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Aktuelle UN-Resolutionen: Deutschland verurteilt Israel acht Mal

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei der UNO-Generalversammlung um September 2023
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei der UNO-Generalversammlung um September 2023 (Imago Images /photothek)

Vergangene Woche verabschiedeten die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen neun gegen Israel gerichtete Resolutionen, denen sich trotz aller verbalen Solidaritätsbekenntnisse in Richtung Israel auch Deutschland anschloss.

»Nie wieder, das bedeutet natürlich Freundschaft und Verbundenheit mit Israel.« Diese hehren Worte sprach der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Gedenkveranstaltung zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November in Berlin. Am selben Tag in New York, bei den Vereinten Nationen, verurteilte die bundesdeutsche Regierung achtmal den Staat Israel, aber kein anderes Land der Welt.

Der deutsche Vertreter stimmte dabei gegen Israel und die USA und spielte damit im selben Team wie der Iran, Russland und Nordkorea. Das ist die Gesellschaft, in der sich Deutschland auf dem diplomatischen Parkett befindet. Resolutionen gegen andere Länder der Welt? – Null. 

Als einziger Staat der Welt wird Israel bei der UNO permanent verurteilt, und zwar häufiger als alle anderen Länder der Welt zusammen. Es gibt eine UN-Kommission, deren einziger Zweck es ist, Israel an den Pranger zu stellen. Dazu eine Sonderberichterstatterin mit dem gleichen Auftrag. Dem letzten UN-Sonderberichterstatter, dem Kanadier Michael Lynk, verlieh die palästinensische Terrororganisation PLO bei seiner Verabschiedung einen Verdienstorden. Im UN-Menschenrechtsrat UNHRC ist die Verurteilung Israels ein fester Punkt auf der Tagesordnung jeder Sitzung, was es bei keinem anderen Land der Welt gibt. 

Nachdem die UNO am 9. November mit den Verurteilungen des jüdischen Staates nicht zu Ende kam, gab es einen Tag später eine weitere Sitzung. Insgesamt wurden in diesen zwei Tagen neun Anti-Israel-Resolutionen beschlossen. Der deutsche Vertreter stimmte achtmal für eine Verurteilung Israels, einmal enthielt er sich. Das Auswärtige Amt hat dies auf Anfrage von Mena-Watch bestätigt.

»Der Angriff der Vereinten Nationen auf Israel mit einer Flut einseitiger Resolutionen, nur einen Monat nach dem größten Massaker an Juden seit dem Holocaust und am 85. Jahrestag der Kristallnacht ist surreal», kommentierte Hillel Neuer, Geschäftsführer von UN Watch, einer in Genf ansässigen NGO, deren erklärte Mission es ist, die Vereinten Nationen am Maßstab ihrer eigenen Charta zu messen. Der einzige Zweck dieser einseitigen Verurteilungen bestehe darin, den jüdischen Staat zu dämonisieren, so Neuer. »Die Welt sollte sich nicht täuschen lassen, dass diese jährlichen Resolutionen in irgendeiner Weise der Sache des Friedens oder der Menschenrechte förderlich sind.»

Neuer rechnet damit, dass Deutschland, Frankreich und andere EU-Staaten die meisten der geschätzten fünfzehn Resolutionen unterstützen werden, die bis Dezember gegen Israel angenommen werden sollen. »Gleichzeitig haben dieselben europäischen Nationen es versäumt, in der UN-Generalversammlung eine einzige Resolution zur Menschenrechtssituation in China, Venezuela, Saudi-Arabien, Kuba, der Türkei, Pakistan, Vietnam, Algerien oder 175 weiteren Ländern einzubringen«, so Neuer. »Wo bleibt ihre Sorge um internationales Recht und Menschenrechte?«

Die Anti-Israel-Resolutionen

Auf der Website von UN Watch findet man die Resolutionen mit Kommentaren von UN Watch sowie Informationen über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Staaten. Auf Basis dieser veröffentlichten Informationen dokumentieren wir im Folgenden diese Resolutionen. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einer Ausnahme (Enthaltung bei Resolution A/C.4/78/L.13) bei allen zitierten Resolutionen mit »Ja« gestimmt.

