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Israels Problem mit der Palästinensischen Autonomiebehörde

Korrupt, undemokratisch und den Terror unterstützend: die palästinensische Führung unter Mahmud Abbas. (© imago images/Kyodo News)
Korrupt, undemokratisch und den Terror unterstützend: die palästinensische Führung unter Mahmud Abbas. (© imago images/Kyodo News)

Die Palästinensische Autonomiebehörde ist korrupt und unterstützt Terror gegen Israel, doch gibt es momentan keine bessere Alternative.

Am 9. Juli beschloss das israelische Sicherheitskabinett Maßnahmen, mit denen ein Zusammenbruch der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) unter deren Vorsitzenden Mahmoud Abbas verhindert werden soll. Israel, so war in der Erklärung zu lesen, werde handeln, »um den Zusammenbruch der Palästinensischen Autonomiebehörde zu verhindern«. Gleichzeitig verlange es aber, dass die PA »ihre israelfeindlichen Aktivitäten in der internationalen juristisch-diplomatischen Arena, die Aufwiegelung in ihren Medien und in ihrem Bildungssystem, die Zahlungen an die Familien von Terroristen und Mördern und die illegalen Bauvorhaben in der Zone C [des Westjordanlands] einstellt«.

Zu den Vorhaben, mit denen Israel die Palästinensische Autonomiebehörde unterstützen will, gehören Erleichterungen bei der Rückzahlung von Geldern, welche sie Israel schulden, die Ausweitung einer neuen Industriezone in der Nähe von Hebron im südlichen Westjordanland sowie die Entwicklung eines Erdgasfelds vor der Küste des Gazastreifens, dessen Erlös der Palästinensischen Autonomiebehörde zugutekommen soll.

Die Erklärung des Sicherheitskabinetts wurde mit acht zu einer Stimme angenommen (abgelehnt hat sie der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir; Finanzminister Bezalel Smotrich hat sich der Stimme enthalten).

Niemand in Israel und erst recht niemand im israelischen Sicherheitsapparat dürfte sich der Illusion hingegeben haben, dass die PA tatsächlich einer der an sie gestellten Forderungen nachkommen würde. Unzählige Male sind derartige Bedingungen in der Vergangenheit bereits formuliert worden, und genauso oft hat die Palästinensische Autonomiebehörde sie ignoriert bzw. ihnen zuwidergehandelt.

So kam es denn auch nicht überraschend, dass die angekündigten israelischen Maßnahmen und Forderungen vom Regierungschef der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammed Shtayyeh –der selbst Judenmörder hochleben lässt und demzufolge es im Bereich der PA nicht etwa zu viel, sondern zu wenig Hetze gegen Israel gebe, – umgehend zurückgewiesen wurden.

Korruption und Terrorfinanzierung

Israel sieht sich hinsichtlich der Palästinensischen Autonomiebehörde mit einem Widerspruch konfrontiert: Auf der einen Seite ist sie ein zutiefst korrupter Apparat, in dem Hunderte Millionen Dollar an internationalen Hilfsgeldern in die Taschen einer Führungsclique fließen, die dank dieser Gelder ein luxuriöses Leben führt, während die Lebensbedingungen für die einfache Bevölkerung von fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven und Armut geprägt sind. Wie schon sein Vorgänger Jassir Arafat ist Präsident Abbas ein überaus reicher Mann, und seine Söhne nagen ebenso wenig am Hungertuch wie die Verwandten und sonstigen Günstlinge der im Westjordanland regierenden Fatah.

Wer die wuchernde Korruption anprangert wie zum Beispiel die palästinensische NGO Coalition for Accountability and Intergrity (AMAN), muss mit harten Repressionen durch einer nach politischen Kriterien besetzten und ihren politischen Herren willfährigen Justiz rechnen.

Präsident Abbas wurde im Januar 2005 für vier Jahre gewählt, und seitdem fand keine Präsidentschaftswahl mehr statt, sodass Abbas bereits seit achtzehn Jahren an der Macht ist. Wahlen zum palästinensischen Parlament (dem Legislativrat) fanden das letzte Mal im Januar 2006 statt, weil die Fatah fürchtet, im Fall einer Neuwahl gegen die islamistische Hamas zu verlieren, die in allen Meinungsumfragen seit Jahren in Führung liegt. Eine Opposition ist im Westjordanland ebenso wenig zugelassen wie im Gazastreifen, der von der Hamas kontrolliert wird.

