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Sind Israelis aus der Sicht von UNO-Funktionärin Albanese überhaupt Menschen? (Teil 2)

Die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese
Die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese (© Imago Images / AAP)

Die Rolle, die den Juden und Israel im Nahen Osten von Leuten wie der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese zugedacht ist, besteht allenfalls darin, jede Erniedrigung und Gewalttat still und demütig zu ertragen.

Mohamad Safa sitzt für die libanesische Organisation Patriotic Visionim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) in Genf. In den sozialen Medien benutzt er die Flagge der Vereinten Nationen und stellt sich als »Diplomat« vor. Das ist vielleicht etwas hochtrabend; sicherlich gehört er nicht zu denjenigen, die am Flughafenzoll ihren Koffer nicht öffnen müssen und ungestraft ihr Auto im Parkverbot abstellen können. Doch hat er bestimmt schon viel UN-Luft geschnuppert und mehr als 400.000 Anhänger auf X, vormals Twitter, um sich geschart.

Nachdem der hochrangige Hamas-Funktionär Saleh al-Arouri am 2. Januar im Beiruter Stadtteil Dahieh im Zuge einer mutmaßlich mithilfe einer bewaffneten Drohne herbeigeführten Detonation ums Leben gekommen war, twitterte Safa: »Israel hat soeben ein Wohngebiet in Beirut, Libanon, bombardiert und damit gegen die Resolution SCR 1701 des Sicherheitsrats verstoßen, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte. Dies ist ein Kriegsverbrechen. Der Libanon hat das Recht, sich nach internationalem Recht zu verteidigen.«

Das ist bemerkenswert. Der als Nummer zwei der Hamas geltende Terrorchef war der Befehlshaber der Hamas-Operationen im Westjordanland und stellvertretender Chef des Politbüros. Er galt als wichtiger Verbindungsmann der Hamas zum Iran und soll an der Planung zahlreicher Mordanschläge auf Israelis beteiligt gewesen sein, darunter die Massaker und Entführungen vom 7. Oktober. Der Anschlag auf ihn war ein Präzisionsschlag: Es kamen lediglich Arouri und sechs weitere Terroristen, jedoch keine Zivilisten, ums Leben.

Sollte der Staat Israel für die Operation verantwortlich sein, wofür es bislang keine Beweise gibt, hätte er jedes Recht dazu gehabt. Nicht von Israel wurde der Friede gebrochen; es ist die Hisbollah, die seit dem 8. Oktober 2023 ohne Provokation israelisches Gebiet, israelische Soldaten und Zivilisten mit Raketen angreift. Wegen dieser kriegerischen Handlungen mussten 100.000 Israelis in Kiryat Schmona und anderen Orten Nordisraels ihre Wohnungen verlassen und leben nun bei Verwandten, Freunden oder in Notunterkünften.

Umsichtigkeit vs. Kriegsverbrechen

Während die Hisbollah einen illegalen Krieg gegen unschuldige Zivilisten führt, den sie selbst begonnen hat, und Israel (mutmaßlich) auf die Angriffe reagierte und dabei so umsichtig vorging, dass kein Unschuldiger zu Schaden kam, bezichtigt Safa Israel eines »Kriegsverbrechens«. Deutlicher könnte man nicht zeigen, dass alles, was Israel unternimmt, um sich gegen genozidale Terrororganisationen zu verteidigen, von seinen Feinden als Kriegsverbrechen bezeichnet wird.

Israels Feinde sollen das Recht haben, die schlimmstmöglichen Massaker, die man sich vorstellen kann, an Israelis zu verüben; sie sollen das Recht haben, wie die deutschen Einsatzgruppen im Zweiten Weltkrieg Juden zu jagen und jeden jüdischen Erwachsenen und jedes jüdische Baby, das sie aufspüren können, zu ermorden, und auch für Vergewaltigungen und Gräueltaten aller Art haben sie Carte Blanche. Israel hingegen soll den Urhebern dieser Verbrechen kein Haar krümmen dürfen. Geschieht dies doch, heißt es »Kriegsverbrechen!«, und die UNO wird angerufen.

