Razzia in Dschenin vereitelte Terroranschlag des Islamischen Dschihad

Bewaffnete Kämpfer patrouillieren nach dem israelischen Anti-Terror-Einsatz in Dschenin
Bewaffnete Kämpfer patrouillieren nach dem israelischen Anti-Terror-Einsatz in Dschenin (© Imago Images / ZUMA Wire)

Nach dem Hinweis des Shin Bet kamen die Sicherheitskräfte zu dem Schluss, dass sie keine Zeit zu verlieren haben, die Terrorzelle auszuheben.

Yaakov Lappin

Die Entscheidung der israelischen Sicherheitskräfte, am Donnerstagmorgen bei Tageslicht eine groß angelegte Anti-Terror-Operation in Dschenin durchzuführen, war ungewöhnlich und spiegelt die dringende Notwendigkeit wider, einen großen Terroranschlag zu verhindern. Nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen handelte es sich dabei um einen Anschlag des palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ), der in naher Zukunft ausgeführt werden sollte.

Ein Sprecher der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) erklärte, die meisten Sicherheitsoperationen im Westjordanland fänden nachts statt, um die vom Militär als »Spannung« bezeichnete Gefahr von Schusswechseln und Zusammenstößen mit Bewaffneten und Anwohnern zu verringern. Doch dieses Mal rückten die IDF, der israelische Sicherheitsdienst (Shin Bet) und die Anti-Terror-Einheit der Grenzpolizei am helllichten Tag in das überfüllte Gebiet von Dschenin ein und setzten Techniken ein, um in einem städtischen Gebiet zu manövrieren, das ein Zentrum der schwer bewaffneten Kämpfer ist.

Schweres Feuergefecht

Der Zeitpunkt untertags erklärt die hohe Zahl an palästinensischen Opfern, von denen meisten ihnen PIJ-Kämpfer waren. Als sich die Sicherheitskräfte einem Gebäude näherten, eröffneten mehrere Gruppen von Bewaffneten das Feuer auf sie, das die Sicherheitskräfte erwiderten. Neun Palästinenser wurden getötet – nach palästinensischen Angaben acht Bewaffnete und eine Zivilistin. Bei den israelischen Streitkräften gab es keine Verletzten.

»Es wurde heftig auf unsere Kräfte geschossen«, sagte der IDF-Sprecher. Bei der Erwiderung des Feuers wurden mehrere bewaffnete PIJ-Kämpfer, die sich in dem Gebäude in Dschenin aufhielten, getroffen und getötet; ein Terrorist stellte sich. Soldaten des IDF-Ingenieurkorps brachten daraufhin die von den Terroristen angebrachten Sprengsätze zur Explosion.

Als die israelischen Sicherheitskräfte das Gebäude durchsuchten, eröffnete ein weiterer Terrorist, der sich in dem Gebäude versteckt hatte, das Feuer auf sie, und auch er wurde erschossen. Mehrere Bewaffnete flüchteten aus dem Gebäude und zogen das israelische Feuer auf sich, so dass auch sie getroffen wurden, sagte der Sprecher. Zusätzliche bewaffnete Verdächtige eröffneten das Feuer von außerhalb des Gebäudes und wurden ebenfalls von israelischem Feuer getroffen.

Laut einer gemeinsamen Erklärung der IDF, des Shin Bet und der Grenzpolizei drangen die Sicherheitskräfte in Dschenin ein, um eine PIJ-Terrorgruppe festzunehmen, die an mehreren Anschlägen der letzten Zeit beteiligt gewesen war: »Die Operation basierte auf präzisen nachrichtendienstlichen Informationen, die vom ISA [Shin Bet] zur Verfügung gestellt wurden und die die Yamam-Polizeikräfte [Anti-Terror-Einheit], die israelische Grenzpolizei, die IDF und ISA-Kräfte in das Wohnhaus im Flüchtlingslager Dschenin führten, in dem sich die Verdächtigen aufhielten.«

Das israelische Militär prüft auch die Umstände, unter denen die palästinensische Zivilistin, von Schüssen getroffen wurde.

