Mahmud Abbas ist alt und krank, die Frage der Nachfolge für die PLO immer dringlicher. Die möglichen Kandidaten geben wenig Anlass zu Optimismus.
Mahmud Abbas, der gerade das 17. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit abdient, wurde letzte Woche zwei Mal in ein Spital in Ramallah eingeliefert. Er ist 87 Jahre alt. In seinem Blog auf Times of Israel widmet sich Bishara A Bahbah, Vizepräsident des U.S.-Palestine Council, der einzigen aktiven palästinensischen Lobby in den USA, der Frage nach möglichen Nachfolgern.
In seiner Analyse schließt A Bahbah Wahlen in den Autonomiegebieten aus: Im Westjordanland und im Gazastreifen werden keine Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgehalten werden, weil man befürchtet, dass die Hamas gewinnen könnte. Der PLO-Zentralrat werde die Ablösung von Abbas demnach intern regeln. Die Fatah hat zusammen mit ihren unabhängigen Verbündeten eine Mehrheit im Zentralrat und im Exekutivkomitee der PLO, der neue Fatah-Chef wird daher aller Voraussicht nach PLO-Vorsitzender und damit zugleich Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde sein.
Als aussichtsreichster Kandidat gilt allgemein der Generalsekretär des Exekutivkomitees der PLO, Hussein Al-Sheikh, der derzeit die Allgemeine Behörde für zivile Angelegenheiten und den Koordinierungs- und Kooperationsausschuss mit Israel leitet. Er soll die Unterstützung des Chefs der palästinensischen Sicherheitskräfte genießen. A Bahbah berichtet allerdings von Gerüchten, dass einige einflussreiche Palästinenser seine Wahl um jeden Preis verhindern wollen, weil sie seine Beziehungen mit Israel für zu eng halten.
Als zweiten Anwärter nennt er Generalmajor Jibril Rajoub, den Generalsekretär des Zentralkomitees der Fatah. Was er nicht erwähnt: Rajoub wurde 1970 wegen eines Anschlags auf einen Bus der israelischen Armee in der Nähe von Hebron und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor Gericht gestellt und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Unter den Gefangenen wurde er zu einer prominenten Figur, er führte Hungerstreiks und Proteste an. 1985 war er einer von 1.150 arabischen Gefangenen, die im Austausch gegen drei israelische Geiseln des Generalkommandos der PFLP (Popular Front for the Liberation of Palestine) freigelassen wurden. Nach einer neuerlichen Verhaftung wegen gewalttätiger Aktionen kam er 1987 endgültig frei und machte Karriere unter Jassir Arafat, unter anderem als Vorsitzender des Palästinensischen Olympischen Komitees. In dieser Funktion bezeichnete er im Juni 2012 den Antrag auf eine Schweigeminute zum Gedenken an die elf israelischen Athleten, die 1972 bei den Olympischen Spielen in München von palästinensischen Terroristen ermordet worden waren, als »rassistisch«. Zu enge Beziehungen zu Israel wird man ihm also kaum vorwerfen.
Als möglicher Kompromisskandidat wird Mahmoud Aloul genannt, seit 2017 stellvertretender Vorsitzender der Fatah. Der mit 71 Jahren älteste der drei Kandidaten gilt als Abbas’ Favorit. Aloul war nach dem Sechs-Tage-Krieg von Israel verhaftet und nach Jordanien verbannt worden, wo er sich der Fatah anschloss. In den 1970er Jahren diente er im Libanon als Kommandeur einer Fatah-Brigade, die 1983 acht israelische Soldaten gefangen nahm. 2012 bekräftigte er als Mitglied des Zentralkomitees der Fatah das Recht auf »bewaffneten Widerstand gegen die israelische Besatzung«, niemand habe »den bewaffneten Widerstand aus seinem Wörterbuch gestrichen«, so Aloul damals wörtlich in einem Interview mit dem Sender Watan TV in der Westbank.
Politische Lichtgestalten, die im Interesse der palästinensischen Bevölkerung eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel anstreben, sind nicht in Sicht. Auch nach Abbas dürfte von allen realistischen Optionen die Bewahrung des Status quo das kleinste Übel bleiben.
Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 3. August. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!