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Alle Jahre wieder: „Jesus war Palästinenser“

Antisemitinnen wie Linda Sarsour behaupten, Jesus sei Palästinenser gewesen
Antisemitinnen wie Linda Sarsour behaupten, Jesus sei Palästinenser gewesen (Quelle: Twitter)

Immer wieder wird dem interessierten Publikum die antisemitische Legende aufgetischt, dass Jesus Palästinenser gewesen sei. Dabei wird das christliche Evangelium so verzerrt, dass es klingt wie der Bericht einer Anti-Israel-NGO

Die britische BBC hat ihren Hörern zu Weihnachten die antisemitische Legende erzählt, Jesus sei Palästinenser gewesen. Das berichtet das Committee for Accuracy in Middle East Reporting and Analysis (CAMERA UK), eine Gruppe, diees sich zur Aufgabe gemacht hat, die großen britischen Medien auf Fehler und Verzerrungen in ihrer Nahostberichterstattung aufmerksam zu machen.

Was ist passiert? Am 18. Dezember strahlte BBC World Service im Rahmen seines Programms „Heart and Soul“ eine 27-minütige Sendung mit dem Titel „Black Jesus“ aus, die seither mehrmals wiederholt wurde und im Internet als Podcast abzurufen ist.

BBC World Service ist der internationale Dienst der BBC, der in 27 Sprachen weltweit ausgestrahlt und von geschätzten mehr als 180 Millionen Zuhörern eingeschaltet wird. In der Sendung heißt es:

„Die Identität und Hautfarbe Jesu – und warum das wichtig ist – hat in diesem Jahr des Protests und des Wandels eine neue Bedeutung erhalten. Jesus als dunkelhäutigen Palästinenser und nicht als blonden Europäer zu sehen, ist sowohl historisch korrekt als auch theologisch wichtig, aber es ist keine neue Idee.“

Die Beschreibung Jesu als Palästinenser wird von Moderator Robert Beckford im Lauf der Sendung mehrfach wiederholt. So sagt er bei Min. 01:16: „Obwohl es für einen palästinensischen Juden des ersten Jahrhunderts realistischer ist, dass Jesus dunkelhäutig war, ist der weiße Jesus irgendwie das beliebteste und akzeptierteste Bild geworden.” Bei Min. 25:37 sagt er: „Die Hautfarbe Jesu ist buchstäblich und symbolisch wichtig. Ein palästinensischer Jude des ersten Jahrhunderts hatte Farbe“.

Palästina zu Jesu Zeiten?

Gab es zu Jesu Zeit ein Palästina? Nein. Gibt es in der Bibel ein Palästina? Nur in älteren Übersetzungen und als ein Missverständnis.

In alten englischen Übersetzungen des Alten Testaments wie der King James Bible wird an einigen Stellen, wo vom Land der Philister die Rede ist, das hebräische Wort Peleschet mit Palestina (nicht mit dem heutigen englischen Wort Palestine) übersetzt; neuere englische Übersetzungen hingegen benutzen richtigerweise Philistia, auf Deutsch: Philistäa oder Philisterland. Jesus war aber kein Philister – ein Volk, das um 1200 v. Chr. in der Region lebte –, sondern Jude.

Nirgendwo im Neuen Testament kommt das Wort „Palästina“ vor. Die Rede ist vielmehr davon, dass Jesus „zu Bethlehem in Judäa“ (Matth. 2,1) geboren wird. Erst nach der Niederschlagung des jüdischen Bar-Kochbar-Aufstands im Jahr 135 n. Chr. benannten die Römer die Provinz Judäa in „Syria Palestina“ um.

Jesus als Palästinenser zu bezeichnen, ist nicht bloß ein Anachronismus, sondern es steckt eine politische Absicht dahinter. Während sich viele Juden im britischen Mandatsgebiet Palästina vor der israelischen Staatsgründung als Palästinenser bezeichneten und damit nichts anderes meinten, als dass sie Bewohner der geografischen Region Palästinas waren, ist Palästinenser seit 1967 ein politischer Begriff, der Juden stets ausschließt.

Wer heutzutage von Palästinensern spricht, meint Arabisch sprechende Muslime und Christen, aber niemals Juden, egal ob sie in Tel Aviv, Jerusalem oder Hebron leben. Wer also sagt, Jesus sei Palästinenser gewesen, sagt damit indirekt, dass Jesus kein Jude gewesen sei.

