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Chronologie verpasster Friedenschancen im Nahen Osten. Folge 3: UN-Teilungsvorschlag von 1947 und Israelischer Unabhängigkeitskrieg

14. Mai 1948: David Ben-Gurion verliest Israels Unabhängigkeitserklärung
14. Mai 1948: David Ben-Gurion verliest Israels Unabhängigkeitserklärung (© Imago Images / United Archives International)

Im Gegensatz zur israelischen verweigerte sich die arabische Seite jeder Kompomisslösung hinsichtlich des Völkerbundmandats in Palästina.

Mit dem MacDonald Weißbuch von 1939 hatte Großbritannien die Tore des Mandatsgebiets Palästina vor den aus Nazideutschland und Europa flüchtenden Juden nahezu verschlossen. Etwa 80.000 Juden gelang es dennoch, meist illegal, ins Land zu gelangen.

Während die offizielle jüdische Untergrundbewegung Haganah grundsätzlich und die rechtsgerichtete Untergrundbewegung Irgun von Beginn bis Ende des Zweiten Weltkriegs keine militärischen Angriffe gegen die Engländer durchführten und ihre Mitglieder zum Eintritt in die britische Armee aufforderten, setzte die vom Irgun abgespaltene Stern-Gruppe den bewaffneten Kampf gegen die Briten im Mandatsgebiet fort.

Nach 1945 wurde der Kampf wieder aufgenommen, wobei die Haganah zeitweise mit den anderen zwei Gruppierungen eine Einheitsfront bildete. Auch nach der Shoah war Großbritannien nicht bereit, jüdische Einwanderung zu ermöglichen, sah sich jedoch außerstande, das Mandatsgebiet weiter zu administrieren und gab die Verantwortung an die Nachfolgeorganisation des Völkerbundes, die Vereinten Nationen ab.

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UN-Teilungsvorschlag von 1947

Am 29. November 1947 wurde ein Teilungsvorschlag von der UN-Generalversammlung als Resolution 181 (II) als Empfehlung – lediglich Resolutionen des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich verbindlich – angenommen. Gemäß diesem Teilungsplan sollte der jüdische Staat die Küstenebene, Galiläa und die Negevwüste enthalten, zusammen etwa vierzehn Prozent des ursprünglichen Mandatsgebiets (inklusive des 1922 abgetrennten Jordanien) bzw. 56 Prozent des 1947 bestehenden Mandatsgebiets.

Die Stadt Jerusalem sollte wegen der religiösen Stätten als internationale Zone (Corpus separatum) unter die Verwaltung der Vereinten Nationen gestellt werden. Sowohl der jüdische als auch der arabische Staat würden aus jeweils drei miteinander durch Verbindungsstraßen gekoppelten Teilen bestehen. Jaffa wäre eine arabische Enklave im jüdischen Staat.

Die Jewish Agency nahm den Plan grundsätzlich an, von den rechtsgerichteten Untergrundbewegungen Irgun und der Stern-Gruppe wurde er abgelehnt.

Die arabische Seite lehnte den Plan kategorisch ab. Die Angriffe der Araber Palästinas verstärkten sich, Jerusalem drohte eingeschlossen zu werden. Als das arabische Dorf Deir Yassin an der Einfahrt nach Jerusalem von jüdischen Einheiten angegriffen wurde, um die Verbindung offenzuhalten, kam es auch auf arabischer Seite zu Verlusten unter der Zivilbevölkerung. Aus propagandistischen Gründen verbreitete die arabische Seite übertriebene Opferzahlen und sprach von einem Massaker, was die arabische Fluchtbewegung verstärkte.

Angriff auf den jungen Staat

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Angriff der arabischen Armeen 1948

Mit dem Auslaufen des Völkerbundmandats verkündete David Ben Gurion am 14. Mai 1948 die israelische Unabhängigkeitserklärung, woraufhin der neue Staat von den Armeen Transjordaniens, des Iraks, des Libanons, Ägyptens und Syriens angegriffen wurde. Die Allianz bestritt das Existenzrecht Israels und wollte die Staatsgründung gewaltsam rückgängig machen; Ägypten und Syrien hatten jedoch auch das Ziel, einen Geländezuwachs Jordaniens möglichst zu verhindern.

Jordanien verfügte mit der Arabischen Legion unter Glubb Pascha ein von England ausgebildetes Militär, das bereits am 13. Mai 1948 in der jüdischen Siedlung Kfar Etzion ein Massaker mit 127 Opfern verübt hatte. Danach gelang es der Legion mit Häuserkämpfen, das jüdische Viertel in der Altstadt Jerusalem zu erobern und den westlichen Teil Jerusalems durch die Übernahme von Stellungen bei Latrun abzuschneiden. Erst am 10. Juni konnte eine Umfahrungsstraße, die Burma Road, von Israel fertiggestellt werden. Danach blieben die jordanischen Einheiten defensiv, sie hatten ihr beschränktes Kriegsziel erreicht.

