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Baschar al-Assad ist zurück

Saudi-Arabiens Kronprinz bin-Salman trifft Syriens Präsident Assad beim Gipfel der Arabischen Liga im saudischen Dschidda
Saudi-Arabiens Kronprinz bin-Salman trifft Syriens Präsident Assad beim Gipfel der Arabischen Liga im saudischen Dschidda (© Imago Images / APAimages)

Die Wiederaufnahme von Assads Regime in die Arabische Liga sendet das Signal aus, trotz schrecklichster Kriegsverbrechen rehabilitiert werden zu können.

Clifford D. May

Gibt es irgendwo auf der Welt einen Diktator mit blutigeren Händen als Baschar al-Assad? Die Konkurrenz ist groß, doch in den letzten zwölf Jahren, seit im Jahr 2011 die ersten Demonstranten in Damaskus auf die Straße gingen, um grundlegende Freiheiten zu fordern, ließ Assad seine syrischen Mitbürger in stetigem Tempo abschlachten. 

Die Zahl der Todesopfer wird inzwischen auf mehr als eine halbe Million geschätzt. Von den zweiundzwanzig Millionen Menschen, die vor dem Krieg in Syrien lebten, sind mehr als zehn Millionen entweder ins Ausland geflohen, davon mehr als eine Million nach Europa, oder zu Binnenflüchtlingen. Aleppo und andere historische Städte wurden in Schutt und Asche gelegt.

Um seine leere Kriegskasse aufzufüllen, ist Assad bekanntermaßen zum Drogenproduzenten und -händler, insbesondere von Captagon, einem Amphetamin, das in weiten Teilen des Nahen Ostens konsumiert wird, aufgestiegen. Und natürlich ist Assad nach wie vor ein Klient – »Satrap« wäre vielleicht der präzisere Begriff – der Islamischen Republik Iran, deren Streitkräfte im Verbund mit jenen des russischen Diktators Wladimir Putin dazu beigetragen haben, ihn an der Macht zu halten.

Unverdiente Belohnung

Für all das wird er nun belohnt, und zwar mit der jüngst verkündeten Wiederaufnahme in die Arabische Liga – 2011 war die syrische Mitgliedschaft ausgesetzt worden –, und der Teilnahme am jetzigen Gipfel in Saudi-Arabien – Händeschütteln, Umarmungen und Schulterklopfen inklusive.

Die Arabische Liga besteht aus zweiundzwanzig Mitgliedern, von denen einige wenige gemäßigt sind, keines der Mitglieder jedoch als Demokratie bezeichnet werden kann. Einige sind reich dank Öl und Gas, die meisten arm. In den Ländern der Arabischen Liga, von denen fast alle sunnitisch-muslimisch sind, leben mehr als 400 Millionen Menschen, zu denen auch Minderheiten wie Kurden, Drusen, koptische Christen und Maroniten gehören, denen nicht annähernd dieselben Rechte wie der arabischen Bevölkerung zugestanden werden.

Die Führer dieser Staaten, die ihn bisher aus ihrem Kreis ausgeschlossen hatten, fingen nach dem Erdbeben im Februar, bei denen Tausende Menschen starben und zehntausende Häuser zerstört wurden, unter dem Deckmantel der Erdbebenhilfe an, sich verstärkt an Assad anzunähern. Zugleich verstärkte der Iran – ebenfalls unter dem Vorwand der Erdbebenhilfe – seine Waffenlieferungen nach Syrien.

Assad kontrolliert heute etwa sechzig Prozent des Landes. Islamistische Rebellen beherrschen ein Gebiet im Nordwesten, die Türken und ihre Stellvertreter halten ebenfalls Teile im äußersten Nordwesten, die kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) eine Enklave im Nordosten des Landes. Ein kleines Kontingent von Elitetruppen aus den USA unterstützt die SDF. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, den Islamischen Staat (IS) an der Rückeroberung von Städten und Dörfern zu hindern.

»Obwohl der IS im Irak und in Syrien erheblich geschwächt ist, ist die Gruppe weiterhin in der Lage, Operationen in der Region durchzuführen«, erklärte der amerikanische General Erik Kurilla, der das Zentralkommando leitet, Ende vergangenen Jahres gegenüber Reportern. »Und wir wissen, dass die Gruppe bestrebt ist, auch außerhalb der Region zuzuschlagen.«

Assads Wiederaufnahme in die höfliche arabische Gesellschaft folgt auf eine von Peking vermittelte Entspannungzwischen Saudi-Arabien, der wichtigsten arabischen Nation, und den iranischen Mullahs. Der Besuch von Ebrahim Raisi dieses Monats in Damaskus, bei dem er fünfzehn »Kooperationsdokumente« unterzeichnete, war der erste eines iranischen Präsidenten in Syrien seit dem Jahr 2010.