Die von Mohamad Safa zitierte Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats beinhaltet die Entwaffnung der Hisbollah durch die libanesische Regierung, wie es auch schon das Taif-Abkommen von 1989 forderte, das den libanesischen Bürgerkrieg beendete. Darin heißt es: »Die Waffen der Milizen werden innerhalb von sechs Monaten an den libanesischen Staat abgeliefert.« Das Abkommen wurde vom libanesischen Parlament ratifiziert und ist in seinem Rang der Verfassung gleichgestellt. Die Hisbollah dürfte also nach libanesischem Recht und Gesetz gar nicht existieren geschweige denn das Recht zu haben, Israel mit Raketen zu beschießen. Doch Israels Feinde denken sich immer wieder Argumente aus, um den stets gleichen Gedanken auszudrücken:

  1. Juden haben kein Recht, sich zu verteidigen.
  2. Erdreisten sie sich zur Selbstverteidigung, muss die ganze Menschheit sich gegen sie stellen und zumindest mit Boykotten und Sanktionen belegen.

Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen »Völkermords« gehört ebenso in diese Reihe. Der Vorwurf kommt von einer Regierung, die ein Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, für den der IStGH wegen Verschleppung von mutmaßlich 19.000 ukrainischen Kindern einen Haftbefehl ausgestellt hatte und den auszuführen sich Südafrika weigert. Umgekehrt gab es aus Südafrika gegenüber dem Regime von Omar Al-Bashir im Sudan nie den Vorwurf, einen Genozid in Darfur verübt zu haben, an dem der sudanesische Generalleutnant Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemedti, als Milizenführer mitverantwortlich war. Dieser Tage war er in Pretoria zu sehen, als er dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa freundschaftlich beide Hände schüttelte.

Israel, der Dhimmi unter den Staaten

»Israel ist der Jude unter den Staaten«, so Léon Poliakov, was man auch daran erkennt, dass Israel kein Recht auf Selbstverteidigung zugestanden wird. Diese Haltung ging in Deutschland soweit, dass sich im Jahr 1991 der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele gegen die Lieferung deutscher Patriot-Flugabwehrraketen an Israel aussprach, deren einziger militärischer Zweck die Verteidigung gegen die irakischen Raketenangriffe war, mit denen die Drohung eines möglichen irakischen Chemiewaffenangriffs einherging. Für diese Raketenangriffe wiederum fand Ströbele lobende Worte, nannte sie »die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik den Palästinensern und den arabischen Staaten gegenüber«.

Man darf Israel schlagen, ohne dass Israel deshalb zurückschlagen dürfte. Hier wird eine Haltung gegenüber den Juden reproduziert, wie es sie über Jahrhunderte in Europa und der arabischen Welt gab. Im Osmanischen Reich waren die Juden keine gleichberechtigten Untertanen, sondern wurden als sogenannte Dhimmis lediglich geduldet. Wie im mittelalterlichen Europa – und später im Nationalsozialismus – waren sie Sondervorschriften unterworfen, deren Zweck vor allem darin bestand, sie zu erniedrigen. Zu den diskriminierenden Vorschriften und Beschränkungen zählten unter anderen die Begleichung einer Sondersteuer und das Verbot, Pferde zu reiten bzw. Waffen zu tragen. Sie waren der willkürlichen Gewalt von Muslimen ausgesetzt und hatten weder Recht noch Möglichkeit zur Selbstverteidigung.

Als der Brite Perceval Barton Lord 1835 zu Besuch in Algier war, bemerkte er, dass jeder muslimische Soldat, »wenn ihm der Sinn danach steht, anhält und den ersten Juden schlägt, den er auf der Straße trifft, ohne dass Letzterer es wagen würde, zurückzuschlagen oder auch nur die Schläge abzuwehren«. Das Einzige, was der Angegriffene tun könne, schrieb Lord, sei »rennen, so schnell er kann, bis er entkommen ist«. Eine Beschwerde sei »schlechter als nutzlos«, da der Soldat auf die Frage des Kadis (Statthalter) von Algier, weshalb er den Juden geschlagen habe, antworten würde: »Weil er schlecht über unsere heilige Religion gesprochen hat.« Der Jude würde dann hingerichtet werden.

