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UNO-Bericht: Größter Gewaltanstieg in Syrien seit 2020

Russische Kampfflugzeuge bombardieren die Region Idlib im Nordwesten Syriens
Russische Kampfflugzeuge bombardieren die Region Idlib im Nordwesten Syriens (© Imago Images / ABACAPRESS)

Syrien hat seit Oktober die größte Eskalation der Kämpfe in den vergangenen vier Jahren erlebt, warnte eine UNO-Kommission am Montag in einem Bericht.

Anhand ihrer Analyse betonte die Kommission, dass das Land dringend einen Waffenstillstand brauche. »Angesichts der Unruhen in der Region sind entschlossene internationale Bemühungen zur Eindämmung der Kämpfe auf syrischem Boden unerlässlich«, sagte der Vorsitzende der UN-Untersuchungskommission für Syrien, Paulo Pinheiro.

Dem Bericht zufolge begann die angesprochene Eskalation in Syrien am 5. Oktober 2023, als Explosionen eine Abschlussfeier an einer Militärakademie in Homs erschütterten und mindestens 63 Menschen töteten. Als Vergeltung führten syrische und russische Streitkräfte Luftangriffe auf über 2.300 Orte in den von Rebellen und Islamisten kontrollierten Teilen des Landes durch.

Im Nordosten Syriens (Rojava), so stellte die UNO-Kommission fest, habe wiederum das türkische Militär seine Operationen gegen die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) beschleunigt. Die Kommission wies darauf hin, dass durch diese Angriffe fast eine Million Menschen von Strom und Wasser abgeschnitten worden seien, was einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstelle. Die Gewalt in Rojava wurde auch durch die internen Kämpfe zwischen den SDF und einer Koalition arabischer Stämme in der Region Deir ez-Zor verschärft. »Auch Syrien braucht dringend einen Waffenstillstand«, stellte Pinheiro fest.

Darüber hinaus wies der UNO-Bericht darauf hin, dass die wahllosen Angriffe auf zivile Gebiete sowohl durch die Türkei als auch durch das Assad-Regime Kriegsverbrechen darstellen könnten. »Zivilisten wurden auch bei gezielten Luftangriffen getötet, die in das Muster der türkischen Drohnenangriffe passen. Solche Angriffe können Kriegsverbrechen darstellen«, so der Bericht diesbezüglich. »Die syrischen Regierungstruppen setzten erneut Streumunition in dicht besiedelten Gebieten ein und prolongierten damit die verheerenden und rechtswidrigen Muster, die wir in der Vergangenheit dokumentiert haben«, konstatierte Kommissarin Hanny Megally.

Wirtschaft im freien Fall

Im seit 2011 andauernden Konflikt in Syrien gibt es zahlreiche Fronten, an denen mehrere staatliche und nichtstaatliche Akteure beteiligt sind. Das von der russischen Luftwaffe unterstützte syrische Regime führt weiterhin Angriffe auf von Rebellen gehaltene Gebiete durch, insbesondere in Idlib. Die Hälfte dieser Provinz sowie Teile der Provinzen Aleppo, Hama und Latakia sind die letzten von Rebellen gehaltenen Bastionen im Land.

Hay’at Tahrir al-Sham (HTS), der ehemalige syrische Zweig von Al-Qaida, ist die wichtigste Kraft unter den Dutzenden von verschiedenen Gruppen, die im von den Rebellen kontrollierten Nordwesten operieren. Die Islamisten beherrschen dabei große Teile von Idlib und Teile der Provinzen Aleppo, Hama und Latakia.

»Mehr als neunzig Prozent der Bevölkerung leben heute in Armut, die Wirtschaft befindet sich angesichts der verschärften Sanktionen im freien Fall und die zunehmende Gesetzlosigkeit begünstigt räuberische Praktiken und Erpressung durch Streitkräfte und Milizen«, warnte Pinheiro.

Der UNO-Bericht hält fest, dass seit dem Ausbruch des Kriegs im Gazastreifen am 7. Oktober 2023 die Spannungen innerhalb Syriens zugenommen hätten, was die Befürchtung einer Eskalation zu einem umfassenderen Konflikt zwischen dem ebenfalls in Syrien aktiven Iran, Israel und den USA noch verstärkt hat.

Israel hat Berichten zufolge mindestens fünfunddreißigmal mit dem Iran verbundene Streitkräfte und Einrichtungen in Syrien sowie die Flughäfen von Aleppo und Damaskus angegriffen, was zu einer vorübergehenden Unterbrechung der lebenswichtigen humanitären UN-Lufthilfe führte. Pro-iranische Milizen in Syrien wiederum griffen dem Bericht zufolge über hundertmal amerikanische Stützpunkte in Syrien an, woraufhin die USA ihrerseits mit Schlägen gegen die Milizen reagierten.

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