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Normalisierung: Israel und Saudi-Arabien uneins über Palästinenser?

Steht der Konflikt mit den Palästinensern einer Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien im Weg?
Steht der Konflikt mit den Palästinensern einer Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien im Weg? (© Imago Images / APAimages)

Die unterschiedliche Haltung zum Konflikt mit den Palästinensern könnte die israelisch-saudischen Gespräche bezüglich einer Normalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen belasten.

Baruch Yedid

In den vergangenen Tagen haben Beamte in Jerusalem und Washington Fortschritte bei der Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien angedeutet. Am Sonntag berichteten israelische Medien sogar, die Oppositionsparteien des Landes seien bereit, ein saudisches Friedensabkommen zu unterstützen, sollten die rechten Koalitionspartner von Premierminister Benjamin Netanjahu die saudischen Forderungen nach Zugeständnissen an die Palästinenser ablehnen.

Den saudischen Entscheidungsträgern nahestehende Quellen am Persischen Golf haben jedoch widersprüchliche Ansichten bezüglich der Palästinenser geäußert. Ihnen zufolge machen die Saudis die Normalisierung mit Israel von Fortschritten in der Palästinenserfrage abhängig, während die israelischen Quellen behaupten, Riad habe keine solchen Bedingungen gestellt.

Wichtiger Schritt

»Fortschritte in der Frage des Konflikts mit den Palästinensern sind eine notwendige Bedingung, weil Saudi-Arabien die gesamte arabische und islamische Welt an den Tisch mitbringen wird, während Israel alle zu fragen hat, was es an diesen Tisch bringen kann«, erklärte eine den saudischen Entscheidungsträgern nahestehende Quelle aus den Golfstaaten. Eine andere führte aus, die »neue saudische Politik unter der Führung von Kronprinz Mohammed bin Salman« sei »eine Politik des Friedens, der Konfliktfreiheit und der Nichteinmischung in fremde Angelegenheiten. In diesem Rahmen ist das Königreich entschlossen, auch den palästinensisch-israelischen Fall zu lösen, vor allem, wenn es die Rolle des Irans im Libanon beenden will.«

Saudi-Arabien sei entschlossen zu handeln, um »unsere Herzen vom Iran zu befreien, aber es wird nicht in der Lage sein, voranzukommen, solange Israel die Palästinenser kontrolliert«, hieß es aus dem Golfkönigtum, wobei der zitierte Beamte hinzufügte: »Frieden und Toleranz sind der richtige Weg, um alle Konflikte in der Region zu beenden, aber dies wird nur unter vernünftigen und klaren Bedingungen möglich sein.«

Die anonym bleibende Quelle betonte, »die Bedingungen, die Saudi-Arabien für ein Abkommen zur Aufnahme von Beziehungen mit Israel stellt, beinhalten Fortschritte in der Palästinenserfrage«. Es gebe keinen Grund, »darüber überrascht zu sein, da das Königreich die Ernsthaftigkeit seiner Absichten mit der Annahme der Inseln Tiran und Sanafir bewiesen hat, nachdem es solch eine Annahme zuvor jahrelang unterlassen hatte, um sich nicht an die Spitze der Staaten mit Beziehungen zu Israel zu stellen. Ein wichtiger Schritt ist getan.«

Der saudische Beamte bezog sich dabei auf die im Jahr 2022 erfolgte Übertragung der Souveränität von Tiran und Sanafir im Roten Meer von Ägypten an Saudi-Arabien. Für die endgültige Übergabe war die Zustimmung Israels erforderlich, da die Inseln gemäß dem Camp-David-Abkommen von 1979 entmilitarisiert worden waren. Die Inseln liegen in saudischen Hoheitsgewässern, waren aber an Ägypten verpachtet worden, bevor Israel sie während des Sechstagekriegs 1967 einnahm.

Die Inseln sind für die Saudis deshalb wichtig geworden, weil sie für die Umsetzung ihres ehrgeizigen Plans des Baus der futuristischen Stadt Neom notwendig sind. Im Sommer 2022 wurden sie schließlich rückübertragen, und einen Monat später öffnete das Königreich seinen Luftraum für kommerzielle israelische Überflüge.

Saudische Forderungen?

Quellen aus dem Umkreis des israelischen Premierministers meinen hingegen, die Saudis hätten keine Bedingungen gestellt, gegenteilige Äußerungen seien nur vorgeschoben. Vielmehr interessierten die Saudis amerikanische Sicherheitsgarantien gegen den Iran, moderne Waffen und amerikanische Unterstützung beim Aufbau eines zivilen Atomprogramms. 

Zwar lehnt Israel derzeit einen saudischen Zugang zu modernen US-Waffen ab, allerdings erhielten auch die Vereinigten Arabischen Emirate nach der Unterzeichnung des Abraham-Abkommens im Jahr 2020 fortschrittliche amerikanische und israelische Waffen. Die Saudis würden nicht zulassen, dass die Palästinenserfrage sie daran hindere, diese Ziele zu erreichen, so die israelischen Quellen.

Die Verknüpfung der Beziehungsnormalisierung zu Saudi-Arabien mit Fortschritten im Konflikt mit den Palästinensern hätte tiefgreifende Auswirkungen auf die politische Szene in Israel. Die New York Times berichtete letzten Sonntag, eine Normalisierung erfordere die ausdrückliche Zusage Netanjahus, keine Gebiete in der Westbank zu annektieren und weitere Maßnahmen, die seine Koalitionspartner nicht akzeptieren würden.

Die Oppositionsparteien betonen seit Langem, sich an keiner Einheitsregierung mit Benjamin Netanjahu beteiligen zu wollen, solange ein Verfahren gegen Korruption gegen ihn läuft. Allerdings sind die Oppositionsführer Yair Lapid und Benny Gantz bereit, außerhalb der Koalition ein Friedensabkommen zu unterstützen, wenn sie der Meinung sind, diese Abkommen liege im Interesse Israels.

Amerikanische Bedingungen

Die New York Times berichtete auch, dass Washington von den Saudis ein umfangreiches Hilfspaket für palästinensische Einrichtungen, die Beendigung des Kriegs im Jemen und eine Reduzierung der enger werdenden Beziehungen zu China fordere.

Unter den Saudis herrscht momentan die weit verbreitete Ansicht, dass Netanjahus rechtsgerichtete Koalitionspartner gegen eine Entspannung zwischen den beiden Staaten sind. Der beim britischen Thinktank Sectarianism, Proxies and De-sectarianisation project (SEPAD) auf israelische Angelegenheiten spezialisierte saudische Forscher Aziz Alghashian sagte, er »glaube, dass die interne Situation in Israel einer Normalisierung mit Saudi-Arabien nicht förderlich ist«, was, wie er hinzufügte, die vorherrschende Ansicht innerhalb des Königreichs sei. Seiner Ansicht nach treibe US-Präsident Joe Biden die Normalisierung für seine Wahlkampagne voran, oder, wie er es ausdrückte, »politisiere die Normalisierung«. Soweit er Einblick in die amerikanische Meinung habe, betrachten die USA »die Möglichkeit einer Normalisierung als gering, aber der amerikanische Präsident möchte dieses Thema für seinen Wahlkampf aufgreifen«.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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