Von Florian Markl
Die libanesische Terrororganisation Hisbollah und ihre iranischen Sponsoren sind durch amerikanische Sanktionen gehörig unter Druck geraten. Wie gut aus ihrer Sicht, dass es noch die Europäer, allen voran die Deutschen gibt, die stets darum bemüht sind, ihnen unter die Arme zu greifen.
Massive Probleme
Liest man Hanin Ghaddars Bericht über die Auswirkungen der amerikanischen Iran-Sanktionen auf die Hisbollah, so ist nicht mehr verwunderlich, dass Nasrallah sich zu seinem außergewöhnlichen Spendenaufruf gezwungen sah. Bereits in den vergangenen Monaten mussten die Islamisten drastische Sparmaßnahmen vornehmen. Viele der Kämpfer, die frisch angeheuert worden waren, um dem Assad-Regime in Syrien das Überleben zu ermöglichen, wurden zurück nach Hause geholt und entlassen. Und auch diejenigen, die weiter in militärischen Diensten der Hisbollah stehen, müssen mit Einschnitten zurechtkommen. Verheiratete Kämpfer erhalten etwa nur mehr die Hälfte ihres bisherigen Salärs.
Medienberichten zufolge mussten Angestellte der Hisbollah im Mediensektor, im Bildungsbereich und im medizinischen Sektor schmerzhafte Einbußen hinnehmen, manche sollen nur mehr 60 Prozente ihrer Gehälter bekommen. Aus Hisbollah-Kreisen ist hören, dass
„die Angestellten ihrer religiösen Institutionen seit drei Monaten kein Geld mehr bekommen. Die Gruppe hat darüber hinaus tausende Büros geschlossen und Wohnungen aufgegeben (…) und einen Aufnahmestopp verhängt. Das Budget für die von ihr zur Verfügung gestellten Sozialleistungen wurde ebenfalls gekürzt, nachdem es bereits 2013 reduziert worden war.“
Der notwendig gewordene Sparkurs droht, das Image der Hisbollah als schützende Hand über den Köpfen der libanesischen Schiiten zumindest anzukratzen, unter denen der Unmut darüber wächst, dass ihnen Gelder und Leistungen gestrichen werden, während die Hisbollah in Syrien auf iranischen Auftrag hin dauerhaft Fuß zu fassen versucht.
Druck der Sanktionen, neue Geldquellen
Schuld an der aktuellen Bredouille der Hisbollah sind in erster Linie die von den USA wiedereingesetzten Sanktionen gegen das iranische Regime. Ein Umstand, aus dem Hassan Nasrallah kein Geheimnis macht: Bereits im vergangenen Sommer kündigte er an, dass die Probleme noch weiter zunehmen werden, solange Donald Trump US-Präsident bleibt und den Kurs gegen das Mullah-Regime verschärft.

Teheran schickt zwar weiter Geld in den Libanon, sieht sich aber selbst mit massiven wirtschaftlichen Problemen und knappen Kassen konfrontiert. Und das iranische Regime muss nicht nur die Hisbollah bei Laune halten, sondern in seinem kostspieligen Streben nach regionaler Vorherrschaft auf praktisch allen Konfliktschauplätzen im Nahen Osten seine lokalen Handlanger finanzieren.
In dieser Situation sieht sich die Hisbollah dazu genötigt, neue Geldquellen zu erschließen. Neue Möglichkeiten ergeben sich durch die neu ins Amt gekommene libanesische Regierung, in der die Islamisten so viel Einfluss haben wie nie zuvor und auf die Budgets mehrerer Ministerien zugreifen können. Als besonders wertvoll erweist sich die Übernahme des Gesundheitsministeriums, dessen umfangreichen Haushalt die Hisbollah verwenden wird, um bisher selbst erbrachte Leistungen für die eigene Klientel künftig mit staatlichen Geldern zu finanzieren, sehr zum Schaden der anderen Bevölkerungsgruppen des Libanon. Darüber hinaus kann sie ihre eigenen Leute vermehrt auf staatliche Posten setzen und damit praktisch die Bezahlung der Gehälter ihrer Mitglieder auf den Staat abwälzen.
Verschmelzung mit dem Staat
Damit verstärkt sich freilich ein Prozess, der schon in den vergangenen Jahren zu bemerken war und auf den insbesondere Israel immer wieder aufmerksam gemacht hat: die zunehmende Verschmelzung der Hisbollah mit dem libanesischen Staat. Bereits vor eineinhalb Jahren bemerkte Jonathan Spyer, dass es auf politischer Ebene immer schwieriger werde zu unterscheiden, „wo der libanesische Staat beginnt und die Hisbollah endet“. Mit dem weiter gewachsenen direkten Einfluss der Islamisten innerhalb der Regierung ist diese Unterscheidung noch hinfälliger geworden.
Das hätte vor allem gravierende Auswirkungen auf einen neuerlichen Waffengang gegen Israel. Während des Krieges im Sommer 2006 konzentrierte Israel seine Angriffe auf die Hisbollah selbst und ließ Einrichtungen des libanesischen Staats weitgehend unberührt. Seitdem hat sich die Lage aus israelischer Sicht aber deutlich verändert: Angesichts der „Absorption des Staates durch die Hisbollah“ (Spyer) würden auch staatliche Infrastruktureinrichtungen (wie Brücken, das Elektrizitätsnetz usw.) zu militärischen Zielen im Kampf gegen die Hisbollah und die Schäden im ganzen Land deutlich größer ausfallen als noch vor 13 Jahren.
Hoffnungsschimmer Europa
Bei all den Problemen, mit denen die Hisbollah und ihre iranischen Sponsoren konfrontiert sind, ist ihre Lage alles andere als aussichtslos. Denn mit den Europäern und insbesondere den Deutschen gibt es auf internationaler Ebene immer noch Kräfte, die willens sind, dem angeschlagenen Islamistenregime in Teheran und seinen terroristischen Handlangern im Libanon zur Hilfe zu eilen.
Und wenn Hassan Nasrallah sich öffentlich über die Auswirkungen von Sanktionen und Terrorlisten-Designationen beklagt, eilt derselbe Niels Annen ihm sogleich zur Hilfe: Nein, Deutschland werde dem britischen Beispiel nicht folgen und nicht die gesamte Hisbollah zur Terrororganisation erklären. Just während die Islamisten beträchtliche Teile des libanesischen Staates direkt übernehmen, erklärt er, dass Deutschland „die staatlichen Strukturen im Libanon (…) stärken“ wolle. „Das gilt insbesondere für das Militär; das Gewaltmonopol muss beim Staat liegen“, sagt er, als ob nicht völlig klar wäre, wer im Libanon militärisch schon längst das Sagen hat. Ungeachtet der Realität tritt er dafür ein, im Libanon „die Korruption zu bekämpfen und die Infrastruktur zu verbessern, auch um Anreize für ausländische Investitionen zu erhöhen.“
Die Hisbollah wird’s gerne hören. Und bis diese Investitionen eintreffen weiterhin ungestört durch deutsche Behörden in Deutschland Spenden sammeln, um den Druck zu vermindern, der durch andere entsteht, die gegen Terrorregime und -gruppen vorgehen, statt wie Deutschland auf „Dialog“ mit ihnen zu setzen.