„So ist von Teheran bis ans Mittelmeer ein schiitischer Korridor entstanden. Iran bezeichnet diesen als ‚Achse des Widerstands‘. Denn aus ihr würden Terrororganisationen wie Al Qaida und der ‚Islamische Staat‘ bekämpft. Auch stelle sie sich dem geopolitischen Projekt Amerikas und Israels entgegen, die bestehenden Staaten in kleine Einheiten zu zerschlagen, um so das Überleben Israels zu sichern. Iran sei also kein Aggressor, sondern vielmehr Garant für den Erhalt der territorialen Integrität der einzelnen Staaten, argumentiert der Abgeordnete Mohammad Dschawad Dschamali, der dem außenpolitischen Ausschuss des Parlaments angehört. Iran verfolgt jedoch auch langfristige strategische Ziele. Denn Iran sieht sich als Teil des russischen Vorhabens, die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten in der Welt zu beenden und das Gravitationszentrum nach Osten zu verschieben. Das führe zu einer Annäherung Russlands an Iran, sagt Kazem Anbarlui, der als Chefredakteur der Zeitung ‚Resalat‘ zu den wichtigsten Vordenkern der iranischen Hardliner zählt. Die Bewegung von Revolutionsführer Ajatollah Chomeini habe in den vergangenen 50 Jahren den Nahen Osten verändert. Seither nehme der Einfluss des Islams ebenso zu wie der Einfluss Irans. Die Macht der Vereinigten Staaten und auch Israels sinke aber. (…)
In den iranisch-russischen Gesprächen finde man Antworten auf die Fragen des 21. Jahrhunderts, die im Westen noch gar nicht gestellt würden, sagt Anbarlui. In dieser Neuordnung versteht sich Iran als der Partner Russlands, der diese Vision im Nahen Osten durchsetzt. Als weiteren Partner sieht Iran die Türkei. Schließlich habe Ankara verstanden, dass eine Teilung Syriens die Teilung der Türkei zur Folge habe. Daher kämpften Teheran und Ankara für den Erhalt des syrischen Staats, sagt der Abgeordnete Dschamali. (…) Mit seinem Ausgreifen bis ans Mittelmeer und weit jenseits seiner Grenzen verhält sich Iran wie eine imperiale Macht. Syrien ist dabei ein wichtiger Baustein, denn Iran will es zu einem ‚zweiten Libanon‘ machen – mit politischem Vetorecht und einer militärischen Präsenz Teherans. Die ist gegen Israel gerichtet, von dem Dschamali sagt, es habe seit der Revolution in Iran keinen Quadratzentimeter islamischen Bodens mehr besetzen können.“ (Rainer Hermann: „Ein russisch-iranisches Eurasien“)