Nur notgedrungen hält sich die Palästinensische Autonomiebehörde mehr schlecht als recht an die höchst unpopuläre Sicherheitskooperation mit Israel, zu der es allerdings keine Alternative gibt, will sich die Fatah weiterhin an der Macht halten. Gegen Terrorgruppen gehen die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde nur vor, wenn die eigene Macht in Gefahr gebracht zu werden droht. Abgesehen davon können die verschiedenen Terrororganisation, von denen vor allem im nördlichen Westjordanland stets neue entstehen, weitgehend ungehindert agieren. Werden gelegentlich doch einmal Terroristen festgenommen, werden sie in aller Regel rasch wieder freigelassen.

Mit den Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden unterhält die Fatah darüber hinaus eine eigene Terrororganisation, die genauso Anschläge auf Israel durchführt wie die islamistische Konkurrenz von Hamas und Dschihad. Und nach wie vor zahlt die Palästinensische Autonomiebehörde buchstäblich für blutigen Terror gegen Israel: Mehrere hundert Millionen Euro jährlich fließen als sogenannte Märtyrerrenten in die Taschen von in Israel inhaftierten Terroristen oder von deren Angehörigen. Dabei gilt: Je größeres Leid ein Anschlag unter Israelis verursacht, umso mehr Geld gibt es.

Gibt es eine Alternative?

Auf der anderen Seite sieht Israel trotz aller Korruption und Terrorunterstützung keine Alternative dazu, die Palästinensische Autonomiebehörde ungeachtet ihrer stetig sinkenden Popularität in der Bevölkerung weiter an der Macht zu halten. Denn sollte sie kollabieren, würde das entstehende politische Vakuum von Islamisten wie jenen der Hamas oder des Islamischen Dschihads gefüllt werden.

Um das zu verhindern, bestünde die einzige Alternative darin, dass Israel selbst wieder die Verwaltung des Westjordanlands übernimmt, wie dies vor dem Friedensprozess und der damit einhergegangenen Schaffung der Palästinensischen Autonomiebehörde der Fall war. Das mögen rechtsextreme Agitatoren wie Sicherheitsminister Ben-Gvir, die am liebsten die ganze (oder große Teil der) Westbank annektieren wollen, für verlockend halten, doch im Sicherheitsapparat finden solche Forderungen kaum Unterstützung.

So bleibt Israel kaum etwas anderes übrig, als weiterhin der Palästinensischen Autonomiebehörde unter die Arme zu greifen – wohl wissend, dass diese für einen großen Teil der Probleme zumindest mitverantwortlich ist, die zu der massiven Verschlechterung der Sicherheitslage im Westjordanland in den letzten eineinhalb Jahren geführt haben.

Auch der Faktor Zeit scheint nicht im Sinne einer besseren Zukunft zu wirken: Mahmoud Abbas ist 87 Jahre alt und krank, doch gibt es für seine Nachfolge keinen klaren Favoriten. Genannt werden immer wieder der ins Exil nach Dubai geflüchtete ehemalige PA-Sicherheitschef im Gazastreifen Mohammed Dahlan, dem zu Zeiten von US-Präsident Barack Obama gute Beziehungen zu den Amerikanern nachgesagt wurden; weiters Ministerpräsident Mohammad Shtayyeh, Sicherheitschef Jibril Rajoub, Marwan Barghouti, der wegen seiner Terroraktivitäten in Israel inhaftiert ist, oder der stark in der Fatah verankerte Hussein al-Sheikh.

Das Problem mit allen Genannten ist, dass sich keiner von ihnen auch nur pro forma noch zum Ziel eines Friedens mit Israel bekennt. Sollte die Palästinensische Autonomiebehörde nicht kollabieren oder von ihrer Machtposition geputscht werden, wird das PA-Problem Israel also wohl oder übel erhalten bleiben.

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