Nach einem Selbstmordanschlag auf ein Regierungsgebäude in der Hauptstadt Ankara haben türkische Kampfflugzeuge Angriffe auf mutmaßliche Ziele kurdischer Rebellen im Nordirak durchgeführt.
In einer Erklärung des Verteidigungsministeriums hieß es, bei der Luftoperation seien zwanzig Ziele der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zerstört worden, darunter als Unterschlupf dienende Höhlen, Unterstände und Depots.
Zuvor hatten zwei Angreifer eine Bombe vor einem Regierungsgebäude im Zentrum Ankaras gezündet. Nach Angaben der Behörden handelte es sich dabei um einen Terroranschlag, bei dem beide Personen getötet und zwei Polizeibeamte verwundet wurden. Kurdische Kämpfer bekannten sich später zu dem Attentat, welches das erste in der türkischen Hauptstadt seit 2016 war und sich am Sonntag knapp einen Kilometer vom Parlamentsgebäude entfernt ereignete; wenige Stunden bevor die Gesetzgeber nach einer dreimonatigen Sommerpause zurückkehren sollten.
In seiner Rede zur Wiedereröffnung des Parlaments bezeichnete Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den morgendlichen Anschlag als »letztes Aufflackern des Terrorismus« und fügte hinzu, »diejenigen, die den Frieden und die Sicherheit der Bürger bedrohen, haben ihr Ziel nicht erreicht und werden es auch nie erreichen«.
Die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), ein Ableger der militanten kurdischen Gruppe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), bekannte sich im Namen der »Brigade der Unsterblichen« zu dem Anschlag. Dieselbe Gruppe war für zwei Bombenanschläge in der türkischen Hauptstadt im Jahr 2016 verantwortlich.
»Es war ausdrücklich vorgesehen, diese Aktion am Eröffnungstag des Parlaments in unmittelbarer Nähe des Parlamentsgebäudes durchzuführen«, hieß es in einer von einer kurdischen Nachrichtenagentur veröffentlichten Erklärung. Die Gruppe fügte hinzu, dass der Zeitpunkt des Angriffs gewählt wurde, um eine größere Zahl von Opfern zu vermeiden. »Er hat genau wie geplant stattgefunden, ohne irgendwelche Hindernisse.«
Das Attentat in Ankara reiht sich in eine Reihe von Anschlägen ein, die in den letzten Jahren in der Türkei verübt wurden und für die die Behörden größtenteils Mitglieder des Islamischen Staates oder militanter kurdischer Gruppen verantwortlich machten.
Verfassungsänderung angedroht
Innenminister Ali Yerlikaya erklärte auf der Social-Media-Plattform X, zwei Angreifer hätten sich am Sonntag gegen halbzehn Uhr Ortszeit in einem Nutzfahrzeug dem Gebäude der Generaldirektion für Sicherheit genähert. Nach Angaben von Yerlikaya zündete einer der beiden einen Sprengsatz und tötete sich dabei selbst, während der zweite durch Schüsse der vor dem Gebäude stationierten Sicherheitskräfte getötet wurde. Zwei Polizeibeamte seien bei dem Vorfall leicht verletzt worden, fügte er hinzu.
Erdoğan deutete in seiner Rede auch mögliche Änderungen der türkischen Verfassung in der kommenden Legislaturperiode an und scheint damit seine Gegner zu bestätigen, die vor den Wahlen im Mai vor einer zunehmenden Machtkonzentration um das Präsidentenamt gewarnt hatten. Unter Bezugnahme auf einen vereitelten Militärputsch im Jahr 2016 sagte Erdoğan, die Türkei »verdient es, ihren Kampf für Demokratie mit einer zivilen Verfassung zu krönen. Lasst uns diese Sehnsucht nicht aufschieben.«
Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu erließ das Strafgericht in Ankara ein Veröffentlichungsverbot von Informationen über den Anschlag. Die Behörden haben im vergangenen Jahr ein umfassendes neues Gesetz verabschiedet, mit dem »Desinformation« eingedämmt werden soll, wobei denjenigen, die eines Verstoßes gegen dieses Gesetz beschuldigt werden, bis zu drei Jahre Gefängnis drohen.
Wie schon bei früheren Anschlägen beeilten sich Beamte, angebliche Desinformationen über den jüngsten Anschlag in Ankara zu verurteilen. Der Leiter der türkischen Kommunikationsdirektion, einer dem Staatspräsidenten angegliederten Institution, Fahrettin Altun, warnte die Bürger vor der Verbreitung dessen, was er als Desinformationen bezeichnete: »Wir möchten noch einmal betonen, wie wichtig es ist, dass unsere Medien ihre Nachrichtenaktivitäten zu diesem Thema mit Verantwortungsbewusstsein fortsetzen.«
Innenminister Yerlikaya warnte türkische Nutzer sozialer Medien davor, Bilder des Anschlags online zu stellen. »Wir haben eine Untersuchung gegen diejenigen eingeleitet, die Bilder in den sozialen Medien geteilt haben. Ich rufe sie auf, die Bilder zu löschen«, sagte er auf einer Pressekonferenz.
Der Minister dankte den Medien für die Berichterstattung über den Anschlag in Ankara und erinnerte sie gleichzeitig an das vom Obersten Rundfunk- und Fernsehrat (RTÜK) verhängte Sendeverbot. »Der heutige Vorfall hat uns zutiefst verletzt … Lassen Sie mich die Leute warnen, die diese Bilder noch einmal teilen, bitte löschen Sie sie, respektieren Sie unseren Schmerz.«