Resolution A/C.4/78/L.10, Tätigkeit der UNRWA für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten: »… bekräftigt die Aufforderung an Israel, die Beschränkungen, welche die Einfuhr der für den Wiederaufbau und die Reparatur der verbleibenden beschädigten oder zerstörten Flüchtlingsunterkünfte sowie für die Durchführung der ausgesetzten und dringend benötigten zivilen Infrastrukturprojekte in den Flüchtlingslagern im Gazastreifen erforderlichen Baumaterialien und Lieferungen behindern oder verzögern, vollständig aufzuheben.«

Kommentar UN Watch: »Die Formulierung ›Infrastrukturprojekte in den Flüchtlingslagern im Gazastreifen‹ zementiert die Anomalie, dass Palästinenser die einzigen Menschen sind, die nicht vom UNHCR, sondern von einer Sonderorganisation betreut werden. Die Resolution verurteilt einseitig israelische Aktionen, schweigt aber zum palästinensischen Terrorismus gegen Israelis und zum Missbrauch der palästinensischen Streitkräfte gegen ihre eigenen Bürger. Die Resolution ignoriert das Eingeständnis der UNRWA, dass Mitglieder der Hamas, einer terroristischen Organisation, auf ihrer Gehaltsliste standen. Sie fordert Israel auf, Baumaterialien in den Gazastreifen zu lassen, verschweigt jedoch, dass die Hamas diese Materialien für den Bau von Angriffstunneln und anderer Terrorinfrastruktur verwendet.«

Resolution A/C.4/78/L.11, Unterstützung für palästinensische Flüchtlinge: »… In tiefer Besorgnis über die besonders schwierige Lage der palästinensischen Flüchtlinge unter der Besatzung, auch im Hinblick auf ihre Sicherheit, ihr Wohlergehen und ihre sozioökonomischen Lebensbedingungen …«

Kommentar UN Watch: »Die Resolution dient den arabischen Staaten, die versuchen, die Palästinenser als Schachfiguren in einer politischen Kampagne zur Delegitimierung Israels zu erhalten. Die Absicht und Wirkung der Heraushebung der Palästinenser aus allen Flüchtlingsansprüchen in der Welt besteht darin, Israel zu isolieren und zu dämonisieren. Keinerlei Hinweis auf die Diskriminierung palästinensischer Flüchtlinge durch den Libanon oder die kollektive Bestrafung palästinensischer Flüchtlinge durch das syrische Assad-Regime und ihre Behandlung als Bürger zweiter Klasse in diesem Land. Redundant zu drei anderen Resolutionen, die am selben Tag angenommen wurden und sich mit Flüchtlingen und dem UNRWA befassen.«

Resolution A/C.4/78/L.12, Einkünfte und Besitztümer palästinensischer Flüchtlinge: »… bekräftigt, dass die Palästina-Flüchtlinge in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Billigkeit und Gerechtigkeit Anspruch auf ihr Eigentum und die daraus resultierenden Einkünfte haben …«

Kommentar UN Watch: »Einseitige Resolution, die die Ansprüche von 900.000 jüdischen Flüchtlingen ignoriert, die aus arabischen Gebieten vertrieben wurden. Wiederholt Erklärungen, die zuvor zum Zweck der Verurteilung Israels abgegeben wurden und ist redundant zu anderen Resolutionen. Nimmt das Ergebnis von Verhandlungen vorweg.«

Resolution A/C.4/78/L.13, Arbeit des Sonderkomitees zur Untersuchung israelischer Praktiken, welche die Menschenrechte des palästinensischen Volkes und anderer Araber in den besetzten Gebieten betreffen: »… bedauert die Politik und die Praktiken Israels, welche die Menschenrechte des palästinensischen Volkes und anderer Araber in den besetzten Gebieten verletzen, wie sie im Bericht des Sonderausschusses über den Berichtszeitraum zum Ausdruck kommen …«

Kommentar UN Watch: »Fortführung des Ausschusses mit dem offenkundig voreingenommenen Mandat, nur israelische Handlungen zu untersuchen, aber den Terrorismus der Hamas, des Islamischen Dschihads und der Fatah zu ignorieren. Behauptet entgegen dem Völkerrecht und der Resolution 242, dass die Besetzung selbst eine Rechtsverletzung darstelle. Die Resolution beschuldigt Israel fälschlicherweise der wahllosen Gewalt gegen Zivilisten und der Provokationen und Aufwiegelungen gegen die ›heiligen Stätten‹. Gleichzeitig ignoriert sie völlig, dass die Palästinenser die Al-Aqsa-Moschee als Vehikel für antisemitische Hetze nutzen und zudem die jüdische Verbindung zum Tempelberg leugnen. Darüber hinaus lässt die einseitige Beschuldigung Israels die palästinensischen Angriffe auf jüdische heilige Stätten wie Josefs Grab in Nablus außer Acht.«

