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Venezuela als Operationsbasis von Iran und Hisbollah

Der venezolanische Außenminister Felix Plasencia zu Besuch in Teheran
Der venezolanischen Außenminister Plasencia zu Besuch bei seinem iranischen Amtskollegen Amir-Abdollahian (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die Hisbollah habe geplant, in Venezuela geschulte Terroristen der kolumbianischen Drogen-Guerilla FARC einzusetzen, um in Bogota Terroranschläge auf israelische Diplomaten zu verüben; nun müsse US-Präsident Joe Biden dringend handeln, um der Zusammenarbeit von Hisbollah, Iran und Venezuela auf dem amerikanischen Kontinent entgegenzuwirken.

Das sind Kernpunkte eines aufrüttelnden Gastbeitrags, den Jeb Bush, der frühere Gouverneur des US-Bundesstaates Florida, am 4. Dezember in der Tageszeitung Miami Herald veröffentlichte. „Unter der unrechtmäßigen Herrschaft von Nicolás Maduro“, so Bush, sei Venezuela „näher denn je an die Islamische Republik Iran herangerückt“.

Ohne eine „robuste Reaktion“ von Präsident Biden, um beide Regime „wirtschaftlich und militärisch voneinander zu isolieren“, könnte Venezuela für iranische Streitkräfte zu einer „vordersten Operationsbasis in der westlichen Hemisphäre“ werden, um „die nationale Sicherheit der USA zu untergraben“, warnt der ehemalige Politiker, der sich 2016 – letztlich erfolglos – um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bemühte.

Die Kooperation von Caracas und Teheran unter Einbeziehung der libanesischen Terrororganisation Hisbollah wurde von Mena-Watch seit Jahren in zahlreichen Beiträgen beschrieben. Sie besteht aus zwei Komponenten: die öffentliche Zusammenarbeit und die verdeckte.

Öffentlich bekannt ist die Zusammenarbeit im Ölsektor. Hintergrund ist, dass Venezuela nach zwei Jahrzehnten Misswirtschaft seine Raffinerien zerstört hat und nicht mehr in der Lage ist, sein Erdöl, das stark schwefelhaltig ist – das heißt: schlecht für Anlagen, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen –, auf eine für den Verkauf auf dem Weltmarkt akzeptable Qualität zu bringen.

Der Iran hilft hier auf doppelte Weise: Zum einen schickt er Ersatzteile und Experten, um die Raffinerien wieder instandzusetzen; zum anderen liefert er schwefelarmes Erdöl, mit dem das venezolanische Öl verschnitten wird, um so einen insgesamt niedrigeren Schwefelgehalt zu erreichen.

Das Regime in Venezuela revanchiert sich – und das ist der verdeckte Teil der Zusammenarbeit –, indem es die Hisbollah aus Kolumbien kommendes Kokain nach Beirut und Damaskus schmuggeln lässt, Angehörigen der Hisbollah und der iranischen Streitkräfte echte Reise- und Diplomatenpässe ausstellt, ihnen bei der Geldwäsche hilft und sie überhaupt in Venezuela ungehindert schalten und walten lässt.

All das wurde von US-Behörden und lateinamerikanischen Journalisten immer wieder publik gemacht. Auch palästinensische Terroristen trainieren Medienberichten zufolge seit einiger Zeit in Venezuela, zudem wird über Uranschmuggel spekuliert.

Hisbollah-Terror in Südafrika

Jeb Bush warnt in seinem Gastbeitrag, in den letzten 18 Monaten habe es eine „Reihe von Ereignissen“ gegeben, die die US-Geheimdienste, das Militär und die Diplomatie als „ernsthafte Bedrohung“ betrachten sollten.

Dazu zählt er die oben genannte Kooperation im Ölsektor und  Goldverkäufe Venezuelas an den Iran. „Am alarmierendsten“ sei jedoch „das Eingeständnis von Maduros ehemaligem Sicherheitschef, dass die vom Iran unterstützte Hisbollah – die vor dem 11. September mehr Amerikaner tötete als jede andere Terrorgruppe – in Venezuela frei operiert“. Die Hisbollah nutze Venezuela, um durch illegale Geschäfte Geld für Terroroperationen zu sammeln, so Bush.

Bemerkenswert sei, dass die Hisbollah in Caracas ihre „freundlichste“ Operationsbasis vorfinde:

„Die Hisbollah hat in Argentinien und im Dreiländereck zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay eine weitaus längere Geschichte. Doch nur in Venezuela kann die Hisbollah auf eine gastfreundliche Regierung zählen.