Jonathan Spyer, Direktor des Middle East Center for Reporting and Analysis, berichtete kürzlich, das Teheraner Regime unterhalte in Syrien »eigene Stützpunkte, Waffenlager und Kontrollbereiche, die Assads Streitkräfte nicht ohne iranische Zustimmung betreten können«. Mittlerweile etablierte der Iran auch schiitische Gemeinden in Dörfern, die von der sunnitischen Bevölkerung, die vor dem Kriegsgeschehen geflüchtet waren, verlassen wurden. »Der Iran und das Regime wollen keine Sunniten zwischen Damaskus und Homs und der libanesischen Grenze«, meinte ein hochrangiger libanesischer Führer gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian. »Das ist eine historische Bevölkerungsverschiebung.«

Zu den neuen Bevölkerungsgruppen gehören Schiiten aus dem Libanon, dem Irak, Afghanistan und anderen Staaten, die in den vom Iran unterstützten Milizen gekämpft haben – ein Bevölkerungstransfer, der weder die Weltöffentlichkeit noch die Vereinten Nationen sonderlich interessiert.

Rehabilitierung trotz Kriegsverbrechen

Die Wiederaufnahme Assads in die Arabische Liga »sendet das Signal aus, letztendlich rehabilitiert werden zu können, egal, wie schrecklich die Kriegsverbrechen sind, wenn man nur rücksichtslos und geduldig genug ist«, merkt Mark Dubowitz von der Foundation for Defense of Democracies an. Ganz allgemein stärkt und legitimiert sie die imperialistischen Ambitionen der iranischen Machthaber, die den Libanon über die Hisbollah, ihren gut bewaffneten Stellvertreter, regieren, hart an der Unterwerfung der Iraker arbeiten und die Huthi-Rebellen im Jemen unterstützen, obwohl ihr jüngstes Abkommen mit Saudi-Arabien die dortigen Kämpfe beenden soll.

Teheran finanziert, bewaffnet und instruiert auch die verschiedenen arabischen Terrorgruppen, die Israel angreifen. Die jüngste Offensive, die vom Palästinensischen Islamischen Dschihad angeführt wurde, war kein Erfolg. Als am vergangenen Wochenende ein Waffenstillstand in Kraft trat, waren bereits sechs Anführer der im Gazastreifen ansässigen Gruppe bei Präzisionsangriffen getötet worden. Israel bombardiert auch weiterhin iranische Stützpunkte in Syrien, um zu verhindern, dass das Land zu einer weiteren Plattform für Raketen- und Terroranschläge wird.

Wie der amerikanische Außenminister Antony Blinken erklärte, beabsichtige die Biden-Regierung nicht, die Legitimität des Assad-Regimes anzuerkennen und unterstütze auch keine Normalisierung durch andere«. Botschafterin Barbara Leaf, stellvertretende Staatssekretärin für Angelegenheiten des Nahen Ostens, übermittelte jedoch eine andere Botschaft: »Wir raten unseren Freunden und Partnern in der Region, dafür zu sorgen, dass sie auch eine Gegenleistung von Assad für ihr Engagement erhalten.«

Eine parteiübergreifende Gruppe von US-Abgeordneten brachte vergangenen Woche einen Gesetzesentwurf ein, der die Regierung daran hindern soll, die Legitimität von Assad als syrischem Präsidenten anzuerkennen und die Möglichkeiten Washingtons zur Verhängung von Sanktionen verbessern soll. Der Entwurf würde den sogenannte Caesar Act erweitern, mit dem vor vier Jahren Sanktionen gegen Syrien verhängt wurden. Das Gesetz ist nach einem syrischen Militärüberläufer mit dem Codenamen Caesar benannt, der 53.275 Fotos aus Syrien schmuggelte, welche die umfangreichen Folterungen in Assads Gefängnissen dokumentieren.

Die Nachrichtenagentur Reuters, die zuerst über den Gesetzesentwurf berichtete, bezeichnete ihn als »eine Warnung an andere Länder, die ihre Beziehungen zu Assad normalisieren«.  im Nahen Osten und anderswo werden amerikanische Warnungen nicht mehr so ernst genommen, wie in früheren Tagen. 

Clifford D. May ist Gründer und Präsident der Foundation for Defense of Democracies und Kolumnist der Washington Times. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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