Resolution A/C.4/78/L.14, Der besetzte syrische Golan: »… stellt fest, dass alle von der Besatzungsmacht Israel getroffenen oder zu treffenden legislativen und administrativen Maßnahmen und Aktionen, die den Charakter und den rechtlichen Status des besetzten syrischen Golan verändern sollen, null und nichtig sind …«

Kommentar UN Watch: »Ignoriert die Existenz des syrischen Bürgerkriegs und seine Auswirkungen auf die Sicherheit Israels und der Zivilbevölkerung auf den Golanhöhen. Ignoriert auch Syriens Geschichte der Beschießung israelischer Gemeinden, die Aufrufe seines Führers zu einem ›Vernichtungskrieg‹ gegen Israel und Syriens Aggression von 1967, die zum Verlust des Gebiets führte. Vernachlässigt auch Syriens Unterstützung für die Feinde des Friedensprozesses und seine Unterstützung des Terrorismus. Behauptet fälschlicherweise, dass Israel die arabische Bevölkerung auf den Golanhöhen unterdrücke und ihr die israelische Staatsbürgerschaft aufzwinge.«

Resolution A/C.4/78/L.15, Israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten, darunter Ostjerusalem und der besetzte syrische Golan: »… bekräftigt, dass die israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf dem besetzten syrischen Golan illegal sind und ein Hindernis für den Frieden und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung darstellen …«

Kommentar UN Watch: »Übernimmt die palästinensische Position in Fragen, die in den Osloer Vereinbarungen den Verhandlungen überlassen wurden, wie Siedlungen und Grenzen. Israel wird mit Geringschätzung behandelt, während die Regierungen anderer Länder in ihren Entschließungen gelobt und respektiert werden. Macht weitreichende rechtliche Aussagen zu strittigen Fragen, indem beispielsweise Israel beschuldigt wird, gegen internationales Recht zu verstoßen, weil es den Abriss illegal errichteter Gebäude in Gebieten anordnet, über die es die administrative Kontrolle hat. Unmoralische Gleichsetzung von palästinensischem Terror und Gewalt und israelischen Gegenmaßnahmen. Verurteilt ausdrücklich die Aufwiegelung durch ›israelische Siedler‹, unterlässt es aber, die weit verbreitete, offizielle terroristische und antisemitische Aufwiegelung durch palästinensische Beamte, Medien und Bildungseinrichtungen ausdrücklich zu verurteilen.«

Resolution A/C.2/78/L.2, Ölteppich an libanesischer Küste: »… bekräftigt im achtzehnten Jahr in Folge seine tiefe Besorgnis über die negativen Auswirkungen der Zerstörung der Öltanks in unmittelbarer Nähe des libanesischen Elektrizitätswerks Jiyeh durch die israelische Luftwaffe auf die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung im Libanon …«

Kommentar UN Watch: »Die einseitige Resolution ignoriert völlig die Rolle der Hisbollah bei der Einleitung der Feindseligkeiten, dem Abschuss von viertausend Raketen und der Verbrennung von 500.000 Bäumen in Nordisrael. Ignoriert die Nichteinhaltung der Resolutionen des Sicherheitsrats zur Auflösung der Hisbollah durch Libanon. Hebt Israel als einziges Land hervor, das unter dem Tagesordnungspunkt Nachhaltige Entwicklung‹ gerügt wird.«

Resolution A/C.2/78/L.44, Dauerhafte Souveränität des palästinensischen Volkes in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, und der arabischen Bevölkerung im besetzten syrischen Golan über ihre natürlichen Ressourcen: »… drückt seine große Besorgnis über die von der Besatzungsmacht Israel verursachte weitreichende Zerstörung lebenswichtiger Infrastrukturen, einschließlich Wasserleitungen, Abwassernetze und Stromnetze, in den besetzten palästinensischen Gebieten aus …«

Kommentar UN Watch: »Einseitige Resolution, die Israels Recht auf Selbstverteidigung leugnet, indem sie jede Präventivmaßnahme als Verschwörung gegen palästinensische Ressourcen bezeichnet. Keine Erwähnung des palästinensischen Terrorismus oder irgendeiner Pflicht der Palästinenser. Ausgeblendet wird auch die palästinensische Schädigung natürlicher Ressourcen wie die Zerstörung von Gewächshäusern im Gazastreifen, die von Israel unversehrt übergeben wurden; die Beschlagnahmung internationaler Hilfsgelder durch die Hamas, um den Bau von Terrortunneln zu finanzieren, anstatt die zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen; die Umweltverschmutzung durch palästinensische Reifenverbrennungen; die Zerstörung von Flora und Fauna durch Brandballons und -drachen und die Weigerung, die eigenen Wasserressourcen zu erschließen und die eigenen Abwässer zu entsorgen, wie es in den Osloer Verträgen gefordert wird.«

