Nach Meinung eines hohen US-Befehlshabers wird die wachsende Beziehung zwischen dem Iran und Russland großen Einfluss darauf haben, ob und wie der Iran sein Verhalten in Syrien mäßigt – oder nicht.
Mike Wagenheim
Der oberste Befehlshaber der US-Luftwaffe im Nahen Osten erklärte, dass die unverhohlene russische Aggression gegen die amerikanischen Streitkräfte im syrischen Luftraum für das Pentagon Anlass zur Sorge sei und die Gefahr bestehe, diese könnte über kurz oder lang zu ähnlichen Maßnahmen gegen die israelische Luftwaffe führen.
Generalleutnant Alexus Grynkewich, Befehlshaber der Luftstreitkräfte des US-Zentralkommandos, äußerte sich am 21. Juni bei einem Briefing mit Reportern bestürzt über das zunehmend unprofessionelle und gefährliche Verhalten der russischen Piloten. Diese dringen immer wieder in den von den USA genutzten Luftraum über Syrien ein und führen Manöver durch, die einen direkten Konflikt mit den US-Streitkräften wahrscheinlicher machen, die dort vor allem zur Kontrolle, Eindämmung und Beseitigung von Resten des Islamischen Staates (IS) im Einsatz sind.
»Wir betrachten unsere Interaktionen mit den Russen in Syrien natürlich im Zusammenhang mit dem laufenden Konflikt in der Ukraine. Aus meiner Sicht ist die russische Luftwaffe in Syrien aggressiver, vielleicht, um die Tatsache zu kompensieren, dass sie Ressourcen und Kapazitäten aus Syrien abziehen musste, um den Krieg in der Ukraine zu unterstützen«, sagte Grynkewich. Er vermutet, dass das als zentraler Förderer des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad agierende Russland sich außerdem zunehmend dem Iran verpflichtet fühlt, da Teheran Kampfdrohnen nach Moskau liefert, die von den russischen Streitkräften in der Ukraine eingesetzt werden.
Grynkewich kritisierte auch, dass Russland im März einen Piloten mit Orden ausgezeichnet hat, der versehentlich mit einem amerikanischen MQ-9-Flugzeug über dem Schwarzen Meer aneinandergeraten war und dieses abgeschossen hat. Solch eine Denkweise, so der US-Befehlshaber, erhöhe das Risiko, dass gegnerische Kampfflugzeuge, die beide scharfe Waffen an Bord haben, eine Situation tragisch falsch einschätzen.
Der Vorfall »war ein totaler Unfall«, sagte er über das Vorgehen des russischen Piloten. »Als Belohnung für das unprofessionelle Verhalten, das aus Sicht der Luftfahrt absolut ungeheuerlich ist, erhielt der Pilot dann auch noch einen Orden. Wenn eine Luftwaffe so tief gesunken ist, dass sie Medaillen für Dummheiten in der Luft verleiht, muss man sich wirklich fragen, was sie sich dabei denkt.«
Bedrohung für Israel
Israel fliegt regelmäßig Einsätze in Syrien, um feindliche Kräfte auszuschalten, die versuchen, Waffen und andere Güter zu anderen Punkten in der Region zu schmuggeln, und um strategische Ziele entlang dieser Routen anzugreifen, darunter auch syrische Flughäfen. Vor allem der Iran hat in Syrien Fuß gefasst und nutzt es als Basis für die Einfuhr und den Transport von Nachschub für seine israelfeindlichen Stellvertreter in der gesamten Region, darunter die Hisbollah im benachbarten Libanon.
Die Intensivierung der israelischen Hilfe und Unterstützung für die Ukraine war bereits in der Vergangenheit ein Quell großer Spannungen in den israelisch-russischen Beziehungen. Bei einem Vorstoß des Irans besteht die Möglichkeit, dass Russland, das den syrischen Luftraum weitgehend kontrolliert, die Handlungsfreiheit für israelische Operationen im Land stärker einschränkt. Auf die Frage, welche Auswirkungen die russische Unterstützung des Irans auf die israelischen Operationen in Syrien haben könnte, antwortete Grynkewich, die Situation sei komplex und dynamisch.
Er könne zwar »nicht für die Israelis sprechen und darüber, wie sie die russische und iranische Verbindung einschätzen«, aber sagen, dass die wachsende Verbindung zwischen Russland und dem Iran eine Sorge für die Vereinigten Staaten sei, vor allem, wenn die beiden Staaten daran arbeiten würden, »Wege zu öffnen, auf denen der Iran tödliche Hilfe [für seine terroristischen Stellvertreterorganisationen; Anm. Mena-Watch] durch Syrien verschieben kann, die Israel bedroht«.
»Israel ist ganz klar einer unserer engen Partner in der Region – einer von vielen, aber einer, mit dem wir seit vielen Jahren eine langjährige Beziehung und eine lange Geschichte haben«, fügte er hinzu und meinte, es bleibe abzuwarten, wie sich Russlands Beziehungen zum Iran auf seine Beziehungen zu Israel auswirken.
Dies sei etwas, so Grynkewich weiter, »das wir in Abstimmung mit unseren israelischen Partnern genau beobachten und wir werden sehen, wie es sich entwickelt«. Ohne jede Frage hätte Israel jedes Recht, zu seiner eigenen Verteidigung zu handeln, und »die Vereinigten Staaten haben eine eiserne Verpflichtung zur Verteidigung Israels, und das wird auch so bleiben«.
Anti-IS-Koalition
Abschließen erklärte Grynkewich gegenüber den Reportern, Teheran möchte, dass die von den USA geführte Anti-IS-Koalition Syrien verlässt, damit »die mit dem Iran verbündeten Gruppen hochtechnologische konventionelle Waffen und weitere tödliche Ressourcen für ihre eigenen Zwecke durch Syrien transportieren können«, um Israel zu bedrohen.
Seiner Meinung nach wird die wachsende Beziehung zwischen dem Iran und Russland großen Einfluss darauf haben, ob und wie der Iran sein Verhalten in Syrien mäßigt oder nicht. Ein Abbau der Spannungen in der Region sei gut, aber trotz der sich erwärmenden Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran sollte man sich über die Absichten Teherans im Klaren sein, so Grynkewich: »Jedes Regime, das sich mehr darum kümmert, tödliche Unterstützung [für Terrorgruppen] zu leisten, als sich um seine eigene Bevölkerung zu kümmern, wird von Natur aus weiterhin Instabilität schüren. Sie brauchen diese Instabilität, damit sie etwas haben, gegen das sie ihr Volk aufbringen können, um ihre unrechtmäßige Machtposition zu erhalten.«
(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)