„Wir wussten eh, dass Teheran gelogen hatte, so der Tenor der Deal-Befürworter. Die versuchen Netanjahus Enthüllungen nun kleinzureden und behaupten, dass sei alles gar nichts Neues. Die Befürworter müssen sich aber fragen lassen, warum sie die Lügen Teherans in all den Jahren kaum je öffentlich bloßgestellt haben. War der Grund, dass man über zu wenig harte Beweise verfügte über das iranische Atomprogramm? In diesem Fall dürften die israelischen Dokumente tatsächlich viel Neues bieten, was helfen könnte, die Wissenslücken über das Atomprogramm der Mullahs zu stopfen. Oder wollte man Teheran nicht als Lügner entlarven, weil das die Vertrauenswürdigkeit des Regimes beschädigt hätte, mit dem man unbedingt ein Abkommen schließen wollte?
Es ist jedenfalls bezeichnend, dass das lächelnde Gesicht Teherans, Außenminister Javad Zarif, jedes Jahr auf der Münchner Sicherheitskonferenz oder in anderen Foren seine Märchenerzählungen auftischen durfte, ohne von den Mogherinis, den Steinmeiers oder Kerrys dafür als Lügenbaron entlarvt und benannt zu werden. Was es dem Iran ermöglichte so zu tun, als sei er ein respektables Mitglied der Weltgemeinschaft, das nach Ablauf der wichtigsten Beschränkungen das Abkommens wieder alle Atom-Rechte anderer Staaten besitzen müsse.In Wirklichkeit bestärken Israels Enthüllungen die Argumente vieler Kritiker des Abkommens. Etwa, dass man Teheran hätte zwingen sollen, das ganze Ausmaß des militärischen Programms offenzulegen, anstatt stillschweigend zu akzeptieren, dass die vielen Fragen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Ende unbeantwortet blieben. Und zwar um deutlich zu machen, dass Iran anhaltend gegen seine aus internationalen Verträge erwachsenen Pflichten verstoßen hat. Und um eine bessere Kontrolle zu ermöglich. Denn es ist sehr viel einfacher, ein effektives Überwachungsregime aufzubauen, wenn man genau weiß, an welchen Orten woran geforscht und gebaut wurde und wenn man die Namen aller iranischen Wissenschaftler kennt, die daran beteiligt waren.
Der wichtigste Punkt betrifft jedoch das Auslaufen von wichtigen Einschränkungen des iranischen Atomprogramms ab 2025. Die Existenz der Dokumente belegt, dass Teheran quasi ein Atombombenprogramm auf Abruf besitzt. (…) Es wird nun deutlich, dass die Obama-Regierung und auch die Europäer das Abkommen in viel zu schwärmerischen Kategorien verkauft haben. Nein, es wahr wahrlich nicht das beste Abkommen, das möglich war. Und die Taktik, berechtigte Kritik an dem Abkommen gleich als Kriegstreiberei abzutun, war perfide.“ (Clemens Wergin: „Israels Coup bietet eine Chance für ein besseres Atomabkommen“)