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Vor dem Ende der Ära Mahmud Abbas?

Anhänger des exilierten Fatah-Funktionärs Mohammed Dahlan bei einem Aufmarsch im Westjordanland
Anhänger des exilierten Fatah-Funktionärs Mohammed Dahlan bei einem Aufmarsch im Westjordanland (© Imago Images / ZUMA Wire)

Dass Russland Abbas’ größten Feind, Mohammed Dahlan, in Moskau empfängt, könnte auf das Ende der politischen Karriere des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde hindeuten.

Pinhas Inbari

Überraschend traf Mohammed Dahlan, der Führer der palästinensischen „Demokratischen Reformbewegung“, am 2. November in Moskau mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen.

Dahlan, ein ehemaliger Fatah-Funktionär, der jetzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebt, ist ein erbitterter Gegner des Führers der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas. Er wird von der Autonomiebehörde beschuldigt, am Zustandekommen Abraham-Abkommen beteiligt gewesen zu sein, jenem Abkommen, mit dem die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain (später auch Marokko und der Sudan) ihre Beziehungen mit Israel normalisiert haben.

In einer auf der Dahlan-Website Fatah Voice veröffentlichten Erklärung hieß es, das Treffen habe sich auf den Aufbau einer nationalen palästinensischen Partnerschaft konzentriert. Dahlan erklärte Russland gegenüber:

„Wir sind zur Versöhnung bereit, und wir haben keine Forderungen und keine Bedingungen, die über die Wünsche aller Patrioten hinausgehen. Die Fatah behauptet weiterhin, sie sei die Vorhut und der vermeintliche Führer, und historisch gesehen, ist das wahr. Aber heute ist sie eine gebrochene Vorhut.“

In einem weiteren Bericht von Fatah Voice hieß es, die beiden Delegationen hätten die jüngsten palästinensischen Entwicklungen und die Möglichkeiten erörtert, “das internationale Quartett [die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und Russland] einzuladen, seine Rolle wiederherzustellen und den Friedensprozess neu zu beleben.“

Beide Seiten, so ein weiterer Bericht, hätten die Bedeutung einer palästinensischen Versöhnung sowie der Mobilisierung arabischer und regionaler Unterstützung betont.

Dies sei ein notwendiger Schritt, um „die Verhandlungen unter der Schirmherrschaft des internationalen Quartetts voranzutreiben, um ein gerechtes Abkommen zu erreichen, das dem palästinensischen Volk seine Hoffnungen und Bestrebungen nach einem unabhängigen Staat erfüllt“, hieß es in dem Bericht.

Lässt Russland Abbas fallen?

Diese Entwicklung sollte nicht vorschnell abgetan werden, da eine enge Beziehung zu Russland [und vorher zur Sowjetunion] einer der Eckpfeiler der Politik von Abbas war und ist.

So haben Isabella Ginor und Gideon Remez, zwei Forscher am Truman-Institut, sowjetische Dokumente aufgedeckt, die zeigen, dass Abbas, als er eine Zeit lang [um 1983] in Damaskus war, als „loyaler, kooperativer und informativer“ russischer Agent diente.

Heute ist es einer der Stolpersteine für die Wiederaufnahme von Gesprächen mit Israel, dass Abbas die führende Rolle der Vereinigten Staaten bei den Friedensgesprächen beharrlich ablehnt.

Stattdessen versucht Abbas, diese Rolle dem internationalen Quartett zu übertragen. Damit wäre Russland den Vereinigten Staaten gleichgestellt, und das Quartett könnte eine internationale Konferenz einberufen, an der Parteien teilnehmen, die Russlands Ansichten näherstehen denen der Vereinigten Staaten.

In Abbas’ Augen ist Dahlan ein rotes Tuch: Er hat ihn aus der Fatah verdrängt, ihn in Ramallah fast verhaften lassen – Dahlan musste aus der Westbank fliehen, vielleicht sogar um sein Leben –, ihn der Korruption beschuldigt und Interpol gebeten, ihn zu verhaften.

Wenn Russland sich nun auf Dahlan zubewegt, muss sich unter den Weltmächten und führenden arabischen Ländern ein Konsens herausgebildet haben, der auf das Ende der politischen Karriere von Abbas hindeutet. Dies könnte auch ein Hinweis darauf sein, warum Abbas nun ebenfalls die Hilfe Russlands sucht, um das Quartett wiederzubeleben.

Pinhas Inbari ist ein langjährige Korrespondent für arabische Angelegenheiten, der früher für den israelischen Rundfunk und die Zeitung Al Hamishmar berichtete. Derzeit arbeitet er als Analyst für das Jerusalem Center for Public Affairs. Der Artikel Tension in the Fatah camp: The end of the Abbas era?“ ist zuerst beim Jewish News Syndicate erschienen. Übersetzung von Alexander Gruber.

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