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Israelkritische tunesische Sängerin Opfer der BDS-Bewegung

Im Visier von BDS: Die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi bei ihrem Konzert in Ost-Jerusalem
Im Visier von BDS: Die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi bei ihrem Konzert in Ost-Jerusalem (© Imago Images / NurPhoto)

Obwohl die populäre Sängerin bei ihrer Tournee versicherte, ihre oberste Priorität sei die palästinensische Frage, wurde sie von der antisemitischen BDS-Bewegung heftig angegriffen, weswegen sie einen Auftritt in Haifa absagte.

Dass sie im Jahr 2017 ihren Auftritt beim Berliner Pop Festival abgesagt hatte, weil die israelische Botschaft die Großveranstaltung mit einem Zuschuss in Höhe von fünfhundert Euro für die Reisekosten von Musikern unterstützte und deshalb zu den Partnern des dreitägigen Festivals zählte, nutze ihr diesmal auch nicht: Nun wurde die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi selbst von der antisemitischen Israelboykott-Bewegung BDS angegriffen, weil sie kürzlich durch das Westjordanland und Israel tourte.

Zunächst sagte sie ihren für letzte Woche geplanten Auftritt in der Fattoush Bar in Haifa ab, nachdem BDS eine Medienkampagne gegen sie geführt hatte. »Wir rufen Tunesier und Araber sowie alle Palästina-Unterstützer auf der ganzen Welt auf, Emel Mathlouthi, ihre Musik und alle ihre Auftritte zu boykottieren«, schrieben die Aktivisten der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung. 

Drei Tage später veröffentlichte Mathlouthi auf ihrer Facebook-Seite eine Erklärung, in der sie die Behauptungen der BDS-Bewegung zurückwies, sie würde »die Besatzung mit kulturellen Mitteln normalisieren«. Die Sängerin wies darauf hin, die palästinensische Frage habe für sie oberste Priorität, was sich in ihren Liedern, Positionen und persönlichen Äußerungen widerspiegle. Dennoch löste ihr geplanter Auftritt in Haifa eine Kontroverse in den sozialen Medien aus, und der Druck von BDS hatte seine beabsichtigte Wirkung. 

»Nach der Kontroverse, welche die Konzerttournee in den palästinensischen Gebieten ausgelöst hat, und um Missverständnisse zu vermeiden, haben wir beschlossen, den Auftritt in der besetzten Stadt Haifa nicht durchzuführen, obwohl der Ort (die Fattoush Bar) in palästinensischem Eigentum ist«, schrieb Mathlouthi weiter. 

Palästinensische Kritik 

Der Angriff auf die Sängerin löste in den sozialen Medien eine heftige Diskussion unter jungen Palästinensern aus, die die BDS-Position ablehnen. Die Aktivistin Athir Ismail schrieb auf Facebook: »Ich bin Palästinenserin. Und ich möchte über das sprechen, was ich will, ohne dass mich jemand von außen beobachtet und mir sagt, wie ich zu kämpfen und zu leben habe.« 

Ismail richtete ihre Kritik an die im Ausland lebenden BDS-Aktivisten, deren Boykottaufrufe sich letztlich auf die in Israel lebenden Palästinenser auswirkten. »Was wisst ihr über unser Leben hier, außer dem, was ihr in den Nachrichten seht und hört?«, fragte sie. »Ihr stellt unsere palästinensische Identität infrage und verhaltet euch wie ein Mann, der meint, einer Frau erklären zu müssen, was sie in ihrem Kampf gegen toxische Männlichkeit tun darf und was nicht, was erlaubt und was verboten ist.«

Die Künstlerin Haya Zaatry aus Nazareth kritisierte die BDS-Aktionen ebenfalls und schrieb: »Die musikalische Aufführung einer arabischen Künstlerin in einem unabhängigen palästinensischen Raum in Haifa zu verhindern oder abzusagen, verschärft nur das kulturelle Embargo, in dem wir (die palästinensischen Bürger Israels, Anm. Mena-Watch) leben, und das ist eine schlechte und gefährliche Sache.« 

Die Sängerin erlangte in Tunesien große Bekanntheit durch ihr Protestlied Kelmti Horra (»Mein Wort ist frei«), das zur Hymne der tunesischen Revolution wurde, woraufhin sie ihr erstes Album unter demselben Titel veröffentlichte. Ihre Musik wurde für die Verbindung tunesischer und westlicher Klänge populär. 

Nicht das erste Mal

BDS hatte schon früher dazu aufgerufen, Künstler aus der arabischen Welt, die in Israel auftreten, zu boykottieren. Ein bekannter Fall war das Konzert im Jahr 2019 des jordanischen Sängers Aziz Maraka in Kafr Yasif im Norden Israels. Danach wurde Maraka in der arabischen Welt mehrere Jahre lang boykottiert und zu keinen Veranstaltungen mehr eingeladen. Letztendlich musste er sich für seinen Auftritt in Israel entschuldigen. 

Auch zu einem Boykott des unter dem Künstlernamen Emsallam bekannten palästinensisch-jordanischen Rappers Msallam Hdaib rief BDS auf, nachdem dieser im Jahr 2018 in Haifa aufgetreten war. Seit damals gibt er in Israel keine Konzerte mehr. Stefan Frank schrieb in einer Analyse für Mena-Watch damals, man können argumentieren, dass die Palästinenser, gemeinsam mit den Juden in der Diaspora, die Hauptopfer von BDS sind:

»Die Juden, die nicht in Israel leben, werden geschädigt, weil die BDS-Kampagne weltweit den Antisemitismus befeuert und sie damit in noch größere Gefahr bringt, Opfer von antisemitischer Beleidigung, Ausgrenzung, Körperverletzung oder sogar Mord zu werden. Die Palästinenser sind Opfer von BDS, weil dieses repressive Regime all ihre Schritte überwacht, sie daran hindert, Kontakte zu Israelis zu pflegen oder dazu zwingt, diese Kontakte geheim zu halten – also ein Doppelleben zu führen –, oder die Konsequenz zu tragen, geächtet und ausgestoßen zu werden; sie erleiden wirtschaftliche Verluste oder können womöglich ihren Beruf gar nicht mehr ausüben.«

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