Dass die YPG die Gelegenheit nutzen würden, um zu versuchen, das Rojava (Syrisch Kurdistan) Projekt zu verwirklichen, obwohl die Türkei sich jede Überquerung des Euphrat in Richtung Westen verbeten hatte, war abzusehen. Washington bleibt dabei weiterhin eine Antwort auf die Frage schuldig, wie es eine kurdische Bewegung mit engen Verbindungen zu einer als Terrororganisation eingestuften Gruppe unterstützen kann, die zu den erklärten Feinden eines Nato-Verbündeten gehört. (…) Wieder einmal hat Washington beschlossen, in einer akuten Krisensituation – in diesem Fall angesichts des Aufstiegs des Islamischen Staats – auf einen Stellvertreter zu setzen. Die kurdische YPG-Miliz und die Reste der Demokratischen Kräfte Syriens haben die Kämpfer erfolgreich zurückgedrängt und stehen nun an den Toren des vom Islamischen Staat als Hauptstadt beanspruchten Raqqa. Doch der Preis dafür ist ein verfahrenes Verhältnis zur türkischen Regierung, die das Kriegsbeil in absehbarer Zeit nicht begraben wird. (…) Washington hat sich die größte Mühe gegeben, den Norden Syriens nur als einen vom restlichen Syrienkonflikt unabhängigen Ort der Terrorabwehr zu betrachten. Nun wird immer deutlicher, wie ganz und gar kurzsichtig das war.“ (Scott Lucas: „America’s Flawed, Kurdish-Led Strategy in Northern Syria“)