Das im Zuge der Abraham-Abkommen in Angriff genommene Projekt einer Landverbindung zwischen Israel und dem Persischen Golf kommt nun wegen der Huthi-Angriffe auf den Schiffsverkehr zum Tragen.
»Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Limonade draus.« Dieser Spruch hat schon immer sehr gut die Situation des Zionismus wiedergeben, unter schwierigsten Bedingungen das jeweils Beste aus der Lage zu machen und dabei stets alle Erwartungen zu übertroffen.
So wurde in einem winzigen und unwirtlichen Land, das noch in den frühen 1940er Jahren von Bodenerosion, Malariasümpfen, verschlammendem Wasser und sich ausbreitenden Wüsten gekennzeichnet war, eine leistungsfähige, moderne Landwirtschaft aufgebaut, die zum unangefochtenen Weltmeister in Sachen Wasserrecyling geworden ist. Die Wüste wurde buchstäblich zum Blühen gebracht, und Israel ist das einzige Land der Welt, das heute mehr Waldfläche hat als an der Wende zum 20. Jahrhundert.
Der eingangs zitierte Spruch trifft auch auf eine andere aktuelle Entwicklung zu. In dem Bestreben, den israelischen Schiffsverkehr über das Rote Meer zum Erliegen zu bringen, haben die vom Iran unterstützten Huthi-Terroristen im Jemen seit Oktober letzten Jahres bekanntlich mehrere Schiffe entführt und mit Raketen beschossen, die zwischen dem Suezkanal und dem Golf von Aden unterwegs waren. Nur mit Mühe gelang es zum Beispiel am letzten Wochenende der Besatzung eines Rohbenzin transportierenden Tankers, ein Feuer an Bord zu löschen, das durch Raketenbeschuss ausgebrochen war, und eine Katastrophe zu verhindern.
Große Reedereien haben den Schiffsverkehr durch das Rote Meer mittlerweile eingestellt. Stattdessen müssen die Schiffe nun, wie vor der Einweihung des Suezkanals im Jahr 1869, den weiten Weg um das Kap der Guten Hoffnung fahren.
Ohne diese inakzeptable Situation beschönigen zu wollen, kann man feststellen, dass Israel wieder einmal unter dem Eindruck einer existenziellen Bedrohung das Bestmögliche aus der gegebenen Lage macht: Weil der Schiffstransport gestört ist, floriert nun der Landverkehr zwischen Israel und dem Persischen Golf. Das von den USA unterstützte Projekt einer Landverbindung, das Anfang 2023 in Angriff genommen wurde, »ist ein Beweis für die Stärke der Abraham-Abkommen von 2020, in deren Rahmen Israel mit vier arabischen Ländern unter der Führung der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains Frieden schloss«, schreibt die jüdische Nachrichtenagentur Jewish News Syndicate (JNS).
Eine Landkarte zeigt die Routen: Vom Hafen Jebel Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder dem Hafen Mina Salman in Bahrain fahren Lkw über Saudi-Arabiens moderne Autobahnen nach Jordanien und von dort nach Haifa, Israels größtem Mittelmeerhafen.
Dem in Eilat ansässigen israelischen Logistikspezialisten Trucknet Enterprise kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Trucknet ist ein integrierter IT-und Logistikkonzern, durch dessen Softwareplattform und Einsatz von künstlicher Intelligenz bzw. Machine-Learning die immer noch verbreiteten, unwirtschaftlichen und umweltschädlichen Leerfahrten von Lkw auf ein Minimum reduziert werden sollen. Im Nahen Osten fungiert Trucknet nun als Marktplatz zwischen Kunden aus aller Welt, die Fracht zu bewegen haben, und arabischen Spediteuren aus der Region, die sie befördern.
Exponentielles Wachstum
Nach einem langsamen Start aufgrund »diplomatischer Empfindlichkeiten« sei die Landroute nach den Angriffen der Huthis exponentiell gewachsen, erklärte Hanan Fridman, Gründer und Präsident von Trucknet. Seit den Angriffen der Huthis gebe es eine »starke Nachfrage« nach dem Landfrachtdienst, sagte Friedman gegenüber JNS.
