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Terror in Dschenin durch Drogenschmuggel finanziert

Palästinensische Terrorgruppen nutzen Drogenschmuggel und Kryptowährungen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten
Palästinensische Terrorgruppen nutzen Drogenschmuggel und Kryptowährungen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten (© Imago Images / agefotoostock)

Hamas und Islamischer Dschihad nutzen Waffen- und Drogenschmuggel und Geldwäsche mit Kryptowährungen, um Terroristen in Dschenin zu finanzieren.

Die Hamas und der Islamische Dschihad haben das Flüchtlingslager in Dschenin mit seinen 11.500 Einwohnern und die Stadt selbst mit ihren 40.000 Bürgern zur Terrorhochburg in der Westbank gemacht. Michael Barak, leitender Forscher am Institut für Terrorismusbekämpfung der an der Reichman University (IDC Herzliya) angesiedelten Lauder School of Government Diplomacy and Strategy, präsentierte unlängst eine interessante These zu den Gründen, weswegen Dschenin zu einem so fruchtbaren Boden für den Terrorismus werden konnte. 

So sei das Lager in seiner Struktur als Erweiterung des 1953 errichteten Flüchtlingslagers errichtet worden, zitiert die israelische Website Globes den Analysten. Die Umsiedlung von Flüchtlingen, hauptsächlich aus der Region Karmel, habe laut Barak dazu geführt, dass es dort im Gegensatz zu anderen palästinensischen Großstädten keine nennenswerte traditionelle Clanstruktur gebe, die mäßigend eingreifen könnte. 

»Der Clan kann Druck auf Aktivisten ausüben, um terroristische Angriffe einzudämmen, aber in Dschenin gibt es keine solche Autorität. Gibt es keine Clan-Autorität, dann leben die jungen Leute vom Internet und der zügellosen Aufwiegelung, die sie dort vonseiten der Hamas und dem Islamischen Dschihad erhalten, insbesondere auf TikTok. Das ist auch der Grund, warum die Palästinensische Autonomiebehörde niemanden hat, an den sie sich wenden kann, um die jungen Leute davon zu überzeugen, die Aufwiegelung zu stoppen.«

Seit Anfang 2023 wurden über fünfzig Schusswaffenangriffe von Terroristen verübt, die aus dem Gebiet von Dschenin stammen. Seit September 2022 sind neunzehn Terroristen nach Anschlägen in das Flüchtlingslager von Dschenin geflohen. Diese Zahlen veranschaulichen, dass Arbeitsgenehmigungen und wirtschaftlicher Wohlstand allein die wachsende Stärke des Islamischen Dschihads und der Hamas zwar verringern, aber nicht verhindern können. Aktuell arbeiten etwa 13.000 Palästinenser aus Dschenin in Israel und weitere 1.300 in den nahe gelegenen jüdischen Siedlungen, was den Bewohnern der Stadt ein gewisses Auskommen beschert.

Zugleich operieren jedoch Schätzungen zufolge Hunderte Aktivisten des Islamischen Dschihads in der Gegend von Dschenin, die von einem Viertel der Bevölkerung unterstützt werden. Dutzende Hamas-Aktivisten sind im selben Gebiet tätig und genießen von weiteren zwanzig Prozent der Einwohner Hilfestellung. 

Ein wichtiger Grund dafür, dass das Flüchtlingslager Dschenin zum Epizentrum des regionalen Terrorismus geworden ist, liegt in der Arbeitslosenquote von 35 Prozent, die damit fast dreimal so hoch ist wie der Durchschnitt für die gesamte Westbank, die im Jahr 2022 bei 13,1 Prozent lag. Zum Vergleich: Die Arbeitslosenquote im Gazastreifen, der sich in einer viel schlechteren wirtschaftlichen Lage befindet, liegt bei 45,3 Prozent.

Captagon-Schmuggel

Seit Anfang dieses Jahres haben die Führungen der Hamas und des Islamischen Dschihads Millionen Euro investiert, um die weitere Intensivierung des Terrors in der Region Dschenin zu fördern, der beide Gruppen große Bedeutung beimessen. Die Antwort auf die Frage, wie die beiden Organisationen binnen relativ kurzer Zeit Millionen an Euro an ihre Agenten in Dschenin liefern konnten, liegt dabei in Syrien und im Libanon, wo der Generalsekretär des Islamischen Dschihads, Ziad al-Nakhala, unter der Schirmherrschaft der Hisbollah und des Irans steht.

