Erweiterte Suche

UNIFIL: Zahnlose UNO-Truppen im Libanon

Wird die neue Resolution die UNIFIL-Einsätze effektiver machen?
Wird die neue UNO-Resolution die UNIFIL-Einsätze effektiver machen? (© Imago Images / Xinhua)

Die Explosion eines Waffenlagers der Hisbollah in Ain Qanan zeigt, dass auch das neue Mandat der UNIFIL nur mangelhaft ungesetzt wird.

Gaby Spronz

Am 22.09.2020 ereignete sich eine riesige Explosion in Ain Qanan. Laut libanesischer Quellen, handelt es sich um ein Waffenlager der Hisbollah. Über Verletzte oder Tote wurde nichts bekannt gegeben. Videos vor Ort zeigen jedoch einen erheblichen Schaden an Gebäude. Ain Qanan ist ein Dorf im Süden des Libanon mit rund 5600 Bewohnern.

Diese Explosion war kein Einzelfall, sie ist Teil einer langen Liste von ähnlichen Ereignissen mit Explosionen in Wohngebieten. Hier eine Auswahl von bekannt gewordenen Explosionen, hinter denen die Hisbollah vermutet wird:

Experten gehen mehrheitlich davon aus, dass all diese Orte als Waffenlager der Hisbollah gedient haben. Die libanesische Terrororganisation platziert solche Einrichtungen, ähnlich wie die palästinensische Hamas, mit Vorliebe in Wohngegenden. Dabei werden die Bewohner als lebende Schutzschild gegen potentielle israelische Angriffe missbraucht.

UNIFIL ist untätig

Seit 19. März 1978 sind mit UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) internationale Kräfte im Libanon zur Sicherung des Friedens eingesetzt, ein Mandat das 2006, nach dem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah erweitert wurde (UN-Resolution 1701). Einer der Aufgaben der UNIFIL war die Entwaffnung aller Kräfte, die nicht dem libanesischen Militär angehören, um so die Souveränität Libanons wiederherzustellen.

Im Libanon agieren verschiedene Milizen, die wie ein Staat im Staat agieren, wovon die bekanntesten Hisbollah und Amal sind, die auch über Sitze im Parlament verfügen und sind an der Regierung des Landes beteiligt sind.

Die Hisbollah, arabisch für Partei Gottes, ist eine islamistisch-schiitische Partei und eine Miliz im Libanon. Als „Staat im Staat“ kontrolliert die Hisbollah den Libanon nicht nur militärisch, sondern über als Partei auch politisch. In Deutschland ist sie verboten und momentan strebt die Bundesregierung an, die Hisbollah europaweit ganzheitlich als terroristische Organisation einzustufen und nicht deren „militärischen Arm“ wie bisher.

Die der UNIFIL übertragene Entwaffnung der Milizen hat jedoch nicht einmal ansatzweise stattgefunden. Dementsprechend besitzt Hisbollah nach wie vor Waffenlager sowie Waffen-Produktionsstätten.

Die Explosion in Ain Qana wird auf solch ein Waffenlager zurückgeführt. Hisbollah bestritt die Existenz dieses Lagers und erklärte, die Explosion wurde durch einen technischen Fehler in dessen Anlage verursacht – wer diesen Widerspruch versteht sei selig…

Die Aufgaben der UNIFIL beinhalten die Ermittlung solcher Anlagen und deren Eliminierung. Gemäß bisheriger Praxis benötigt UNIFIL die Erlaubnis der libanesischen Behörden für ihre Touren im Libanon sowie für das Betreten von Anlagen. Mehrfach wurde die Erteilung solcher Erlaubnis durch die Hisbollah hintertrieben, was etwa dazu führte, dass die Organisation mehrere Terrortunnel nach Israel bauen konnte, aus Anlagen, an deren Zutritt die UNIFIL zuvor gehindert worden war.

UNIFIL scheiterte auch, die weitere Aufrüstung der Hisbollah zu verhindern. So besitzt Hisbollah inzwischen eine ganze Palette von Waffen. Die Anzahl der Raketen im Besitz der Hisbollah wird je nach Quelle zwischen 120.000 und 150.000 geschätzt, womit sie inzwischen eine der großen militärischen Mächte im Nahen Osten geworden ist.

Die Hisbollah ist militärisch nicht nur im Libanon, sondern auch in Syrien und im Irak aktiv – sowie in Europa, wo sie durch kriminelle Aktivitäten Geld zur Finanzierung beschafft und Waffen und Sprengstoff lagert. Am 26. August 2020 beschoss die Hisbollah Israel, wofür UNIFIL soga gar als Schutzschild missbraucht wurde. Laut Bericht des israelisches Militärs IDF wurde der Beschuss in unmittelbare Nähe zu zwei Stützpunkten der UN-Truppen durchgeführt.

Zahnloser Kompromiss?

Am 31. August 2020 war die Verlängerung des Mandates der UNIFIL im UN-Sicherheitsrat fällig. Die USA und Israel pochten auf eine Neudefinition des Mandates, um die Effektivität desselbigen zu erhöhen. Dies sollte u. a. die Bewegungsfreiheit und den uneingeschränkten Zugang für UNIFIL zu allen Bereichen im Süden des Libanons ermöglichen.

Alle anderen vertretenen Staaten im UN-Sicherheitsrat, einschließlich Deutschland waren jedoch dagegen und wollten das Mandat unverändert verlängern. Durch den Druck eines Vetos seitens der USA  kam es zu einem von Frankreich vorgeschlagenen Kompromiss, der als Resolution 2539 verabschiedet wurde.

Nach dieser Resolution, benötigt UNIFIL weiterhin die Erlaubnis der libanesischen Behörden. Letztere sind jedoch jetzt verpflichtet den uneingeschränkten Zugang der UNIFIL unverzüglich zu ermöglichen. Nach Paragraph 8 der Resolution wird seitens des Generalsekretärs der UNO innerhalb der nächsten 60 Tage ein Bericht zur Umsetzung dieser Maßnahmen erwartet.

Die Explosion in Ain Qana zeugt jedoch von der nach wie vor mangelhaften Umsetzung der neuen Resolution, und es ist nur zu hoffen, dass dies sich ein der Zukunft ändern wird. Eine erfolgreiche Umsetzung der in der Resolution beschlossenen Maßnahmen würde nicht nur der Bevölkerung des Libanon und Israels zugutekommen, sondern zur Beruhigung der gesamten Region beitragen. Auch der Terror und die kriminellen Aktivitäten der Hisbollah in Europa könnten damit eingeschränkt werden.

Der Autor Gaby Spronz ist Redakteur beim Aktionsforum Israel.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!