Unter Maduro hat Venezuela angeblich den Hisbollah-Agenten Aufenthaltsdokumente gewährt, die es ihnen ermöglichen, sich frei durch Lateinamerika zu bewegen.“

Das Maduro-Regime wiederum profitiere von der „iranischen Expertise bei der inländischen Überwachung [von Kommunikation; S.F.] und Drohnentechnologie“, die der Iran „eifrig an terroristische Stellvertreter im gesamten Nahen Osten exportiert“ habe. Laut venezolanischen Oppositionspolitikern, so Bush, helfe der Iran Maduro beim Aufbau eines „Abhörpostens im Norden Venezuelas zum Abhören von Luft- und Seekommunikation.“

Bush verweist zudem auf eine Aussage des kolumbianischen Präsidenten Ivan Duque, der im August 2020 öffentlich erklärt hatte:

„Es gibt Informationen von internationalen Geheimdiensten, die mit uns zusammenarbeiten, die zeigen, dass die Diktatur von Nicolás Maduro Interesse daran hat, einige Mittel- und Langstreckenraketen über den Iran zu erwerben.“

Seit langem sind auch Juden und Israelis in Lateinamerika im Visier der Hisbollah. Im März 1992 wurde mit einem Pickup ein Bombenanschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires verübt, 29 Menschen wurden getötet, 242 verletzt. Es ist wahrscheinlich, dass der Anschlag von der Hisbollah verübt wurde, als Rache dafür, dass die israelische Armee im Monat zuvor Hisbollah-Chef Abbas al-Mussawi getötet hatte.

Zwei Jahre später wurde ein LKW-Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum AMIA in Buenos Aires verübt. 87 Menschen wurden dabei getötet, über hundert weitere verletzt. Als Sprengstoff wurde eine Mischung aus Ammoniumnitrat und Heizöl verwendet. Irans derzeitiger Innenminister war laut Interpol an der Planung des Anschlags beteiligt.

Einen Tag später stürzte in Panama ein kleines Passagierflugzeug ab, an Bord waren 21 Passagiere, darunter zwölf jüdische Geschäftsleute. US-Behörden prüfen gehen auch in diesem Fall inzwischen Hinweisen nach, dass es sich um einen Terroranschlag der Hisbollah gehandelt haben könnte.

Der argentinische Staatsanwalt Alberto Nisman führte zehn Jahre lang Ermittlungen durch, um die Terroranschläge auf die israelische Botschaft und das AMIA  aufzuklären und die Urheber vor Gericht zu bringen. Er wurde am 18. Januar 2015 von Unbekannten ermordet, nachdem er die argentinische Präsidentin Christina Fernández de Kirchner und andere Politiker beschuldigt hatte, aus Rücksicht auf den Iran die Aufklärung der Anschläge zu verhindern.

Am 19. Januar 2015 hätte Nisman diese Vorwürfe einer Parlamentskommission vorstellen sollen. Laut Nismans 675-seitiger Anklageschrift handelte der Selbstmordbomber Ibrahim Hussein Berro, der den Anschlag auf das AMIA verübte, auf Befehl aus dem Iran.

Es war, so Nisman, „eine Entscheidung, die ausführlich diskutiert und letztendlich im Einvernehmen der seinerzeit höchsten Vertreter der iranischen Regierung getroffen wurde, im Kontext einer Außenpolitik, die durchaus gewillt war, Gewalt anzuwenden, um die Ziele der Islamischen Republik zu erreichen“.

Ausbreitung des Iran stoppen

Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, dass Jeb Bush in seinem Beitrag auf einen Bericht der kolumbianischen Tageszeitung El Tiempo vom 14. November hinweist, der bislang kaum zur Kenntnis genommen wurde.

Demnach plante die Hisbollah, ehemalige Mitglieder der marxistischen Guerilla Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die in Venezuela ausgebildet wurden, einzusetzen, um Angehörige der israelischen Botschaft in Bogota zu ermorden.

Zudem habe die Hisbollah Amerikaner in Kolumbien ausspioniert – möglicherweise in Vorbereitung eines zukünftigen Terroranschlags, sollte sich eine Situation ergeben, in der das iranische Regime entscheidet, dass ein solcher in seinem Interesse liegt; also etwa im Rahmen einer militärischen Konfrontation mit den Vereinigten Staaten.

Die jüngst erfolgte Auslieferung des kolumbianischen Geschäftsmanns Alex Saab an die USA – der als einer der wichtigsten Devisenbeschaffer Maduros gilt und am 12. Juni 2020 auf dem Weg vom Iran nach Venezuela bei einem Tankstopp seines Jets auf den Kapverdischen Inseln aufgrund eines Interpol-Haftbefehls verhaftet wurde – sei ein wichtiger Schritt, so Bush, ebenso wie die in der Amtszeit von Präsident Trump erfolgte Beschlagnahmung von vier iranischen Tankern auf dem Weg nach Venezuela.

Doch die von den USA derzeit benutzten Mittel reichten nicht aus, um den Einfluss des Iran auf Venezuela einzudämmen:

„Es ist an der Zeit, dass Präsident Biden dem ein Ende setzt, indem er es dem Maduro- und dem iranischen Regime erheblich schwerer macht, sich gegenseitig zu unterstützen.“

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