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Welche Bedeutung hat Botschafteraustausch zwischen dem Sudan und dem Iran?

Der sudanesische Außenminister Ali Al-Sadiq zu Besuch beim iranischen Präsidenten Ibrahim Raisi
Der sudanesische Außenminister Ali Al-Sadiq zu Besuch beim iranischen Präsidenten Ibrahim Raisi (© Imago Images / APAimages)

Nach sieben Jahren Eiszeit hat die sudanesische Regierung die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran auf Botschafterebene wieder aufgenommen, wobei umstritten ist, was Teheran im Gegenzug für die Normalisierung erhalten wird.

Vergangene Woche zitierte der saudische Sender Al-Sharq sudanesische Quellen mit der Aussage, der Sudan habe Abdulaziz Hassan Saleh zum Botschafter Khartums im Iran ernannt, dem ersten Botschafter seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Jahr 2016. Zugleich habe die sudanesische Regierung einen iranischen Botschafter, dessen Name nicht genannt wurde, im Khartum offiziell bestätigt. Beide Seiten, so hieß es, hätten vereinbart, nach Abschluss der logistischen Vorbereitungen die beiden Botschaften wieder zu eröffnen.

Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatten die Staaten die »Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen« und die »Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen auf der Grundlage der gegenseitigen Achtung der Souveränität, der Gleichheit, der gemeinsamen Interessen und der friedlichen Koexistenz« vereinbart, wie es damals in einer gemeinsamen Erklärung hieß. Dem vorausgegangen waren offizielle Treffen von Vertretern beider Länder. So kamen etwa der sudanesische Außenminister Ali Al-Sadiq und sein iranischer Amtskollege Hussein Amir Abdullahian im Juli 2023 in Aserbaidschan am Rande der Sitzung des Ministerausschusses der Bewegung der Blockfreien Staaten.

Im Februar empfing dann auch der iranische Präsident Ibrahim Raisi Al-Sadiq, als dieser an der Spitze einer offiziellen Delegation nach Teheran kam, was den ersten Besuch eines sudanesischen Ministers seit dem Abbruch der Beziehungen zwischen den beiden Staaten darstellte. Der Sudan hatte seine diplomatischen Agenden zum Iran im Jahr 2016 aus Solidarität mit Saudi-Arabien eingestellt, nachdem iranische Demonstranten die saudische Botschaft in Teheran gestürmt hatten.

Waffengeschäfte

Die Enthüllungen über die Akkreditierung eines iranischen Botschafters im Sudan und die offizielle Ernennung eines sudanesischen Amtskollegen fielen mit der Veröffentlichung eines Berichts des Wall Street Journal über den Kauf iranischer Drohnen durch Khartum bei einer Waffenausstellung in Katar zusammen.

Bei dem Geschäft ging es allerdings nicht nur um Drohnen, denn die Zeitung zitierte auch einen nicht näher spezifizierten sudanesischen Beamten namens Muhammad Fatah al-Rahman, der erklärte, mit »einer detaillierte Liste von Waffen« nach Doha gekommen zu sein, die seine »Regierung in ihrem Kampf gegen die von Russland unterstützten Schnellen Eingreiftruppen (RSF) benötigt«, mit der sie sich seit letztem April in einem bewaffneten Kampf um die Macht befindet.

Bei einem Treffen mit iranischen Militärs habe er »den Kauf von tausend Scharfschützengewehren und Nachtsichtgeräten besprochen«: ein Geschäft, das er nach der Sitzung als »lukrativ« bezeichnete, auch wenn er erklärte, die Qualität der erworbenen Waffen sei zwar nur »durchschnittlich«, aber dafür habe er im Vergleich zur Konkurrenz sie »zum halben Preis« erstehen können.

Im Januar dieses Jahres zitierte die amerikanische Agentur Bloomberg westliche Quellen mit der Aussage, dass der Iran »die sudanesische Armee mit Drohnen versorgt«. Drei anonym bleibende westliche Beamte erklärten dabei, der Sudan habe »Lieferungen des Luftfahrzeugs Muhajir 6 erhalten, bei dem es sich um eine einmotorige Drohne handelt, die im Iran von der Al-Quds Aerospace Industries Company hergestellt wird und präzisionsgelenkte Munition trägt«.

Zugleich hieß es, der Iran habe den Sudan gedrängt, ihm im Gegenzug zu militärischer Unterstützung im Bürgerkrieg mit den RSF den Bau eines ständigen Marinestützpunkts an der sudanesischen Küste des Roten Meeres zu gestatten. Der Hafen hätte es Teheran ermöglicht, den Seeverkehr von und zum Suezkanal sowie nach Israel zu überwachen. »Die Iraner sagten, sie wollten den Stützpunkt zum Sammeln von Informationen nutzen«, so Ahmad Hasan Mohamed, ein Geheimdienstberater des sudanesischen Militärchefs in einem Interview. »Sie wollten dort auch Kriegsschiffe stationieren«, doch Khartum habe den Vorschlag abgelehnt, um die USA und Israel nicht zu verärgern, hieß es damals.

Iranische Expansion

Fayez Al-Sheikh, ein Berater des ehemaligen sudanesischen Premierministers, versuchte, die rasche Normalisierung zwischen dem Sudan und dem Iran damit zu erklären, dass die Wiederaufnahme der Beziehungen unter zwei Gesichtspunkten zu sehen sei, wobei der erste im Bedarf der sudanesischen Armee an iranischer militärischer Unterstützung bestehe. »In der Tat ging der diplomatischen Normalisierung eine militärische Zusammenarbeit voraus, wobei der Iran der sudanesischen Armee kürzlich Drohnen geliefert hat.«

Möglicherweise, fuhr er fort, werde die militärische Zusammenarbeit in Zukunft auch die militärische Ausbildung sudanesischer Soldaten und die Bereitstellung technischer Experten umfassen, »wenn der Iran im Gegenzug eine Marinepräsenz vor der sudanesischen Küste erhält. Diese Situation ermöglicht es dem Iran, sich vom Jemen aus auf weiter entfernte Punkte im Roten Meer auszudehnen und zu verbreiten«.

Doch gebe es noch einen anderen Gesichtspunkt, meinte Al-Scheikh, unter dem man die Entwicklung betrachten könne: So könnte Khartum versuchen, »die iranische Karte gegen die Vereinigten Staaten und gegen regionale Länder auszuspielen«, um damit in Verhandlungen ein Druckmittel zu seinen Gunsten aufzubauen.

Im selben Zusammenhang warnte US-Senator Jim Risch, ein republikanisches Mitglied des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats, kürzlich während einer Sitzung zur Untersuchung der Aktivitäten iranischer Stellvertretergruppen im Nahen Osten, Teheran baue seine militärische Präsenz im Sudan rasch aus.

Und Ende Februar zitierte die amerikanische Zeitung Semafor amerikanische und arabische Beamte, der Ausbau der militärischen Beziehungen zwischen dem Iran und der sudanesischen Regierung könnte zu einer Internationalisierung des Bürgerkriegs im Sudan führen und Teheran einen neuen Verbündeten verschaffen, durch den es seine Macht auf das Rote Meer ausdehnen kann.

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