Von Arafats Werkzeugkasten …

Die dem Neuen Testament völlig widersprechende Behauptung, deren Zweck es ist, jegliche Beziehung der Juden zum Land Israel zu leugnen, stammt aus dem ideologischen Werkzeugkasten von Jassir Arafat und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Wenn man glauben machen will, dass die ersten Juden erst im 19. Jahrhundert ins Land gekommen seien, dann darf Jesus natürlich kein Jude gewesen sein.

Obendrein suggeriert die Rede vom „Palästinenser Jesus“, dass es im antiken Judäa bereits Araber gegeben habe, obwohl diese sich erst Jahrhunderte später in der Region ansiedelten.

Gleich bei seinem ersten Besuch in Bethlehem am 23. Dezember 1995 – kurz nach Unterzeichnung der Oslo-Abkommen – sprach Jassir Arafat davon, dass Jesus „Palästinenser“ gewesen sei. Die Idee hatte er aber schon früher. Ein Artikel der Jerusalem Post erwähnt, dass Arafat schon 1983 bei einer UN-Pressekonferenz bei den Vereinten Nationen im Jahr 1983 Jesus als „den ersten palästinensischen Fedayee [Milizionär], der sein Schwert trug“, bezeichnete und während eines Besuchs im Vatikan einige Jahre später Papst Johannes Paul II. den „Nachfolger von Peter, dem ersten palästinensischen Papst”, nannte.

Die heutige Palästinensische Autonomiebehörde schreibt dieses Narrativ fort. Am 24. Dezember 2020 verschickte der PA-Regierungssprecher Ibrahim Melhem folgenden Weihnachtsgruß:

„Erlauben Sie mir, Segen an die christlichen Gemeinden zu senden, die den Gregorianischen Kalender für diesen Feiertag verwenden. Der Feiertag der Geburt des palästinensischen Propheten Jesus, des Sohnes Marias.“

2013 sagte der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas:

„In Bethlehem wurde vor mehr als 2.000 Jahren Jesus Christus geboren, ein palästinensischer Bote“.

Tawfiq Tirawi, ein Mitglied des Fatah-Zentralkomitees, nannte Jesus 2014 den „ersten Palästinenser“. Für den PA-Diplomaten Jabra Shomali war er der „Urgroßvater des palästinensischen Volkes“. Auch als der „erste palästinensische Märtyrer“ haben Arafat und seine Adepten Jesus immer wieder bezeichnet. „Märtyrer“ ist ein Begriff, den sie sonst für getötete Terroristen benutzen.

… ins Arsenal westlicher Israelfeinde

Die Idee vom Palästinenser Jesus ist inzwischen auch in westliche Gesellschaften eingesickert, wie das Beispiel der BBC zeigt (die New York Times korrigierte 2019 nachträglich einen Beitrag, in dem Jesus als Palästinenser bezeichnet worden war).

Diejenigen im Westen, die in Jesus einen Palästinenser sehen wollen, sind fast immer Autoren, die den Staat Israel verabscheuen und auch ansonsten antisemitisches Gedankengut pflegen. Einige Beispiele:

  • Linda Sarsour („Muslime dürfen Israel nicht vermenschlichen“), eine der ursprünglichen Vorsitzenden jenes Komitees, das im Januar 2017 den Women’s March on Washington anführte: Wegen Sarsours offenem Antisemitismus und ihrer Freundschaft zu dem Hitler-Bewunderer Louis Farrakhan wandten sich viele der damaligen Mitstreiterinnen Anfang 2018 von ihr ab. Sarsour sagt: „Jesus war ein Palästinenser aus Nazareth.“
  • Ilhan Omar, die „BDS“-Unterstützerin und Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses, die behauptet, Israel hypnotisiere die Welt und Juden hätten den US-Kongress mit ihrem Geld gekauft.
    Omar verbreitete im April 2019 einen Tweet weiter, in dem es hieß: „Wissen sie [die Christen; S.F.] nicht, dass Jesus Palästinenser war?“
  • Raphael Warnock, der Pastor aus Atlanta, der am 5. Januar zum US-Senator gewählt wurde: Warnock hatte 2019 ein Manifest unterzeichnet, in dem Israels angebliche Unterdrückung der arabischen Bevölkerung in eine Reihe gestellt wurde mit dem Apartheidsregime in Südafrika, der DDR, der Sklaverei in den Südstaaten der USA und sogar dem Holocaust. Zudem lobte Warnock 2013 die rechtsextreme Organisation Nation of Islam des Louis Farrakhan, der seit Jahrzehnten gegen Juden (die für ihn „Termiten“ sind) und Homosexuelle hetzt, als „wichtige Stimme“. In einer seiner Predigten nannte Warnock Jesus „den palästinensischen Bauern, der sagte: ‚Wer durch das Schwert lebt, wird durch das Schwert sterben’.“

