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Muriel Asseburgs Hamas-Aussagen: Nicht strafbar, aber rechtlich befremdlich

Hält Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für erlaubt: Politologin Muriel Asseburg
Hält Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für erlaubt: Politologin Muriel Asseburg (Quelle: KASonline / CC BY-NC-SA 2.0 DEED, cropped)

Die Auffassung der deutschen Politologin, den Hamas-Terror gegen israelische Soldaten für rechtlich erlaubt zu halten, widerspricht laut Juristen den Positionen der Bundesregierung und der Europäischen Union.

Deutsches Steuergeld ermöglicht nicht nur die Belohnung der Massaker des 7. Oktobers 2023 durch die von Deutschland mitfinanzierte Palästinensische Autonomiebehörde; aus Bundesmitteln wird auch das Gehalt von Muriel Asseburg bezahlt, die bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) die Hamas legitimiert und den Mördern israelischer Soldaten bescheinigt, im Einklang mit Recht und Moral zu handeln.

»Meiner Ansicht nach ja!«, sagte sie vergangenes Jahr im Interview mit Tilo Jung vom deutschen YouTube-Kanal Jung & Naiv auf die Frage, ob Angriffe der Hamas auf »die israelische Armee … rechtmäßig« seien. Besonderes Gewicht erhielt ihre Aussage dadurch, dass sie als »Völkerrechtlerin« vorgestellt und so der Eindruck erweckt wurde, ihre Billigung des Hamas-Terrors gründe auf einem entsprechenden juristischen Fundament. 

Wolfgang Bock, ein pensionierter Richter und Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Gießen, sagte damals gegenüber Mena-Watch, es sei ein »Skandal, dass Frau Asseburg den Terrorismus der Hamas und damit wohl auch anderer Gruppen für rechtlich erlaubt hält«. Dies sei »eine unglaubliche Verdrehung des Rechts« und widerspreche völlig den Positionen der Bundesregierung und der Europäischen Union. Die SWP, ein Forschungsinstitut der Bundesregierung, »unterminiert deren Politik, indem sie Terrorismus rechtlich legitimiert«.

Da von der Bundesregierung und dem SWP keine Reaktion auf Asseburgs Äußerungen zu erwarten war, ich es aber nicht einfach auf sich beruhen lassen wollte, dass in Deutschland die Ermordung israelischer Soldaten durch eine Terrororganisation öffentlich gebilligt wird, stellte ich am 9. Oktober 2023 bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Volksverhetzung (§130 StGB), Belohnung und Billigung von Straftaten (§140 StGB) und aller weiteren in Betracht kommenden Straftatbestände. 

Nun liegt die Antwort der Berliner Staatsanwaltschaft vor: Das Ermittlungsverfahren gegen Muriel Asseburg wurde eingestellt, da deren Äußerung »die Schwelle zur Strafbarkeit noch nicht überschritten« habe. Die Staatsanwaltschaft begründet dies mit dem weitgehenden Ausbleiben öffentlicher Empörung: »Insbesondere ist die Aussage nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.«

Da ist – leider – etwas dran: Morde an Israelis zu legitimieren, stört den öffentlichen Frieden in Deutschland ganz offensichtlich nicht. Es handle sich, so der Staatsanwalt weiter, »um eine subjektive völkerrechtliche Einschätzung der Beschuldigten«. Im selben Atemzug sagte er dankenswert deutlich, was er jenseits des Gesichtspunkts etwaiger Strafbarkeit von Asseburgs Äußerungen hält: »Ich möchte betonen, dass es sich bei meiner Bewertung allein um eine strafrechtliche Beurteilung geht und nicht um eine Bewertung der, auch aus meiner Sicht, befremdlichen rechtlichen Einschätzung der Beschuldigten.« 

Da »ein antisemitischer Hintergrund der Tat nicht ausgeschlossen werden konnte«, sei das Ermittlungsverfahren in der für Hasskriminalität zuständigen Abteilung 231 der Staatsanwaltschaft Berlin sowie in den für antisemitisch motivierte Straftaten zuständigen Landeskriminalamt bearbeitet worden. Im Übrigen könne ich mich »jederzeit« an die Zentralstelle gegen Hasskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Berlin wenden.

