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US-Verteidigungsminister: Kein Anzeichen für israelischen Völkermord

Antiisraelische »Völkermord«-Krakeeler stören die Senatsanhörung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin
Antiisraelische »Völkermord«-Krakeeler stören die Senatsanhörung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (Imago Images / USA TODAY Network)

Der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin gab bei einer Senatsanhörung bekannt, dass die USA keinerlei Beweise für einen Völkermord im Gazastreifen hätten.

Andrew Bernard

Washington habe keine Beweise dafür, dass Israel im Gazastreifen Völkermord begeht, sagte Lloyd Austin am Dienstag bei einer Anhörung des Senatsausschusses für die Streitkräfte über den Verteidigungshaushalt 2025, bei der etwa zwanzig Anti-Israel-Demonstranten, die den Beginn der fast dreistündigen Sitzung störten, aus dem Saal entfernt werden mussten.

Er nähme Bezug darauf, was die Demonstranten vorhin angesprochen haben, sagte der republikanische Senator Tom Cotton und wolle deswegen wissen: »Begeht Israel einen Völkermord in Gaza?« – »Wir haben keine Beweise für einen Völkermord. Meines Wissens haben wir dafür keine Beweise«, antwortete Verteidigungsminister Austin, der auch die von Anti-Israel-Demonstranten häufig vorgebrachte Behauptung zurückwies, die Regierung Biden habe »grünes Licht« für einen israelischen Völkermord an den Palästinensern gegeben und sei daran beteiligt gewesen.

Nichts davon hätten er oder jemand anderer in der Regierung auch nur in Ansätzen getan, betonte Austin. »Ich möchte alle daran erinnern, dass das, was am 7. Oktober geschehen ist, absolut schrecklich war. Viele Israelis wurden getötet und danach einige hundert als Geiseln genommen, darunter auch amerikanische Bürger.«

Austin reagierte, nachdem die demokratische Senatorin Elizabeth Warren am vergangenen Freitag in einer Moschee in Boston gesagt hatte, es gebe Beweise dafür, dass Israel Völkermord an den Palästinensern begehe. »Wenn sie das Recht anwenden wollen, glaube ich, dass sie feststellen werden, dass es sich um Völkermord handelt, und sie haben genügend Beweise dafür«, sagte sie am 5. April im Islamischen Zentrum von Boston zu den Anwesenden. Ein Sprecher der Senatorin erklärte gegenüber der Zeitschrift Politico, Warren habe sich dabei auf den laufenden Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof beziehen wollen und nicht ihre Meinung dazu geäußert, ob in Gaza ein Völkermord stattfinde.

Kritik von Demokraten

Warren, die als Mitglied des Senatsausschusses für Streitkräfte ebenfalls an der Anhörung mit Austin teilnahm, benutzte das Wort Völkermord in ihren Fragen und Aussagen während der Sitzung nicht, als sie Israels militärische Operationen gegen die Hamas beschrieb. Als sie Austin zu einer möglichen israelischen Operation in Rafah befragte, schien sie jedoch offizielle Hamas-Opferstatistiken zu zitieren. »Seit Oktober haben die israelischen Angriffe über 30.000 Palästinenser getötet, die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder. Rafah ist zum letzten Zufluchtsort der palästinensischen Zivilbevölkerung geworden und beherbergt inzwischen mehr als 1,4 Millionen Menschen. Minister Austin, glauben Sie, dass ein Angriff auf Rafah, bei dem weitere 30.000 Zivilisten getötet werden, die Sicherheit der USA oder Israels verbessern würde?«

Es habe »viel zu viele zivile Opfer« in dem Konflikt gegeben, antwortete Austin, der Warren mitteilte, dass er diese Botschaft auch an den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant weitergegeben habe. »Dies ist ein Punkt, den ich mit meinem Amtskollegen bei mehreren Gelegenheiten betont habe, gerade erst gestern«, sagte Austin. Im Bericht des Pentagons über das infrage stehende Gespräch zwischen Austin und Gallant war allerdings von palästinensischen Opfern unter der Zivilbevölkerung keine Rede.

Es könne nicht so weitergehen »wie in der Vergangenheit, was die Art von Aktivitäten angeht, die wir in Gaza-Stadt und Khan Yunis gesehen haben. Viel zu viele Zivilisten wurden infolge von Kampfhandlungen getötet, und sie müssen die Zivilisten aus dem Kampfgebiet um Rafah herausholen«, fügte der Verteidigungsminister in seiner Antwort an Senatorin Warren unter Bezug auf Israel hinzu.

Während der Anhörung ging Austin auch auf die Bemühungen der USA ein, die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu verstärken und bestätigte, der provisorische Pier, den Präsident Joe Biden in seiner Rede zur Lage der Nation am 7. März angekündigt hatte, werde noch vor Ende des Monats vor der Küste des Gazastreifens eintreffen.

Elisabeth Warren, der ebenfalls demokratische Senator Tim Kaine und der unabhängige Senator Angus King waren bei der Anhörung die schärfsten Kritiker Israels. Biden hätte die US-Waffenverkäufe an Jerusalem pausieren sollen, nachdem bei einem Luftangriff am 1. April sieben Mitarbeiter eines Hilfskonvois der World Central Kitchen getötet wurden, sagte der mit den Demokraten koalierende King. »Ich war überrascht, dass die Regierung genau in der Woche, in der der Angriff auf World Central Kitchen stattfand und die humanitäre Krise anhielt, die Lieferung von zusätzlicher Munition an Israel genehmigte, insbesondere von Offensivmunition. 2.000-Pfund-Bomben dienen nicht zur Verteidigung. Sie sind offensiv und nicht sehr präzise‹.«

Der unabhängige israelische Thinktank Jerusalem Center for Public Affair hingegen argumentierte, dass zu den 2.000-Pfund-Bomben, welche die Vereinigten Staaten an Israel verkauft hatten, auch der BLU-109 »Bunker Buster« gehört, der besonders nützlich ist, um die unterirdischen Tunnelnetze und Betonbunker der Hamas zu zerstören.

Islamische Republik

Austin sah sich auch mit Fragen über die Rolle des Irans bei der Unterstützung radikaler Stellvertretergruppen in der Region konfrontiert. Der republikanische Senator Dan Sullivan fragte den Verteidigungsminister, ob die Marine als Reaktion auf Drohnen- und Raketenangriffe der Huthi auf US-Interessen nicht direkt gegen iranische Schiffe vorgehen sollte: »Warum versenken wir ihre Schiffe nicht?« Den Iran anzugreifen sei ein anderes Thema, sagte Austin, der bestritt, dass der Iran die Vereinigten Staaten direkt angegriffen habe. »Ihre Stellvertreter greifen uns an«, sagte er unter Bezug auf die mit Teheran verbündeten jemenitischen Milizen. »Ich bleibe dabei, dass der Iran für das, was er tut, zur Rechenschaft gezogen werden muss«, fügte Austin hinzu, gab jedoch keine Auskunft darüber, wie diese Rechenschaftspflicht aussehen würde.

Der Vorsitzende der Gemeinsamen Stabschefs, Charles Q. Brown, und Michael McCord, stellvertretender Verteidigungsminister, sagten ebenfalls vor dem Ausschuss aus. Dabei führte Brown gegenüber Senator Sullivan aus, dass er ihm mögliche militärische Reaktionen auf einen erfolgreichen Angriff der Huthi auf ein Schiff der US-Marine erläutern könne, dies ihm aber nur in einem geheimen Rahmen gestattet sei.

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung: Alexander Gruber)

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