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Israels Verteidigungsminister stellt Friedensplan für Gaza vor

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant präsentierte Friedensplan für Gaza nach Krieg gegen die Hamas
Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant präsentierte Friedensplan für Gaza nach Krieg gegen die Hamas (Imago Images / ZUMA Wire)

Yoav Gallants Vorschlag hält fest, dass es keine Pläne für eine israelische Wiederbesetzung oder Besiedlung des Gazastreifens gibt, nachdem die Ziele des Kriegs erreicht worden sind.

Verteidigungsminister Yoav Gallant hat am Donnerstag einen vierteiligen Plan für den Gazastreifen nach Beendigung des Kriegs mit der Terrorgruppe Hamas vorgelegt. Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) sollen die militärische Kontrolle behalten, aber keine dauerhafte Präsenz vor Ort zeigen. Darüber hinaus werden die lokalen palästinensischen Behörden eine zentrale Rolle bei zivilen Angelegenheiten spielen.

Der Plan, der am Donnerstagabend sowohl im begrenzten Kriegs- als auch im erweiterten Sicherheitskabinett zur Diskussion gestellt werden sollte, sieht weder eine Rolle für die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) noch eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens durch Israel vor. Gallants Vorschläge markieren die erste Vorlage eines hochrangigen israelischen Beamten für die Zeit nach dem Krieg im Gazastreifen, allerdings stellt sie noch keine offizielle Politik dar, da es innerhalb der Koalition große Differenzen zum Thema gibt.

Vor dem Treffen sagte Gallant, sein Rahmenwerk beruhe auf der Annahme, dass die Hamas keine Kontrolle mehr über den Gazastreifen haben und keine Sicherheitsbedrohung für Israel darstellen werde. Sein Plan konzentriere sich auf die zivile Verwaltung des Küstenstreifens, wobei Israel die militärische Kontrolle an den Grenzen behält und das Recht innehat, alle notwendigen militärischen und sicherheitspolitischen Maßnahmen innerhalb des Gazastreifens zu ergreifen.

»Die Bewohner des Gazastreifens sind Palästinenser, daher werden palästinensische Gremien unter der Bedingung, dass es keine feindlichen Handlungen oder Drohungen gegen den Staat Israel gibt, das Sagen haben«, führte Gallant seine Vorstellung aus.

Vier Säulen

Der Plan des Verteidigungsministers, der bereits der US-Regierung vorgelegt und mit anderen Verbündeten erörtert wurde, umfasst vier Säulen für eine zivile Führung im Nachkriegs-Gaza.

  1. Israel wird eine koordinierende und planerische Aufsichtsfunktion in der zivilen Verwaltung innehaben und für die Inspektion eingehender Waren verantwortlich sein.
  2. Eine multinationale Task Force unter Führung der USA und in Zusammenarbeit mit europäischen und gemäßigten arabischen Staaten wird die Verantwortung für die zivilen Angelegenheiten und den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Gazastreifens übernehmen.
  3. Das in dem Plan als »Hauptakteur« bezeichnete Ägypten wird in Abstimmung mit Israel für den wichtigsten zivilen Grenzübergang zum Gazastreifen verantwortlich sein.
  4. Die bestehenden palästinensischen Verwaltungsmechanismen werden beibehalten, sofern die zuständigen Beamten nicht mit der Hamas verbunden sind. Die lokalen Behörden, die derzeit für die Abwasser-, Strom- und Wasserversorgung sowie die Verteilung humanitärer Hilfe zuständig sind, werden in Zusammenarbeit mit der multinationalen Task Force weiterhin tätig sein.

Es wird außerdem davon ausgegangen, dass Gallant die Transferierung der Zuständigkeiten für Hilfe und Wohlfahrt weg vom – von Israel als feindlich betrachteten – Palästinenser-Hilfswerk UNRWA ins Auge fasst, was jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Der Plan sieht keine Institution vor, die für die Überwachung von Recht und Ordnung im Gazastreifen zuständig ist, da diese Frage noch nicht geklärt ist. 

Hochrangige Sicherheitsbeamte erklärten gegenüber Medien, die Übergabe der Zuständigkeiten an eine lokale Verwaltung im Rahmen des Plans müsse angesichts der bestehenden Infrastruktur schrittweise und nicht auf einmal erfolgen. Weiters würden Clans, lokale Bürokraten, Regierungsbeamte und sogar Akademiker, die in den Städten und Flüchtlingslagern des Gazastreifens leben, in bestimmten Gebieten zivile Verwaltungsaufgaben übernehmen.

Im Rahmen der Pressekonferenz meinte Gallant, die Frage einer möglichen Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde sei zum jetzigen Zeitpunkt irrelevant, da sie die notwendigen Reformen noch nicht durchlaufen habe. Geht es nach Premierminister Benjamin Netanjahu, kann die PA in ihrer derzeitigen Form unter Führung von Präsident Mahmud Abbas mit der Übernahme des Gazastreifens nicht betraut werden. Die für die multinationale Task Force ausgewählten Verbündeten machten jedoch wiederholt deutlich, ihre Unterstützung für den Wiederaufbau des Gazastreifens hänge davon ab, dass die Autonomiebehörde Gaza mit dem Westjordanland zusammenführt, wobei dieser Prozess Teil einer umfassenderen Initiative ist, die auf eine mögliche Zwei-Staaten-Lösung abzielt.

Amerikanische und israelische Beamte erklärten gegenüber Medien, Netanjahus Berater hätten in privatem Rahmen ihre Unterstützung für eine reformierte PA zum Ausdruck gebracht, die schließlich den Gazastreifen regieren soll, während der Premierminister selbst sich nicht öffentlich zu dieser Idee geäußert hat, da er befürchtet, die rechtsextremen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir zu verprellen. 

Gallants Plan sieht eine Rückkehr der Bewohner des nördlichen Gazastreifens erst dann vor, wenn alle Geiseln, die von Terroristen im Gazastreifen festgehalten werden, freigelassen und zurück in Israel sind. Zugleich hält er explizit fest, dass es keine Pläne für eine Wiederbesetzung oder Besiedlung des Gazastreifens gibt, nachdem die Kriegsziele erreicht worden sind. Gallants Erklärung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die jüngsten Aufrufe von Smotrich und Ben Gvir, die Bewohner des Gazastreifens ins Ausland umzusiedeln und jüdische Siedlungen zu errichten, international auf breite Ablehnung stießen.

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