Apropos öffentlicher Frieden

Was hat es mit dem »öffentlichen Frieden« auf sich, der hier zur Argumentation herangezogen wird? Der Rechtswissenschaftler Thomas Fischer, früherer Vorsitzender Richter des Zweiten Strafsenats des Bundesgerichtshofs, hat sich im Oktober auf der juristischen Website Legal Tribune Online mit dieser Frage (ebenfalls im Zusammenhang mit Jubel über den Hamas-Terror) beschäftigt. Das Bundesverfassungsgericht, schreibt er, habe in seiner Entscheidung vom 4. November 2009 entschieden, »öffentlicher Friede« sei nicht ein äußeres oder inneres Faktum, »nicht ein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal, sondern eine Wertungsklausel zur Ausscheidung nicht strafwürdig erscheinender Fälle« (BVerfG 1 BvR 2150/08 = NJW 2010, 47; Wunsiedel-Entscheidung).

»Öffentlicher Friede«, so Fischer weiter, »ist somit nicht ein empirisch zu messender Besorgnis- oder Erregungs-Level der Bevölkerung Deutschlands, sondern eine normativ zu bewertende, wünschenswerte‹ Gestimmtheit derselben, beurteilt nach dem Maßstab und aus Perspektive einer ›objektiv-neutralen‹ Person, also des erkennenden Gerichts. Kein Gericht hat jemals bei Taten der Gefährdung oder Störung des öffentlichen Friedens eine sachverständige Untersuchung der öffentlichen Stimmungslage angeordnet.«

Dass nur eine »Eignung« zu Friedensstörung vorausgesetzt sei, bedeute, »dass es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt« handle; die »Störung« müsse nicht tatsächlich eintreten.

Im vorliegenden Fall hat die Berliner Staatsanwaltschaft entschieden, dass Asseburgs Billigung des Hamas-Terrors »nicht geeignet« sei, den öffentlichen Frieden zu stören. Warum das so ist, hat sie nicht ausgeführt. Es liegt aber auf der Hand: Die Hamas wird, bevor sie die Massaker vom 7. Oktober verübt hat, nicht auf grünes Licht der vermeintlichen »Völkerrechtlerin« Muriel Asseburg gewartet haben. Asseburgs Meinung ist für islamistische Terroristen unmaßgeblich.

Auf der anderen Seite ist nicht zu erwarten, dass Menschen, die über Asseburgs Äußerung empört sind, auf der Straße randalieren, Autos in Brand stecken, Steine auf Polizisten werfen oder auf irgendeine andere Weise gesellschaftlichen Zwietracht schüren oder gar Gewalttaten verüben oder dazu aufrufen. 

Was tun Freunde Israels stattdessen? Sie schreiben Artikel, Leserbriefe und Kommentare in den sozialen Medien; beten, falls sie gläubig sind, für Asseburgs Läuterung, oder erstatten, wie im vorliegenden Fall, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Damit sind alle ihre Mittel ausgeschöpft. Da sie aufgrund ihrer Überzeugungen und Werte niemals Rechtsbruch begehen würden, kann eine Störung des öffentlichen Friedens von dieser Seite von vornherein ausgeschlossen werden.

Wie die Staatsanwaltschaft das geltende Recht ausgelegt hat, ist also nicht zu beanstanden. Das bedeutet: Muriel Asseburg darf auch in Zukunft sagen, die Hamas habe das Recht, israelische Soldaten zu töten. Das Schlimmste, das aus ihrer Sicht passieren könnte, wäre, dass ein Bundestagsabgeordneter die Regierung fragt, warum die Legitimierung der Hamas eigentlich aus dem Bundeshaushalt bezahlt wird. Aber selbst das wird wohl kaum passieren.

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