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Hätte al-Qaida-Chef az-Zawahiri schon früher gestellt werden können?

US-Präsident Trump mit dem Hund Conan, der am Einsatz gegen IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi teilgenommen hatte. Mit dem Namen az-Zawahiri konnte Trump nichts anfangen. (imago images/ZUMA Wire)
US-Präsident Trump mit dem Hund Conan, der am Einsatz gegen IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi teilgenommen hatte. Mit dem Namen az-Zawahiri konnte Trump nichts anfangen. (imago images/ZUMA Wire)

Al-Qaida-Chef Aiman az-Zawahiri hätte vielleicht früher gefunden werden können, aber US-Präsident Trump konnte mit dem Namen nichts anfangen.

Nach der gezielten Tötung von al-Qaida-Chef Aiman az-Zawahiri in Kabul durch amerikanische Raketen vor einer Woche ist eine Debatte wieder aufgebrandet, die schon anlässlich der Ausschaltung von Osama bin Laden 2011 und dem Angriff auf den iranischen Revolutionsgarden-General Qassem Soleimani 2020 geführt wurde: Gibt es eine rechtliche Basis für solche Tötungen, oder widersprechen sie dem Völkerrecht?

Für die Mehrzahl der Völkerrechtler ist es um die rechtliche Grundlage des amerikanischen Vorgehens schlecht bestellt. So auch für den Wiener Völkerrechtler Ralph Janik. Die Antwort hänge von der Frage ab, ob sich die USA und die Terrororganisation al-Qaida aktuell in einem »bewaffneten Konflikt« befänden oder nicht. Läge ein solcher vor, wäre az-Zawahiri ein »legitimes militärisches Ziel« gewesen, andernfalls nicht.

Aber die Anschläge vom 11. September liegen über zwanzig Jahre zurück, und auch die USA behaupten nicht, dass die Ausschaltung des al-Qaida-Chefs der Abwendung einer unmittelbaren Bedrohung gedient habe. Unter diesen Umständen war er für Janik »kein Kämpfer«, seine Tötung daher völkerrechtswidrig.

Allerdings weiß auch Janik, dass die ideale Welt des Völkerrechts mit der realen Welt mitunter wenig gemein hat. Hätten die USA sich an das Völkerrecht gehalten, hätten sie sich an die Taliban wenden müssen, und diese hätten az-Zawahiri »entweder selbst im Rahmen eines fairen Verfahrens bestrafen oder an Staaten ausliefern« sollen, die ein solches Verfahren garantieren. Doch das sei »realpolitisch freilich weltfremd«.

Die Ignoranz des ehemaligen Commander in Chief

Business Insider ruft unterdessen einen NBC-Bericht vom Februar 2020 in Erinnerung, demzufolge die USA az-Zawahiri möglicherweise schon früher hätten ausschalten können. Mehrfach hätten die Geheimdienste versucht, den damaligen Präsidenten, Donald Trump, über die Terroristen zu informieren, die aus Sicht der CIA zur Strecke gebracht werden sollten. Unter ihnen befand sich stets auch der Chef von al-Qaida.

Doch Trump habe keinerlei Interesse daran gezeigt, ihm auf die Spur zu kommen, weil er mit dem Namen az-Zawahiri schlicht nichts anfangen konnte. Er kenne keinen dieser Leute, habe Trump gesagt, und stattdessen immer wieder gefordert, Hamza bin Laden aufzuspüren. Der Sohn von Osama bin Laden spielte zwar keine große Rolle, aber Trump sei völlig auf den bekannten Namen fixiert gewesen.

»Trotz nachrichtendienstlicher Einschätzungen, die zeigten, dass von Zawahiri und seinen im Iran ansässigen Leutnants al-Masri und Saif al-Adil eine größere Gefahr ausging (…), dachte der Präsident anders«, beschrieb ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter die Situation. Trumps »Obsession« auf den Sohn bin Ladens sei ein Beispiel für die Vorliebe des Ex-Präsidenten für die »gezielte Tötung von ›Prominenten‹« gewesen, selbst wenn diese für die damit befassten Experten mit Blick auf die Sicherheit der USA nicht die erste Wahl waren.

Dank Trumps Ignoranz, der bei Briefings prinzipiell nie aufpasste, weil er überzeugt war, ohnehin alles besser zu wissen, wurden Ressourcen auf die Jagd auf Personen fokussiert, deren Tötung ihm einen Auftritt im Scheinwerferlicht garantierten – wie bei der denkwürdigen Pressekonferenz, bei der Trump die Tötung von IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi bekannt gab.

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