Als Pastor sollte es Warnock besser wissen; weder war Jesus ein Bauer noch gar ein palästinensischer.

Es fällt auf, dass alle, die vom „palästinensischen Jesus“ sprechen, den jüdischen Zusammenhang, in dem Jesus in den Evangelien steht, völlig ausblenden: etwa seine Beschneidung nach jüdischem Brauch, den Schabbat, die jüdischen Feste (das berühmte „letzte Abendmahl“ ist das Sedermahl am Vorabend des Pessahfestes) und natürlich den Tempel, den Jesus laut den Evangelien mehrfach besucht hat, von dem aber die Palästinensische Autonomiebehörde behauptet, dass es ihn nie gegeben habe.

Interessant auch, dass niemand behauptet, Judas Iskariot, König Herodes oder Goliath seien Palästinenser gewesen – nur die Sympathieträger werden zu Palästinensern gemacht.

Agenda der ethnischen Säuberung

So absurd die Sache ist, muss man sie doch sehr ernst nehmen. Sie steht in einem direkten ideologischen Zusammenhang zu den UN-Resolutionen und den Schulbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde, die den jüdischen Bezug zu Jerusalem leugnen. Auf dieser Geschichtsklitterung basiert das Bestreben, die Juden mit Gewalt aus Israel zu vertreiben.

Darüber hinaus schafft der Begriff einen Anknüpfungspunkt zum mittelalterlichen Antijudaismus. Diejenigen, die den Juden vorwarfen, „Gottesmörder“ zu sein, entkleideten Jesus ebenfalls seiner jüdischen Identität und konstruierten einen Gegensatz zwischen Jesus auf der einen und ‚den Juden‘ auf der anderen Seite.

So, wie der mittelalterliche Antijudaismus den Juden den seinerzeit schlimmstmöglichen Vorwurf machte – den des Gottesmordes, des Deizids –, so machen heutige Antisemiten ihnen den nach heutiger Denkungsart schlimmstmöglichen Vorwurf: den des Völkermordes, des Genozids.

Wenn man Jesus zum „Palästinenser“ macht, dann lassen sich der alte und der neue Judenhass leicht verknüpfen. Die biblische Aussage, dass von Israel die Rettung ausgeht, die Juden das „Licht der Welt“ (Jes. 49,6) seien, wird in ihr Gegenteil verkehrt. Die Weltgeschichte erscheint dann als eine, in der zu allen Zeiten böse Juden unschuldige „Palästinenser“ wie Jesus verfolgt und ermordet hätten. Das Evangelium wird so verzerrt, dass es klingt wie der Bericht einer Anti-Israel-NGO.

Wird die Legende von Jesus als Palästinenser oft genug wiederholt, so das Kalkül, werden die Leute irgendwann jedes Mal, wenn sie den Namen Jesus hören, an Palästinenser denken – und umgekehrt. Israels Krieg gegen den Terror von Hamas, Fatah und PFLP kann dann zu einem Krieg gegen Jesus umgedeutet werden.

Dabei hat bzw. hatte Jesus weder für Jassir Arafat und Mahmud Abbas noch für Linda Sarsour und Ilhan Omar irgendeine Bedeutung, zumindest keine geistliche. Eine Funktion hat er für sie nur als eine weitere propagandistische Waffe gegen Israel und die Juden. Wer Jesus einen Palästinenser nennt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass das nicht nur ein falscher Begriff ist, sondern auch einer, der von Leuten kommt, die eine Agenda des Terrors und der ethnischen Säuberung haben.

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