Seit Ende Dezember ist auch Israels Nachbar Ägypten eingebunden, also der Hauptgeschädigte der Huthi-Piraterie, da die Einnahmen der Suezkanalbehörde – im Geschäftsjahr 2022/23 waren es umgerechnet acht Milliarden Euro – weggebrochen sind. Ein schwerer Schlag für das Land und dessen von Armut und Teuerung geplagte Bevölkerung. Die Landbrücke verspricht, zumindest einen Teil der Ausfälle zu kompensieren, wenn nun Lastkraftwagen von Israel aus den ägyptischen Hafen Port Said ansteuern.
»Dies ist ein wirtschaftlicher und historischer Durchbruch, der die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen den arabischen Ländern und Israel zum Ausdruck bringt, die sich zusammengetan haben, um die ›Achse des Bösen‹ zu bekämpfen«, so Fridman. Das Abkommen zur Erweiterung des Korridors nach Ägypten solle nicht den Seeweg durch den Suezkanal ersetzen, sondern in Zeiten von Angriffen auf die internationale Wasserstraße eine alternative Route bieten und diese in Friedenszeiten durch beschleunigte Lieferungen ergänzen.
Interessanter Zufall: Just vier Wochen vor Beginn von Gazas Terrorkrieg gegen Israel am 7. Oktober hatte Trucknet die Verträge mit Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterschrieben. »Wir hatten keine Ahnung, dass es einen Krieg geben würde, aber wir hatten vor, den Landweg auszubauen«, bestätigt der Trucknet-Präsident.
Israels Feinde verärgert
Trucknet vermarktet die Landbrücke als »Express«-Dienst und warb schon vor den Huthi-Angriffen damit, dass gegenüber der Seeschifffahrtsroute über das Rote Meer zehn Tage Zeit einspare. Laut einem Bericht von The Loadstar, einer englischsprachigen Website für Nachrichten aus der Logistikwelt, dauert die Reise eines Containerschiffs von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Haifa etwa zwei Wochen, »da auf dem Weg dorthin in der Regel Häfen angelaufen werden, um die Fracht zu ent- oder beladen«. Mit der Landbrücke könne »ein in Jebel Ali entladener und auf einen Lkw verladener Container in nur vier Tagen in Haifa sein«.
Der größte Nachteil der Landbrücke ist, dass nicht die gleichen Mengen bewegt werden können wie mit dem Schiff. Für den Transport von Rohstoffen, Getreide, Öl, Düngemitteln oder Zement über eine Entfernung von 2.000 Kilometern kommt ein Transport per LKW wohl nicht in Betracht. Aber für vieles andere.
Zwar seien die Kosten um etwa fünfzehn bis zwanzig Prozent höher, schätzt Fridman. Doch durch die angestrebte weitere Verringerung der Anzahl von LKW, die leer aus Israel in die Vereinigten Arabischen Emirate zurückkehren, gebe es gewissen Spielraum zur Senkung der Transportkosten.
Und seit den Huthi-Angriffen auf Schiffe im Roten Meer, der Umleitung von Schiffen um Afrika herum und der daraus resultierenden längeren Transitzeiten und höheren Preise für den Schiffsverkehr sei die Landbrücke wahrscheinlich sogar die günstigere Option. »Viele Spediteure aus Israel, Europa und den USA wenden sich mit der Bitte um Hilfe an uns«, sagte ein Sprecher von Trucknet gegenüber The Loadstar.
Das gefällt nicht jedem. Die Anti-Israel-Szene ist verärgert. »Ironischerweise«, schreibt Walid Abuhelal, ein Kommentator der Website The Middle East Eye, die der Muslimbruderschaft nahestehe und meist die Standpunkte der Hamas wiedergibt, positioniere Israel, das ja der Anlass für die Huthi-Angriffe gewesen sei, nun »seinen Hafen als den neuen Korridor für den globalen Handel».