Resolution A/C.3/78/L.24, Das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung: »… unter Hinweis auf die Schlussfolgerung des Gerichtshofs in seinem Gutachten vom 9. Juli 2004, dass der Bau der Mauer durch die Besatzungsmacht Israel in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, zusammen mit den zuvor getroffenen Maßnahmen das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung ernsthaft beeinträchtigt …«

Kommentar UN Watch: »Ein Prinzip, das Israel bereits anerkannt hat, wird redundant bekräftigt. Von Hunderten von Ansprüchen auf Selbstbestimmung auf der ganzen Welt wird in der Resolution nur einer herausgegriffen: der Anspruch gegen Israel. Lässt die palästinensische Verpflichtung gemäß der Road Map aus, die terroristische Infrastruktur zu beseitigen, bevor ein Staat gegründet werden kann. Der Ausschuss hat bereits eine Selbstbestimmungsresolution für die ganze Welt mit dem Titel ›Universelle Verwirklichung des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung‹ angenommen, doch mit dieser Resolution für die palästinensische Selbstbestimmung wird allein Israel herausgestellt.«

Bei der Debatte um diese Resolution erinnerte die Vertreterin Israels daran, dass Ghazi Hamad vom politischen Büro der Hamas in einem Fernsehinterview vom 24. Oktober erklärt hatte, dass das Massaker vom 7. Oktober erst der Anfang sei und solange wiederholt würden, bis Israel vernichtet sei. Der Vertreter Deutschlands betonte, Deutschland sei solidarisch mit Israel, welches das Recht habe, sich im Einklang mit dem Völkerrecht zu verteidigen und verurteilte die Terrorakte der Hamas. Der folgenden Resolution gegen Israel stimmte Deutschland trotzdem zu.

Beschämendes Schauspiel

In Deutschland wurde bislang nur wenig über diese Anti-Israel-Resolutionen berichtet. Ende Oktober, als Deutschland sich bei einer gegen Israel gerichteten UN-Resolution enthalten hatte, war das anders gewesen. Damals gab es sogar in der bislang meist israelfeindlichen Frankfurter Rundschau einen Kommentar, in dem Politikredakteur Peter Rutkowski die Außenministerin scharf kritisierte:

»Annalena Baerbock hat eine ausgewogene, kluge und klare Begründung geliefert, warum sie der von der UN-Vollversammlung verabschiedeten Resolution gegen den Krieg um Gaza nicht zustimmen konnte. Sie hat bemängelt, dass kein Wort vom Terror der Hamas darin war und das Selbstverteidigungsrecht Israels ignoriert wurde. Richtig. Allein, die Begründung funktioniert nur, wenn man die Resolution, deren politische Stoßrichtung gegen Israel von niemandem ernsthaft angezweifelt werden kann, ablehnt. Haben die Deutschen aber nicht. Der Stimme enthalten haben sie sich, angeführt von ihrer Außenministerin. …

Es war ein beschämendes Schauspiel, schäbig, schlicht unerträglich – und es war auch völlig unnötig, gingen doch andere UN-Mitglieder wie beispielsweise das deutlich rechtere Österreich mit gutem Beispiel voran. Dass Deutschland seine Stimme für Israel nicht erhoben hat, straft all das Gerede von Staatsraison und historischem Bewusstsein Lügen. Deutschland hat geschwiegen. Das passt auf eine erschreckende Art in eine ungute Tradition: nichts zu sehen, nichts zu hören, nichts zu sagen und von nichts zu wissen.«

Auswärtiges Amt: Wie jeden Herbst

Aus dem Auswärtigen Amt kommen seit Jahren Ausreden. In der bizarren Logik der Bundesregierung werden durch die Zustimmung zu Erklärungen, die allein Israel an den Pranger stellen, noch krassere Anti-Israel-Resolutionen verhindert. Ein selbst ausgestellter Persilschein. Mit diesem Argument lässt sich buchstäblich alles rechtfertigen.

