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Nach dem Luftschlag von Damaskus: Wie sieht Irans Zukunft in Syrien aus?

Syriens Außenminister Mekdad empfängt seinen iranischen Amtskollegen Amir-Abdollahian in Damaskus
Syriens Außenminister Mekdad empfängt seinen iranischen Amtskollegen Amir-Abdollahian in Damaskus (© Imago Images / Xinhua)

Der Iran beschleunigt den Rückzug seiner Streitkräfte aus Syrien, nachdem Israel mehrere seiner militärischen Führer angegriffen hat. Bedeutet das einen kompletten Rückzug des Irans aus Syrien?

Die Nachrichtenagentur Agence France-Presse zitierte jüngst eine der libanesischen Hisbollah nahestehende Quelle mit den Worten, die iranischen Streitkräfte hätten »in den vergangenen Wochen die südsyrische Region evakuiert und sich aus ihren Stellungen im Umland von Damaskus, in Daraa und Quneitra im Süden des Landes zurückgezogen«.

Der Direktor der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), Rami Abdelrahman, erläuterte der Agentur gegenüber, der Iran habe seine »Hauptquartiere, beginnend in Damaskus, und dann im Süden des Landes bis hin zur [israelischen] Grenze am Golan evakuiert, um mögliche Angriffe zu vermeiden. Kämpfer der Hisbollah und anderer irakischer Milizen ersetzten die iranischen Streitkräfte in den oben genannten Gebieten.«

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte der Iran seit 2011 rund dreitausend Kämpfer und Militärberater des Islamischen Korps der Revolutionsgarde (IRGC) und Zehntausende pro-iranische Kämpfer und Milizionäre in verschiedenen syrischen Regionen stationiert.

Der SOHR-Leiter sagte jedoch auch, dass der aktuell zu beobachtende Abzug der iranischen Streitkräfte nicht erst im April begonnen habe, da eine Gruppe iranischer Berater aufgrund der israelischen Angriffe bereits im März abgereist sei. Deswegen, so fügte er hinzu, hätten die jüngsten Treffen hochrangiger Offiziere der Revolutionsgarde mit libanesischen und palästinensischen Verbindungsmännern »innerhalb des iranischen Konsulats stattgefunden, da die iranische Führung glaubte, dort vor israelischen Angriffen sicher zu sein«.

Der Israel zugeschriebene Luftschlag auf das Terrortreffen in Damaskus Anfang April war ein schmerzhafter Schlag für den Iran, da dabei sieben Mitglieder der Revolutionsgarde getötet wurden, darunter zwei Anführer, von denen einer der ranghöchste iranische Militärbeamte in Syrien war.

Kein Abzug möglich

Zu den Gründen für die Abzugsbewegungen sagte der leitende Forscher am amerikanischen New Lines Institute, Nicholas Heras, die Evakuierung iranischer Streitkräfte aus der südsyrischen Region und ihr Rückzug von Standorten im Umland von Damaskus, in Daraa und Quneitra in den vergangenen Wochen bedeute, dass »die Revolutionsgarde ihre Kräfte in Syrien infolge des regionalen Drucks und der israelischen Angriffe neu positioniert«.

Heras glaubt auch, dass die direkte Präsenz der Revolutionsgarde in Syrien abnehmen könnte, sie aber Alternativen einsetzen werde, um die so entstehende Lücke zu füllen. Der Experte erklärte, dass »die Revolutionsgarde wahrscheinlich irakische Kämpfer mit Erfahrung in Syrien einsetzen wird, um zu vermeiden, dass sie bei künftigen Angriffen noch weitere ihrer Offiziere verliert«.

Im gleichen Zusammenhang zitierte die saudische Zeitung Al-Sharq Al-Awsat einen mit Syrien vertrauten ehemaligen Regierungsbeamten in Bagdad, der sich zwischen 2015 und 2019 mehrmals mit dem syrischen Präsidenten Bashar Al-Assad getroffen hatte und der nun erklärte, der Iran hege den ernsthaften Verdacht, dass syrische Geheimdienstbeamte gegen die Iraner konspiriert und Informationen über ihre Bewegungen im Land weitergegeben hätten. »Die Iraner untersuchen die Angelegenheit und stehen kurz vor einem Ergebnis«, ergriffen allerdings zugleich auch präventiv Vorsichtsmaßnahmen, um mögliche weitere Anschläge zu verhindern.

Der anonym bleibende Informant wies darauf hin, dass »die Verringerung der militärischen Präsenz nur offizielle Personen betrifft, die öffentlich mit der Revolutionsgarde in Verbindung gebracht werden« und nicht alle Truppen, die loyal zu Teheran stehen. Der Verdacht eines »Verrats der syrischen Sicherheitsdienste« veranlasst den Iran jedoch nicht, das Land wegen seiner strategischen Bedeutung als Störfaktor für Israel aufzugeben. »Ich weiß, dass [der syrische Präsident Bashar] Al-Assad nichts von strategischem Wert zu bieten hat, außer, dass Syriens Lage wichtig ist, um Israels Sicherheit zu beeinflussen – und das kann der Iran nicht aufgeben.«

Der Direktor des Akademischen Zentrums für Iranische Studien, Nabil Al-Atoum, stimmte dieser Einschätzung zu, da für den Iran der Einfluss in Syrien von strategischem Interesse sei, weil das Land »den Treffpunkt für sein Projekt in der Region und den Kreuzungspunkt der militärischen, logistischen und geheimdienstlichen Versorgungslinien für seine Waffen darstellt«. Daher könne und werde der Iran seine Präsenz auf syrischem Gebiet nicht aufgeben.

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