Der IDF-Sprecher sagte, das Militär sei auf verschiedene Szenarien einer aus Vergeltung gestarteten Eskalation aus dem Gazastreifen vorbereitet. Er erinnerte daran, wie der Islamische Dschihad im August als Reaktion auf Ereignisse in Dschenin versuchte, Israelis vom Gazastreifen aus anzugreifen – unter anderem durch die Entsendung von Terrorzellen, die mit Schulterraketen bewaffnet in Richtung der israelischen Grenze unterwegs waren –, was zu der dreitägigen »Operation Breaking Dawn« führte. »Sie haben ihre Aktionen bedauert«, sagte der Sprecher in Richtung des Islamischen Dschihad.

Unmittelbarer Handlungsbedarf

Oberst a.D. Moshe Elad, ehemaliger Leiter des Regionalen Sicherheitskomitees und Koordinator der Palästinensischen Autonomiebehörde, erklärte gegenüber JNS, die Tatsache, dass die israelische Razzia tagsüber stattgefunden habe »zeigt, dass wir sofort gegen diese Zelle vorgehen mussten, die groß angelegte Terroraktionen plante«.

Der aktuelle als Dozent am Western Galilee College in Akko tätige Elad fügte hinzu, der Palästinensische Islamische Dschihad habe im vergangenen Jahr eine führende Rolle beim Terrorismus in der Westbank gespielt und die Hamas in den Schatten gestellt.

Die Hamas ihrerseits sei daran interessiert, im Gazastreifen nicht aufzufallen, sagte Elad, wo sie den Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur fördere und ihren »militärischen Flügel« wieder aufbaue. »Sie versuchen, den PIJ davon abzuhalten, die Dinge zu eskalieren»«, sagte er. »Der PIJ ist in Samaria [im nördlichen Westjordanland; Anm. Mena-Watch] stark, aber sein Hauptschwerpunkt liegt im Gazastreifen, woher er seine Macht bezieht. In Gaza hat der PIJ seine Finanzmittel und von dort aus gibt er Anweisungen an die Zellen in Samaria«, fuhr er fort. »In Samaria werden PIJ-Aktivisten regelmäßig bei IDF-Operationen getroffen.«

Die Palästinensische Autonomiebehörde sei im nördlichen Westjordanland nicht funktionsfähig, sagte Elad. »Orte wie die Kasbah von Nablus und Dschenin stellen exterritoriale Gebiete für die Palästinensische Autonomiebehörde dar, die sie nicht betreten will.« Dschenin ist der Ort, an dem der PIJ in der Westbank am stärksten ist.

»Meiner Einschätzung nach hat die Hamas derzeit kein Interesse an einer Eskalation in Gaza. Sie könnte dem PIJ erlauben, eine Art Überruckventil zu öffnen‹ und als Vergeltung ein paar Raketen auf offene Flächen [in Israel] zu feuern. Aber wir können nicht wissen, wie die Antwort aus Gaza genau ausfallen wird. Die Terrorgruppen dort halten derzeit Dringlichkeitssitzungen ab«, sagte Elad.

Eine Änderung der derzeitigen Politik der Hamas, die zu einer signifikanten Eskalation im Gazastreifen führen würde, sei eher unwahrscheinlich, bleibe aber eine Möglichkeit, und wenn dies geschehe, würde dies wahrscheinlich unter Bezug auf die neue israelische Regierung gerechtfertigt werden, sagte Elad. »Wenn die Hamas etwas unternimmt, wird sie die neue Regierung als Grund für die Eröffnung des Feuers angeben, obwohl sich in Wirklichkeit nichts geändert hat«, fügte er hinzu.

Während sie versucht, in Gaza die Ruhe zu wahren, hat die Hamas aber kontinuierlich daran gearbeitet, Terroranschläge in der Westbank zu fördern. Am Mittwoch gab der Shin Bet bekannt, dass Dutzende Palästinensern festgenommen und verhört wurden, weil sie im Verdacht stehen, mit der Hamas in Verbindung zu stehen. In der Folge entzog das israelische Verteidigungsministerium 230 Personen aus dem Gazastreifen, die mit Organisatoren von Terror in der Westbank verwandt sind, die Erlaubnis zur Einreise nach Israel zu Arbeitszwecken.

Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate(Übersetzung von Alexander Gruber.)

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!