So argumentierte das Auswärtige Amt auch schon nach dem 9. November 2019, als es ebenfalls einen Großkampftag gegen Israel bei den Vereinten Nationen gegeben und Deutschland alle Anti-Israel-Resolutionen abgenickt hatte. Gegenüber der Zeitung Bild meinte das Auswärtige Amt damals, Deutschland würde einer unfairen Behandlung Israels in den Vereinten Nationen entgegentreten. Die »gemeinsame Verhandlungs- und Abstimmungsstrategie der EU« bei den Resolutionen hätten zum Ziel, in den Textverhandlungen »Einfluss« zu nehmen, um für Israel »noch nachteiligere« Beschlüsse zu »verhindern«. Auf die Nachfrage, weshalb Deutschland bei den israelfeindlichen Resolutionen ausdrücklich zustimme, gab es keine Begründung.

Weil die faulen Ausreden des Auswärtigen Amts bereits hinlänglich bekannt sind, habe ich in meiner Anfrage gar nicht um eine Begründung gebeten. Obwohl nicht danach gefragt, holte die Pressestelle dennoch wieder die Textbausteine zur Rechtfertigung aus dem Koffer: Am 9. und 10. November hätten die UN-Mitgliedstaaten in Hauptausschüssen der UN-Generalversammlung »wie jeden Herbst« über das sogenannte »Nahostresolutionspaket« abgestimmt, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Die Resolutionen hätten insbesondere die humanitären Lebensbedingungen der palästinensischen Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten und den Nachbarländern behandelt und sich nicht gegen Israel gerichtet, beteuerte das Außenministerium. 

Angeblich sei es lediglich um »die Bedeutung einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung« und den »Aufruf an die Konfliktparteien, sich an das Völkerrecht und die einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen zu halten« gegangen, und zwar »insbesondere im Hinblick auf die illegale Siedlungstätigkeit«. »Insbesondere«, also nicht etwa »insbesondere« im Hinblick darauf, dass man Menschen nicht in ihren Betten erschießen, entführen oder bei lebendigem Leib verbrennen darf. Nein, Wohnungsbau für jüdische Familien ist aus Sicht der deutschen Bundesregierung viel schlimmer.

Weiters hieß es seitens des Außenministeriums, abweichend von der sonst üblichen Praxis hätten dieses Jahr »keine Textverhandlungen« stattgefunden. »Dadurch konnten kontroverse Diskussionen und eine andernfalls zu erwartende deutliche Verschärfung der Sprache zu Ungunsten Israels verhindert werden.« – Das alte Lied.

Und was ist mit den Massakern und Entführungen, was mit den Raketen, die von der Hamas und der Hisbollah ständig auf Israelis abgefeuert werden, was mit dem Kopfgeld, das die Palästinensische Autonomiebehörde an die Mörder von Juden auszahlt? Dazu hat Deutschland wenig zu sagen. Das Auswärtige Amt teilte mit, bei der UNO sogenannte Stimmerklärungen in den jeweiligen Gremien abgegeben zu haben, in denen Deutschland die Terrorakte der Hamas verurteilt und eine sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln gefordert sowie das Selbstverteidigungsrecht Israels anerkannt habe. 

Auf diese Weise konnte man den Anti-Israel-Resolutionen am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht dann mit gutem Gewissen zustimmen und hätte »deutlich gemacht, dass sich die Resolutionen nicht auf die aktuellen Ereignisse seit dem 7. Oktober beziehen«. Wieder so eine Gedankenakrobatik: Wie kann Deutschland nach dem heurigen 7. Oktober für Resolutionen gegen Israel stimmen, aber gleichzeitig behaupten, dies hätte nichts mit den »aktuellen Ereignissen« zu tun? Natürlich haben sie das. Alles andere heißt sich in die Tasche zu lügen.

Die Vereinten Nationen agieren wie ein antisemitischer Mob. Deutschland lässt seine Verurteilungsmaschinerie einfach weiterlaufen und meint, ähnlich wie bei einem Ablasshandel, die moralische Schuld, die es dadurch auf sich lädt, dadurch zu kompensieren, als es an anderer Stelle, nämlich in irgendwelchen Gremien, von denen die Welt nie erfährt, einige freundliche Worte für Israel ins Protokoll diktiert. 

Alles wie gehabt also. Den 7. Oktober hat es nicht gegeben. Hier passen die Worte, die der nazifreundliche IOC-Präsident Avery Brundage nach dem Massaker an der israelischen Olympiamannschaft 1972 sprach: »The games must go on.«

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