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Angespanntes Treffen zwischen Abbas und Blinken in Ramallah

Nicht einmal eine US-Fahne stellte Abbas' Autonomiebehörde bei dem Treffen in Ramallah auf
Nicht einmal eine US-Fahne stellte Abbas' Autonomiebehörde bei dem Treffen in Ramallah auf (Imago Images / ZUMA Wire)

Die Unterredung zwischen dem amerikanischen Außenminister und dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde war von gegensätzlichen Standpunkten und finanziellen Forderungen seitens Abbas geprägt.

Akiva Van Koningsveld

Der amerikanische Außenminister Antony Blinken hat bei einem Treffen mit dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, am Mittwoch in Ramallah seine Unterstützung für »greifbare Schritte« zur Schaffung eines palästinensischen Staates im Westjordanland und dem Gazastreifen bekundet. Von Sky News Arabia zitierte Quellen beschrieben die Unterredung, bei der Blinken auch die von Washington gewünschten »Verwaltungsreformen« innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde ansprach, als angespannt und von Auseinandersetzungen geprägt.

Den Berichten zufolge verlangte Abbas von Blinken, Israel zur bedingungslosen Freigabe aller Steuereinnahmen zu drängen, die Jerusalem im Namen Ramallahs einnimmt. »Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Freigabe der Gelder zu erreichen, wie wollen Sie dann Druck auf Israel ausüben und Frieden sowie einen palästinensischen Staat erreichen?«, zitierte Sky News Arabia Abbas’ Worte an Blinken.

Nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober hatte das israelische Sicherheitskabinett beschlossen, rund hundert Millionen Dollar an PA-Geldern für den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen zurückzuhalten, zusätzlich zu den ebenfalls in die Hunderte Millionen gehenden Geldern, welche von der Palästinensischen Autonomiebehörde monatlich verurteilten Terroristen und deren Angehörigen ausbezahlt. Die Palästinensische Autonomiebehörde drohte daraufhin, alle von Israel eingezogenen Gelder abzulehnen, und Ende Oktober berichtete Blinken dem Haushaltsausschuss des Senats, die Regierung Biden habe Israel um die Freigabe der Mittel für den Gazastreifen gebeten.

Im Rahmen einer von den USA vermittelten Vereinbarung zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde im vergangenen Monat erklärte sich Israel bereit, einen Teil der Steuergelder zu überweisen, nachdem es die Namen der Empfänger von Gehältern der Autonomiebehörde auf einer von Ramallah zur Verfügung gestellten Liste überprüft hatte. Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Wafa betonte Abbas am Mittwoch »die Notwendigkeit, die palästinensischen Gelder sofort freizugeben, da ihre Vorenthaltung gegen Vereinbarungen und internationales Recht verstößt« und fügte hinzu, dass »der Gazastreifen Priorität besitzt und nicht aufgegeben wird«.

Abbas betonte gegenüber Blinken auch »die Notwendigkeit, den Vernichtungskrieg gegen das palästinensische Volk im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, sofort zu beenden, damit die politische Lösung, die auf internationaler Legitimität beruht, umgesetzt werden kann«. Obendrein forderte er »durch einen Beschluss des Sicherheitsrates die volle Mitgliedschaft [der Palästinensischen Autonomiebehörde] in den Vereinten Nationen«.

Produktive Diskussion?

In einer Mitteilung des amerikanischen Außenministeriums hieß es nach dem Treffen, Blinken habe »mit Präsident Abbas eine produktive Diskussion über Verwaltungsreformen geführt, die, wenn sie umgesetzt werden, dem palästinensischen Volk zugutekommen würden«. Der Minister habe bekräftigt, »dass die Vereinigten Staaten greifbare Schritte zur Schaffung eines palästinensischen Staates an der Seite des Staates Israel unterstützen, in dem beide in Frieden und Sicherheit leben«.

Am 8. November letzten Jahres hatte Blinken erklärt, der Gazastreifen müsse nach dem aktuellen Krieg an die Palästinensische Autonomiebehörde übergeben werden. Die Lösung »muss eine von den Palästinensern geführte Regierung und eine Vereinigung des Gazastreifens mit dem Westjordanland unter der Palästinensischen Autonomiebehörde beinhalten«, so der Außenminister damals.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, John Kirby, betonte, Washington wolle eine Behörde unterstützen, welche »die Unterstützung aller Palästinenser hat, damit sie effektiv bei der Verwaltung nach dem Konflikt helfen könne, insbesondere in Gaza«. Gleichzeitig weigerte sich das Außenministerium, explizit auszuschließen, dass die Hamas an der Macht bleibt oder sich einem von der Palästinensischen Autonomiebehörde geführten Regierungsgremium anschließt.

Laut einer Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Umfrage befürworten 89 Prozent der Palästinenser die Bildung einer Regierung, welche die Hamas einschließt oder von ihr geführt wird. Nur 8,5 Prozent sprachen sich für eine Behörde aus, die ausschließlich von Abbas’ Fatah-Partei kontrolliert wird.

Am Mittwochnachmittag gingen die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah gegen eine Demonstration gegen Blinkens Besuch vor. In in den sozialen Medien verbreiteten Videoaufnahmen waren Demonstranten zu hören, welche die Palästinenser aufforderten, selbst »einen Juden zu erschießen« oder ihre Waffe »der Hamas zu geben«.

Blinken landete am Montag in Israel im Rahmen seiner Pendeldiplomatie in der Region, mit der die Regierung von US-Präsident Biden eine Ausweitung des Konflikts verhindern will, drei Monate nachdem schätzungsweise dreitausend Hamas-Terroristen am 7. Oktober in den Süden Israels eingedrungen waren und etwa 1.200 Menschen, überwiegend Zivilisten, ermordeten und rund 240 Menschen als Geiseln genommen hatten.

Während seines Besuchs drängte Blinken die israelischen Regierungsvertreter, zu einer weniger intensiven und gezielteren Phase des Krieges gegen die Hamas überzugehen und schlug vor, die vor den Kämpfen in den Süden des Gazastreifens geflohenen Palästinenser in den nördlichen Teil zurückkehren zu lassen.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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