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Ist der Irak zu Schauplatz des Konflikts zwischen USA und Iran geworden?

Das Weiße Haus gibt in Pressekonferenz Luftschläge auf pro-iranische Milizen im Irak bekannt
Das Weiße Haus gibt in Pressekonferenz Luftschläge auf pro-iranische Milizen im Irak bekannt (© Imago Images / Sipa USA)

Tag für Tag nehmen die Scharmützel zwischen proiranischen Milizen und den Vereinigten Staaten auf irakischem Gebiet zu, was die Frage aufwirft, ob der Irak zu einer Konfliktarena zwischen Washington und Teheran geworden ist.

Wie das US-Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilte, haben die Vereinigten Staaten nach einem Angriff auf einen Luftwaffenstützpunkt am vorgegangenen Wochenende, bei dem amerikanische Soldaten verletzt wurden, drei Einrichtungen im Irak angegriffen, die mit Gruppierungen, die mit dem Iran verbündet sind, in Verbindung stehen. Zuvor hatten am Samstag vier amerikanische Soldaten Gehirntraumata erlitten, als der irakische Luftwaffenstützpunkt Ain Al-Asad von mehreren ballistischen Raketen und Raketen getroffen worden war.

Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Oktober letzten Jahres sind die amerikanischen Streitkräfte im Irak und in Syrien rund 150 Mal von mit dem Iran alliierten Kämpfern angegriffen worden. Am Sonntag kam es dann zu den ersten Todesfällen seit dem 7. Oktober, als drei US-Soldaten bei einem Drohnenangriff in Jordanien getötet wurden, der in Syrien und im Irak operierenden pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin machte ebenfalls am vergangenen Mittwoch in einer Erklärung öffentlich, die US-Streitkräfte hätten »notwendige und angemessene Angriffe auf drei Einrichtungen durchgeführt, die von den vom Iran unterstützten Hisbollah-Brigaden und anderen mit dem Iran verbündeten Gruppen im Irak genutzt werden. Die Präzisionsschläge seien »eine direkte Reaktion auf eine Reihe von eskalierenden Angriffen gegen amerikanische Soldaten und Koalitionsstreitkräfte im Irak und in Syrien, die von iranisch unterstützten Milizen ausgehen«.

Das US-Zentralkommando, das für Operationen im Nahen Osten zuständig ist, teilte mit, die Angriffe seien »auf das Hauptquartier, ein Lager, Raketen- und Raketentrainingslager« und spezielle Drohnenfähigkeiten der Hisbollah-Brigaden gerichtet gewesen.

Diplomatische Schritte

Trotz dieser Scharmützel auf irakischem Territorium erklärte der irakische Nationale Sicherheitsberater Qasim Al-Araji, sein Land wolle nicht zum Schauplatz von Konflikten zwischen anderen Staaten werden, weshalb seine Politik darin bestehe, Probleme mit diplomatischen Mitteln und im Dialog zu lösen und sich nicht auf eine der beiden Konfliktachsen einzulassen.

Der irakische Politiker Abdul Qader Al-Nayel ist jedoch der Ansicht, dass die bewaffneten Milizen, die mit den – dem Iran loyalen – Volksmobilisierungskräften verbunden sind und ihre Angriffe verstärken, den Irak bereits in die Arena des internationalen und regionalen Konflikts gezerrt haben: »Das irakische Territorium wird zu einer der Konfliktachsen im Nahen Osten werden, wenn die regionalen Direktiven dieser proiranischen irakischen Gruppierungen fortgesetzt werden und ihre Angriffe auf amerikanische Stützpunkte anhalten.«

Zu den Gründen, weshalb der Irak zu einem Schauplatz des Konflikts zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten geworden ist, meinte Renad Mansour, Forscher am britischen Chatham House Institute, die Zentralregierung in Bagdad sei »schwach, gespalten und im Grunde nicht in der Lage, den Konflikt zwischen ausländischen Mächten auf ihrem Boden zu kontrollieren.« Mansour fügte hinzu, dass der Irak »zum bevorzugten Spielfeld geworden ist, auf dem die Vereinigten Staaten und der Iran kämpfen, ihre Macht auszuüben und um Einfluss zu konkurrieren versuchen, während das Risiko einer Eskalation für beide Seiten zugleich geringer ist«.

Im selben Zusammenhang urteilte der politische Analyst Manaf al-Moussawi, der Irak sei »ins Zentrum des regionalen und internationalen Konflikts geraten, obwohl die Regierung versucht, das Land von jeder Eskalation fernzuhalten.« So sei der irakische Ministerpräsident Muhammad Shiaa Al-Sudani vor Kurzem nach Teheran gereist, wo es ihm aber nicht gelang, den Waffenstillstand zwischen den bewaffneten pro-iranischen Gruppen und den Vereinigten Staaten zu verlängern. »Al-Sudani wollte einen Waffenstillstand erreichen, wie er während der Bildung der irakischen Regierung vor Monaten geschlossen worden war, aber er scheiterte«, erläuterte al-Moussawi.

Die Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen im Irak, Jeanine Plasschaert, warnte vor den Auswirkungen der Scharmützel zwischen irantreuen und mit den USA verbündeten Gruppierungen auf die Stabilität im Irak, der seit Jahren an einem vom Islamischen Staat verursachten Sicherheitschaos leidet. Der Irak laufe Gefahr, »weiter in den Konflikt im Nahen Osten hineingezogen zu werden. Trotz der Bemühungen der Regierung, eine Eskalation der Spannungen zu verhindern, untergraben die innerhalb und außerhalb der irakischen Grenzen gestarteten Angriffe die Stabilität, die nach harten Anstrengungen im Land erreicht werden konnte«, so der Sonderbeauftragte.

Die Vereinigten Staaten haben neunhundert Soldaten in Syrien und 2.500 Soldaten im Irak im Einsatz, um die lokalen Kräfte zu beraten und zu unterstützen, die versuchen, die Rückkehr des Islamischen Staats zu verhindern.

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