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New York Times: Wen interessiert schon blutiger Terror?

Der New York Times ist palästinensischer Terror nicht einmal eine Erwähnung wert. (© imago images/Dean Pictures)
Der New York Times ist palästinensischer Terror nicht einmal eine Erwähnung wert. (© imago images/Dean Pictures)

Die New York Times kritisiert, dass Rabin, Peres und Arafat einst den Friedensnobelpreis bekommen haben. Die Begründung ist vielsagend.

Angesichts der dramatischen Eskalation der Situation in Äthiopien hinterfragt die New York Times die Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an Abiy Ahmed. Als jemand, der „den Streitkräften seines Landes befahl, den Widerstand einer aufständischen Region zu brechen“, habe sich der äthiopische Präsident als unwürdiger Preisträger erwiesen.

Nicht zum ersten Mal habe das Friedensnobelpreiskomitee Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidungen geweckt. Allein in den vergangenen drei Jahrzehnten sei mindestens sechs Mal eine fragwürdige bis absurde Wahl getroffen worden. In der Liste finden sich neben dem erwähnten Abiy Ahmed auch US-Präsident Barack Obama, dem selbst nicht klar gewesen sei, womit er die Auszeichnung eigentlich verdient hatte und der in weiterer Folge eine Truppenaufstockung in Afghanistan befohlen und für zahlreiche tödliche Drohnenangriffe verantwortlich zeichnete, und Aung San Suu Kyi, die sich von einer Kämpferin für Demokratie und Menschenrechte zu einer Politikerin entwickelt habe, die Myanmar gegen Vorwürfe in Schutz nahm, die muslimische Minderheit der Rohingya systematisch und brutal zu verfolgen.

Auftritt Arafat

Ebenfalls in der Aufzählung zu finden: die drei Preisträger des Jahres 1994. Auch die Auszeichnungen, die Jassir Arafat, Shimon Peres und Jitzchak Rabin für ihre Anstrengungen erhielten, im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses „Frieden im Nahen Osten zu schaffen“, habe sich demnach im Nachhinein als Fehler erwiesen.

So weit, so wenig kontrovers – dass die Wahl im Jahr 1994 nicht gerade zu den glücklichsten des Komitees gehörte, ist weitgehend unbestritten. Überraschend ist aber, warum das aus Sicht der New York Times so ist. Hier die Begründung in voller Länge:

„Der damalige Premierminister Rabin wurde 1995 von einem israelischen Fanatiker, der gegen ein Friedensabkommen war, ermordet. Seither sind die Bemühungen um eine Lösung des Konflikts wiederholt ins Stocken geraten, unterbrochen von Gewaltausbrüchen und bitteren Beschuldigungen. Die Zweifel an einer vorgeschlagenen Zweistaatenlösung haben sich erst in den letzten Jahren angesichts der Drohungen Israels, das Gebiet im besetzten Westjordanland zu annektieren, verstärkt.“

… oder doch nicht

Das ist eine, zurückhaltend gesagt, originelle Begründung, die weniger durch das besticht, was in ihr enthalten ist, als durch das, was unerwähnt bleibt.

Ja, der israelische Premier Rabin wurde von einem israelischen Attentäter ermordet, doch spricht einiges dafür, dass sogar er zu diesem Zeitpunkt schon ernste Zweifel daran hatte, ob auf dem eingeschlagenen Weg und mit dem „Partner“ Arafat ein Frieden je erreichbar sein werde. Dazu hatten auch die neun Selbstmordattentate beigetragen, die in den zwei Jahren vor Rabins Ermordung von der islamistischen Hamas sowie vom Palästinensischen Islamischen Dschihad begangen und bei denen insgesamt 90 Israelis in den Tod gerissen worden waren.

Die New York Times blendet diese blutigen palästinensischen Anschläge komplett aus: Als Grund für das Scheitern des Friedensprozesses führt sie das Attentat eines Israelis auf einen anderen Israeli an, hüllt sich aber über die zahlreichen Massaker in völliges Schweigen, bei denen Palästinenser Israelis ermordeten – sie findet nur relevant, dass Jigal Amir Premier Rabin erschoss.

Dass im Jahr 2001 palästinensische Terrorgruppen neben anderen Gewalttaten 40 Selbstmordattentate begingen, bei denen 69 Israelis getötet wurden, und im Jahr darauf 238 Israelis bei 47 Selbstmordanschlägen in Stücke gerissen wurden, das hatte aus Sicht der New York Times offenbar so wenig Bedeutung für den Friedensprozess, dass es nicht einmal erwähnt zu werden braucht.

Genauso wenig übrigens wie die Ablehnung mehrerer israelischer Friedensvorschläge durch Arafat und dessen Nachfolger Mahmud Abbas, der Aufstieg der Hamas und deren Machtergreifung im Gazastreifen 2007, die zehntausenden von Palästinensern abgefeuerten Raketen, die seither die israelische Zivilbevölkerung terrorisieren, sowie der Umstand, dass die Palästinenser seit geraumer Zeit nicht einmal mehr bereit sind, sich mit Israelis auch nur an einen Verhandlungstisch zu begeben. Von diffusen „Gewaltausbrüchen“ ist die Rede, mehr aber nicht. Und für Arafat, der für viele der Entwicklungen maßgeblich verantwortlich war, findet die New York Times nicht ein einziges Wort der Kritik.

„Print to Fit“

Viel wichtiger findet sie schließlich, „Drohungen Israels, das Gebiet im besetzten Westjordanland zu annektieren“. Die gab es zwar nicht, denn vom gesamten Westjordanland war in den Plänen zur Ausweitung israelischer Souveränität nie die Rede, aber derartige Kleinigkeiten zählen für die New York Times nicht: Für „Zweifel an einer vorgeschlagenen Zweistaatenlösung“ sorgt in ihrer im wahrsten Sinne des Wortes verrückten Sichtweise stets Israel – selbst wenn es nur um Ankündigungen geht, die überhaupt nicht umgesetzt wurden. Und wer die „vorgeschlagene Zweistaatenlösung“ in den entscheidenden Momenten bisher immer abgelehnt und stattdessen auf Gewalt gesetzt hat, auch das wird den Lesern der Times vorenthalten.

„All the News, That’s Fit to Print“, behauptet die New York Times gänzlich unbescheiden jeden Tag auf ihrer Titelseite. Wie Jerold S. Auerbach detailliert nachgewiesen hat, ist das Gegenteil zutreffend: „Print to Fit“ lautet das wahre Motto des Blattes, wenn es um Israel geht. Gedruckt wird diesbezüglich nicht, was Sache ist, sondern was der seit Jahrzehnten einseitigen und verbohrten Sichtweise entspricht. Der Artikel über die fragwürdigen Entscheidungen des Friedensnobelpreiskomitees hat das in all seiner Kürze und Schlichtheit ein weiteres Mal eindrücklich unter Beweis gestellt.

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