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Neuer Maghreb-Block gegründet: Algerien will Marokko isolieren

Neuer Maghreb-Block: Treffen von Algerien, Tunesien und Libyen in Tunis
Neuer Maghreb-Block: Treffen von Algerien, Tunesien und Libyen in Tunis (© Imago Images / Xinhua)

Algerien, Tunesien und Libyen bilden einen neuen Block im Maghreb und schließen Marokko und Mauretanien aus. Dies weckt die Befürchtung einer Polarisierung und neuer Spannungen zwischen Rabat und Algier.

Tunesien war am vergangenen Montag Gastgeber eines Treffens, an dem die Präsidenten Algeriens und Tunesiens, Abdel Majid Taboun und Kais Saied, sowie der Präsident des libyschen Präsidentenrats, Mohamed Al-Mennafi, teilnahmen. Im Anschluss an das Treffen kündigten die drei ihre Absicht an, die Bemühungen ihrer Länder zur Bewältigung der Herausforderungen der irregulären Einwanderung zu vereinen und die Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und sozialen Bereichen durch die Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zu verstärken, die Mechanismen für die Durchführung von Großprojekten und Investitionen erarbeiten soll.

In der Abschlusserklärung des Treffens heißt es weiter, die drei Staats- und Regierungschefs hätten vereinbart, »ihre Positionen und ihr Auftreten gegenüber verschiedenen befreundeten Ländern zu vereinheitlichen, die ebenfalls mit dem Phänomen der irregulären Migration im nördlichen Mittelmeerraum und in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara befasst sind«.

Im vergangenen März hatten Taboun, Saied und Al-Mennafi am Rande des Gasgipfels in Algerien vereinbart, »alle drei Monate ein Maghreb-Treffen abzuhalten, das erste davon in Tunesien nach dem Ramadan«. Weder Marokko noch Mauretanien waren zu diesem Treffen eingeladen, das den Weg für die Bildung eines Dreierbündnisses in der Region ebnete.

Der algerische Außenminister Ahmed Ataf verteidigte den neuen Block und vertrat die Ansicht, dass die Initiative ein Vakuum fülle, da die vor 35 Jahren gegründete Union des Arabischen Maghreb »klinisch tot« sei und »keine Aktivitäten mehr setze«.

1989 hatten die Maghreb-Länder die Union des Arabischen Maghreb gebildet, um einen starken wirtschaftlichen und politischen Block zu bilden. Doch nach erfolgreichen Anfängen wurden die Aktivitäten der Organisation immer begrenzter und stagnierten schließlich ganz. So hat die Union seit 1994 kein Gipfeltreffen mehr abgehalten. Gescheitert sind die hochtrabenden Pläne aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, von denen der wichtigste die anhaltenden Differenzen zwischen Algerien und Marokko über die Westsahara ist.

Algerische Strategie

Der marokkanische Experte für internationale Angelegenheiten Mohamed Boudin sagte in Bezug auf das Treffen vom vergangenen Montag und den daraus hervorgegangenen Dreierblock, dass die algerische Initiative zur Bildung dieses Blocks von regionalem Kalkül bestimmt werde und das Land versuche, »einen kleinen Block zu schaffen, der seinen geopolitischen Interessen dient, indem es sich gegen die Union des Arabischen Maghreb und das Land [Marokko] richtet. In der sie ihren Sitz hat.«

Insofern hält Boudin die Abwesenheit Marokkos beim Dreiertreffen in Tunesien für »normal, weil die Initiative von Algerien ausgeht«. Er nehme an, dass die Frage einer marokkanischen Teilnahme überhaupt »nicht aufgeworfen wurde, weil das Hauptziel des algerischen Schritts Marokko ist«.

Der ehemalige tunesische Außenminister Ahmed Onis bezweifelte die Erfolgsaussichten eines Blocks in der Maghreb-Region, der nicht alle fünf Länder Algerien, Tunesien, Libyen, Marokko und Mauretanien umfasst. Die Vorstellung einer regionalen Achse »ohne die Präsenz aller Maghreb-Länder ist eine gescheiterte Vision«, erklärte er und fügte hinzu, in dieser Frage seien sich »die öffentliche Meinung und die Elite in Tunesien einig, und dasselbe gilt auch für Mauretanien«.

Algerien versuche, Tunesien in seine Initiativen einzubeziehen, während es die Strategie, Marokko auszuschließen, nie aufgegeben habe, sagte der Ex-Außenminister, der sich gegen Versuche verwehrte, Tunesien in die »breit angelegt hegemoniale Strategie der algerischen Führung« einzubeziehen. Der algerische Präsident Taboun hingegen erklärte in einem wenige Wochen vor dem Treffen in Tunesien geführten Presseinterview, dass »dieser neue Block nicht gegen irgendeine Partei gerichtet ist« und »die Tür für die Länder der Region« und »unsere Nachbarn im Westen« – sprich: Marokko – offen stehe. Diese Aussagen stehen jedoch im Widerspruch zu den tatsächlichen Ereignissen, denn die drei beteiligten Länder haben wie gesagt keine Einladung nach Rabat geschickt, an dem Treffen in Tunesien teilzunehmen.

Der Professor für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen Qawi Bouhannia ist dennoch der Ansicht, der neue Block habe seine Berechtigung, »die mit den Umständen zusammenhängt, unter denen sich die historischen Beziehungen zwischen den drei Ländern entwickeln; insbesondere in den vergangenen Jahren, in denen die Zusammenarbeit zwischen Tunesien und Algerien in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit intensiviert wurde, was wiederum Libyen auf seinem politischen Weg unterstützt hat«.

Bouhannia betonte die Bedeutung des neuen Blocks für die trilaterale Zusammenarbeit, sagte jedoch, dass er »keine Alternative zur Union des Arabischen Maghreb« darstelle, sondern »ein Instrument zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen einigen Maghreb-Staaten« sei.

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