Irakische Truppen gelangten über den Jordan und erlangten die Kontrolle über die arabisch bewohnten Gebiete zwischen Tulkarm, Nablus und Dschenin; ein israelischen Angriff Richtung Dschenin in scheiterte am 28.Mai.

Die ägyptische Offensive richtete sich einerseits durch die Negevwüste über Be’er Sheva gegen Jerusalem und im Hauptstoß entlang der Küste in Richtung Tel Aviv. Der Vorstoß auf Jerusalem wurde beim Kibbutz Ramat Rachel am Stadtrand abgewehrt; jener an der Küste nördlich von Ashdod aufgehalten.

Syrische Truppen versuchten den Jordaniern durch einen Vorstoß Richtung Galiläa zuvorzukommen, es gelang ihnen jedoch nur eine jüdische Siedlung südlich des Sees Genezareth, Zemach, und eine nördlich des Sees, Mishmar ha Yarden, zu erobern.

Am 29. Mai kam es auf Vorschlag des UN-Sicherheitsrats zu einem vierwöchigen Waffenstillstand. Israel nützte die Zeit, um seine Armee zahlenmäßig mit Soldaten und Waffenlieferungen, insbesondere aus der Tschechoslowakei, zu verstärken. Am 6. Juli beschlossen die arabischen Staaten, den Waffenstillstand nicht zu verlängern.

Im Negev scheiterten sowohl Israel als auch Ägypten mit Vorstößen, während es Israel gelang, in Galiläa die irregulären arabischen Einheiten weitgehend zu vertreiben und Nazareth kampflos einzunehmen. Jordanien führte nur Scheinangriffe, um das Erreichte nicht zu gefährden, ein israelischer Angriff auf Latrun scheiterte.

Am 15. Juli kam es zu einer zweiten Waffenruhe, die bis 15. Oktober dauern sollte, nach der Israel begann, die ägyptischen Streitkräfte umfassend anzugreifen. Ägyptische Einheiten wurde bei Faludscha eingeschlossen, und Israel stieß schließlich bis El-Arisch auf der Sinaihalbinsel vor, woraufhin die britische Regierung mit einem militärischen Eingreifen drohte.

Waffenstillstand

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Waffenstillstandslinien von 1949

Verhandlungen zu einem Waffenstillstand, jedoch keine Friedensvereinbarungen folgten, im Zuge derer am 24. Februar 1949 Waffenstillstandsabkommen abgeschlossen wurden mit:

Ägypten musste seine Ansprüche auf den Negev, Israel die Forderung nach einem ägyptischen Abzug aus Gaza aufgeben. Mit Syrien erfolgte eine Grenzziehung im Wesentlichen gemäß der Waffenstillstandslinien, und demilitarisierte Zonen wurden eingerichtet. Israel zog sich aus einigen im Südlibanon besetzten Dörfern zurück. Jordanien musste einen schmalen Streifen Land entlang der Küstenebene Israels abtreten, und Artikel VIII des Waffenstillstandabkommens sah den ungehinderten Zugang zur Klagemauer und dem Friedhof am Ölberg im jordanisch besetzten Ostteil Jerusalems vor. Die Zusagen wurden von Jordanien allerdings nie umgesetzt.

In den Vereinbarungen ist ausdrücklich festgelegt, dass es sich bei der Waffenstillstandslinie nicht um eine völkerrechtlich anerkannte Grenze handelt: »Die Demarkationslinie des Waffenstillstandes ist in keiner Weise als politische oder territoriale Grenze zu verstehen, und sie ist ohne Vorbehalt auf die Rechte, Ansprüche und Positionen jeder der Waffenstillstandesparteien hinsichtlich der endgültigen Regelung der Palästina-Frage gezogen.«

Ägypten schloss nach drei weiteren Kriegen – dem Suezkrieg 1956, dem Sechstagekrieg 1967 und dem Yom-Kippur-Krieg 1973 – im Jahr 1979 einen Friedensvertrag mit Israel, Jordanien dann im Jahr 1994. Der Libanon und Syrien befinden sich offiziell immer noch im Kriegszustand mit dem jüdischen Staat.

In der Reihe »Chronologie verpasster Friedenschancen im Nahen Osten« erschienen:

Folge 1: Großbritanniens Doppelspiel
Folge 2: Großbritannien lässt die Juden im Stich
Folge 3: UN-Teilungsvorschlag von 1947 und Israelischer Unabhängigkeitskrieg

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