftlicher Interessen

Im April kündigte Ankara Ausfuhrbeschränkungen für Israel an, nachdem Jerusalem ein türkisches Ersuchen um Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen abgelehnt hatte. Erdoğans Regierung erklärte, die Handelsmaßnahmen würden für vierundfünfzig Produktkategorien gelten und solange andauern, bis ein Waffenstillstand ausgerufen wird.

Katz sagte, dass Erdoğan »wieder einmal die wirtschaftlichen Interessen des türkischen Volkes für seine Unterstützung der Hamas-Mörder im Gazastreifen opfert, welche die Körper von Frauen, Mädchen und Erwachsenen vergewaltigt, ermordet und geschändet und Kinder bei lebendigem Leib verbrannt haben. Israel wird sich der Gewalt und Erpressung nicht beugen, wird die einseitige Verletzung bestehender Handelsabkommen nicht ignorieren und parallel dazu Maßnahmen gegen die Türkei ergreifen, die der türkischen Wirtschaft schaden werden.«

Im vergangenen Monat war sich Erdoğan nicht zu schade, den israelischen Premierminister Netanjahu und seine Regierung mit Nazideutschland zu vergleichen. »Netanjahu und seine Regierung schreiben mit ihren Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza ihre Namen neben Hitler, Mussolini und Stalin, wie die Nazis von heute.« Der israelische Regierungschef begehe »weiterhin Massaker am palästinensischen Volk«, fuhr er fort und fügte hinzu, die Türkei werde »alles Notwendige tun, um israelische Beamte zur Rechenschaft zu ziehen«.

Premier Netanjahu wies den türkischen Staatschef wegen dieser Äußerungen zurecht und erklärte, Israel halte sich an das Kriegsrecht »und wird sich nicht von Erdoğan moralisch belehren lassen, der die Mörder und Vergewaltiger der Terrororganisation Hamas unterstützt, den Völkermord an den Armeniern leugnet, Kurden im eigenen Land massakriert und gegen Regimegegner und Journalisten vorgeht«. Im November erklärte Präsident Erdoğan vor dem Parlament seines Landes, Israel würde bald vernichtet werden.

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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