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Die Huthis im Jemen: »Rebellen« oder Terroristen?

Plakate in Jemens Hauptstadt Sanaa feiern die Huthi-Angriffe auf Schiffe im Roten Meer
Plakate in Jemens Hauptstadt Sanaa feiern die Huthi-Angriffe auf Schiffe im Roten Meer (Imago Images / ZUMA-Wire)

Die Schiiten stellen mit einem Drittel der Gesamtbevölkerung zwar nur eine Minderheit im von Sunniten dominierten Jemen, die Huthi-Milizen beanspruchen aber dennoch die religiöse und politische Führung des Landes.

Gerhard Werner Schlicke

Wer oder was sind die gerne als Rebellen benannten Huthis im Jemen, deren vom religiösem und politischem Führer Hussein Badreddin al-Huthi geführter Aufstand gegen die jemenitische Regierung im Juni 2004 begonnen hat? Die sich selbst als Ansar Allah bezeichnende Gruppe ist eine politisch-militärische Bewegung der Zaiditen, einer schiitischen Glaubensrichtung.

Die Schiiten bilden mit dreißig Prozent Anteil an der Gesamtbevölkerung zwar nur eine wenn auch signifikante Minderheit des von Sunniten dominierten Jemen, beanspruchen aber die religiöse und politische Führung des Landes. Dabei geht es ihnen nicht um einen demokratischen, politischen Diskurs, sondern um die religiös motivierte, diktatorische Vormachtstellung.

Sie sind Auslöser eines Bürgerkriegs, der bis heute über 400.000 Opfer gefordert hat und bis heute andauert. Sie werden ebenso wie der Libanon finanziell, militärisch, logistisch und politisch massiv vom Iran unterstützt, auch wenn die Zaiditen den religiösen und politischen Führer der Schiiten, Ajatollah Ali Chamenei, nicht anerkennen. Dem entgegen unterstützt Saudi-Arabien mit einer islamischen Militärallianz unter Beteiligung von Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien, Marokko, Sudan und seit Mai 2015 auch dem Senegal die Widerherstellung der bis 2004 existierenden Regierung unter Staatspräsident Hadi und Regierungschef Chalid Bahah.

Der auf den Aufstand gegen die Regierung folgende Krieg und das militärische Engagement Saudi-Arabiens ist seit dem Drohnenangriff der Huthi-Rebellen auf die saudische Ölraffinerie am 16. September 2019 nicht mehr nur ein lokaler Konflikt und auch kein reiner Stellvertreterkrieg mehr. Der vom Iran mit militärischem Know-how und Waffen einschließlich Drohnen und Raketen unterstützte Angriff auf das Herzstück Saudi-Arabiens war der erste Terrorakt der Huthi-Rebellen im internationalen Maßstab und hat sie damit zu internationalen Terroristen gemacht. Das war aber erst der Anfang.

Auswirkungen auf den Welthandel

Mit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 fühlten sich auch die Huthi-Terroristen berufen, den Krieg gegen Israel aufzugreifen, obwohl die palästinensisch-islamistischen Kriegstreiber der Hamas keine Schiiten, sondern Sunniten sind. Die Handschrift des Irans ist unverkennbar, denn es geht gegen Israel, die USA und Saudi-Arabien. Nur so sind die direkten und indirekten Raketenangriffe der Huthis auf Schiffe im Roten Meer zu erklären.

Damit wird aber nicht nur eine zweite Front gegen Israel eröffnet, sondern zugleich der Krieg nach Europa und die USA getragen. Das Beschießen und Aufbringen von Handelsschiffen in der Meerenge vor dem Jemen, also auf dem Weg von Asien durch den Suezkanal nach Europa und die USA, ist ein klarer kriegerischer Akt gegen den freien Welthandel. In den zurückliegenden Jahren haben sich die USA, Frankreich und Deutschland bereits intensiv militärisch engagiert, um die Piraterie vor dem Horn von Afrika zurückzudrängen. Jetzt kommt aber mit den Huthi-Terroristen ein neuer, weitaus gefährlicherer Spieler hinzu. Sie sind in keinen kleinen Booten unterwegs, militärisch auf einem weit höheren Niveau und agieren mit einer zentralen militärischen Führung.

Die USA und Europa haben ein vitales Interesse, den freien Handel von und nach Asien störungsfrei zu halten. Ein möglicher Umweg der Schiffe über das Kap der guten Hoffnung würde die Waren international substanziell verteuern und hätte dramatische Auswirkungen von der Industrie bis zum Einzelhandel.

Alleine das Handelsvolumen von China mit der EU betrug im Jahr 2021 fast 700 Milliarden Euro, mit den USA ist die Handelsbilanz nicht geringer. Angefangen von China über Japan, Südkorea, Indien und die Philippinen sind all diese Akteure sehr daran interessiert, die von ihnen frequentierten Handelswege zu schützen, weswegen es nicht einzig Aufgabe der NATO sein kann, die Angriffe der Huthis gegen den Schiffsverkehr abzuwehren, vielmehr liegt dies im Interesse aller Handelspartner.

Die Huthi-Terroristen haben den jemenitischen nationalen Konflikt unter iranischer Führung nun also auf die gesamte westliche Hemisphäre ausgeweitet und müssen damit rechnen, dass sich die bisher neutralen Handelspartner China und Indien weit stärker als bisher einbringen werden. Der Iran verspekuliert sich nicht nur militärisch in seinem Hass gegen Israel, er verspekuliert sich ebenso bei seinem mittlerweile nicht mehr so stillen Handelskrieg als Antwort auf die internationalen Sanktionen gegen ihn.

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