Sowohl die Hisbollah als auch das Assad-Regime sind auf die Einnahmen aus dem Export der psychostimulierenden Droge Captagon angewiesen. Das mit der Hisbollah zusammenarbeitende Syrien ist weltweit führender Produzent der illegalen Droge, sodass allein im Mai Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, der Irak und Jordanien gemeinsam mehrere zehn Millionen Captagon-Pillen im Wert von über einer Milliarde Dollar beschlagnahmten.

Berichten zufolge wird ein Teil dieser Drogen gemeinsam mit Waffen im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen kriminellen und terroristischen Organisationen auch über Jordanien nach Israel geschmuggelt. Allein im Jahr 2022 wurden vierzig Schmuggelversuche mit Waren im Gesamtwert von ca. 33 Mio. Euro vereitelt, was einen Hinweis darauf gibt, welche Mengen insgesamt geschmuggelt wurden, ohne entdeckt worden zu sein, meint Michael Barak.

Dieser Drogen- und Waffenschmuggel begünstige in weiterer Folge terroristische Aktivitäten im Westjordanland, da das zum Teil auch aus Israel stammende Geld der Drogenverkäufe letztlich auch dazu verwendet wird, Finanzmittel für Terroristen im Westjordanland im Allgemeinen und in Dschenin im Besonderen anzuhäufen.

Mitte Juni beschäftigte sich der israelische Sonderausschuss für die Bekämpfung des Drogen- und Alkoholmissbrauchs unter dem Vorsitz des Abgeordneten Boaz Bismuth mit genau diesem Thema. Der Kommandeur der Einheit für die nördlichen Grenzen im Ministerium für Nationale Sicherheit, Oshri Amor, sagte in dem Zusammenhang, es gebe »ein nationales Problem entlang der jordanischen Grenze mit schwierigem Terrain und hohem Schmuggelpotenzial«.

Der Zusammenhang zwischen Waffen und Drogen sei unbestreitbar. So beginne »der Schmuggel mit Drogen und geht dann zu Waffen und Sprengstoff über, die durch dieses Geld finanziert werden«, erläuterte Amor. Gideon Lusti, Leiter der politisch-strategischen Abteilung des Außenministeriums, fügte hinzu: »Captagon wird in unserer Region viel konsumiert, weswegen die Förderung der Zusammenarbeit [bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels] mit den Ländern der Region ein politisches Ziel von höchster Priorität darstellt.«

Kryptowährung zur Geldwäsche

Ein weiterer Aspekt des palästinensischen Terrorismus betrifft die Kryptowährungen. So gaben die Izz ad-Din Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, im April bekannt, das Fundraising über Bitcoin einstellen zu wollen. »Der Schritt geschieht aus Sorge um den Seelenfrieden der Spender und mit dem Ziel, sie vor jeglichem Schaden zu bewahren«, erklärten die Terroristen unter Bezug auf israelische Gegenmaßnahmen.

Im Februar 2022 unterzeichnete der damalige Verteidigungsminister Benny Gantz einen Beschlagnahmebeschluss für Kryptowährungen im Wert von Zehntausenden Euro von zwölf digitalen Konten, darunter etwa dreißig digitale Geldbörsen von Unternehmen, die das Börsenunternehmen Al-Tahhaddon unterstützten. Dies war die dritte Beschlagnahmung von zur Finanzierung der Hamas genutzten Kryptowährungen innerhalb eines Jahres.

Das Verteidigungsministerium unter Yoav Gallant setzt diese Bemühungen fort, da sich die Terrororganisationen nicht mehr auf ihre traditionellen Kanäle wie Wohltätigkeitsorganisationen und Geldwechsler verlassen können, sondern Kryptowährungen für Geldtransfers nutzen müssen. Erst Anfang Juni erklärte Gallant auf einer Konferenz des Nationalen Büros zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung (NBCTF), dass vor Kurzem eine Geldwäscheinfrastruktur mit Kryptowährungen beschlagnahmt worden sei, die der Hisbollah und der Quds Force, der Auslandseinheit der iranischen Revolutionsgarden, gehörte, womit auch dem Islamischen Dschihad geschadet wurde, der als iranische Stellvertretermiliz fungiert.

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