Der englische Schriftsteller George Sandys hielt 1610 in seinem Bericht über eine Reise durch das Osmanische Reich fest: »Auch hier gibt es Juden, doch erben sie keinen Teil des Landes, sondern leben in ihrem eigenen Land als Fremde, ein Volk, das in der ganzen Welt zerstreut ist und unter denen, die es bewohnen, verhasst ist; und doch leiden sie, als notwendiges Unheil: sie sind allem Unrecht und allen Anfechtungen ausgesetzt, die sie mit einer unbesiegbaren Geduld ertragen.« Sandys fügte eine Beobachtung aus seiner persönlichen Erfahrung hinzu: »Viele von ihnen habe ich beschimpft gesehen, einige von ihnen geschlagen; doch nie sah ich einen Juden mit zorniger Miene.«

Der britische Vizekonsul H. E. W. Young schrieb 1909: »Die Haltung der Moslems gegenüber den Christen und Juden, bei denen sie, wie oben erwähnt, in einer Mehrheit von zehn zu eins sind, ist die eines Herrn gegenüber Sklaven, die er mit einer gewissen herrschaftlichen Toleranz behandelt, solange sie ihren Platz einnehmen. Jedes Anzeichen einer Anmaßung von Gleichheit wird sofort unterdrückt. Auf den Straßen kann man oft beobachten, dass fast jeder Christ sogar einem muslimischen Kind unterwürfig Platz macht. Erst vor ein paar Tagen sah der Autor zwei respektabel aussehende Juden mittleren Alters in einem Garten spazieren gehen. Ein kleiner muslimischer Junge, der nicht älter als acht Jahre alt gewesen sein kann, ging vorbei und hob dabei einen großen Stein auf und warf ihn auf die beiden – und dann noch einen – mit der größten Unbekümmertheit, so, wie ein kleiner Junge anderswo auf einen Hund oder einen Vogel zielen würde. Die Juden blieben stehen und wichen dem Wurf aus, der gut war, protestierten aber nicht weiter.«

Nur Geduldete

Das ist die Rolle, die den Juden und Israel im Nahen Osten von Leuten wie der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese zugedacht ist, nämlich jede Erniedrigung und Gewalttat still und demütig zu ertragen, wie Antisemiten überhaupt der Meinung sind, Juden seien nur Geduldete unter den Menschenvölkern. Was der Antisemit wünscht und plant, ist »der Tod des Juden«, schrieb Jean-Paul Sartre: »Natürlich schreien nicht alle Judenfeinde am helllichten Tag nach seinem Tod, aber die Maßnahmen, die sie vorschlagen und die alle seine Erniedrigung, Demütigung und Verbannung bezwecken, sind ein Ersatz für den Mord, den sie im Sinn haben. Es sind symbolische Morde.«

In ihrem ganzen »Sadismus und ihrer Mordlust« fühlten die Antisemiten sich dabei dennoch stets als Agenten des Guten, als eine moralische Instanz, wie Sartre ebenfalls bemerkte: »Jedoch der Antisemit hat ein reines Gewissen, er ist Verbrecher für die gute Sache. Es ist nicht seine Schuld, wenn er ausersehen ist, das Böse durch das Böse zu vernichten.« Somit habe der Antisemit sich selbst zum »Verbrecher, und zwar zum unbefleckten‹ Verbrecher auserkoren«, fliehe aber vor der Verantwortung: »Er hat seine Mordinstinkte erkannt, aber er hat das Mittel gefunden, sie zu befriedigen, ohne sie sich einzugestehen. Er weiß, dass er schlecht ist, aber da er das Böse dem Guten zuliebe tut, da ein ganzes Volk von ihm die Befreiung erwartet, sieht er sich als geheiligter Bösewicht.«

So ist es mit Francesca Albanese: Sie ruft nicht direkt zum Mord an Juden auf; doch während die Hamas danach strebt, alle Israelis zu ermorden, erklärt sie den Opfern dieses Pogroms, kein Recht auf Selbstverteidigung zu haben.

Literatur:

Martin Gilbert: In Ishmael’s House. A History of Jews in Muslim Lands. Toronto 2010.

Bernard Lewis: The Jews of Islam. Princeton 1987.

Jean-Paul Sartre: Betrachtungen zur Judenfrage. Psychoanalyse des Antisemitismus. Zürich 1948.

Teil 1 der Miniserie ist hier erschienen.

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