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Feiertag, in einem Jahr, in dem nicht zum Feiern zumute ist

Besonders schwer in diesem Jahr: Feierlichkeiten zum Jom haZikaron in Jerusalem
Besonders schwer in diesem Jahr: Feierlichkeiten zum Jom haZikaron in Jerusalem (© Imago Images / CTK Photo)

Ich versuche seit vielen Jahren, die Geschehnisse in den Ländern des Nahen Osten (von dem Israel nur ein winziger, wenn auch wichtiger Teil ist) wie ein objektiver, unvoreingenommener Analyst mit kühlem Kopf zu sehen und nicht wie der Sohn von Holocaust-Überlebenden.

Es ist kein Zufall, dass ich mit Mena-Watch ein unabhängiges Medium mit einem Team an fundierten Wissenschaftlern und Redakteuren gegründet habe, die genau das tun sollen: Fakten und Qualität statt Hetze und Desinformation liefern, wo immer diese zu kurz kommen – und da haben sie seit mehr als dreizehn Jahren viel zu tun. Dafür ernten wir auch scharfen und eisigen Gegenwind aus verblendeten und uninformierten Kreisen. Aber das wird unser Team nicht davon abhalten, weiterhin Wissenslücken zu schließen, über die Region zu informieren, zu erklären und logisch zu analysieren.

Aber ich? Ich kann gerade nicht mehr nur analytisch sein. Ich bin einfach nur noch traurig. Traurig und ratlos.

Hassfest in Malmö

Soeben war Jom haAtzmaut, der Tag, an dem die Gründung des Staates Israel gefeiert wird. Aber heuer? Wie kann man seit dem 7. Oktober noch feiern, nachdem so viele mitten in Israel ermordet, verstümmelt, vergewaltigt, gefoltert und verschleppt wurden, viele davon inmitten eines Musikfestivals, das dem Frieden gewidmet war?

Und außerhalb Israels? In Malmö fanden gerade anstelle eines verbindenden Musikfestivals fanatische Pro-Palästina, nein, falsch, Pro-Hamas-Demonstrationen statt, die, angeblich, sehr angeblich, dem Wohl der Palästinenser gelten sollten. Voller Hass wurde eine junge israelische Musikerin beim ESC ausgebuht und bedroht. Sogar Musikerkollegen haben sich dieser Hetze angeschlossen. (Wie mir scheint, allen voran jene, die im Gegensatz zu Eden Golan alles andere als eine Augenweide sind. Aber das sagt nur der alte, weiße Mann in mir.)

Von wegen »United by Music«. Ja, es tröstet mich, dass bei den »eurovisionären Volksabstimmungen« aus vielen Ländern der israelische Beitrag auf so viele Höchstwertungen kam wie kein anderer Song, und dass der Hass keine Mehrheitsmeinung zu sein scheint. Aber trotzdem. Auf den Straßen von Malmö wurde »Juden zurück nach Polen« skandiert. Wohin in Polen? Wieder nach Auschwitz?

Der überwiegende Teil derer, die in Israel leben, sind Flüchtlinge oder stammen von Flüchtlingen ab. Nicht nur war und ist Israel seit 1948 die Hoffnung für Juden aus Europa nach dem Holocaust, sondern auch für jene aus arabischen bzw. islamischen Ländern. In allen arabischen Staaten der Region, in denen seit Jahrtausenden, lange vor der Ausbreitung des Islams, Juden gelebt haben, wurden sie ihrer Rechte beraubt und, falls sie nicht vorher in Pogromen umgebracht wurden, vertrieben. Auch für diese Flüchtlinge war Israel eine Überlebenshoffnung. Gibt es irgendwo Demonstranten, die »Juden zurück in die arabischen Länder« schreien?

Damit nicht genug, gibt es aktuell mehr als 200.000 israelische Binnenflüchtlinge. In einigen Landstrichen mussten Evakuierungszonen eingerichtet werden, um die Menschen vor weiterem ständigen Beschuss durch die Terrororganisationen Hamas aus Gaza und Hisbollah aus dem Norden zu schützen.

Alle Juden sind gemeint

Gott sei Dank gibt es Israel. Aber heuer fällt das Feiern so schwer, obwohl die Gründe, die Existenz Israels zu feiern, weiß Gott nicht weniger geworden sind. 

Es gibt noch einen weiteren besonderen Tag um diese Zeit, Jom haZikaron, an dem der über 20.000 Opfer der fünf Kriege und der 76 Jahre des Terrors gegen Israel gedacht wird. Mein Freund Ruben, der in Israel lebt, hat ausgesprochen, was viele fühlen: »Es sind 1.538 zusätzliche Familien, die heuer trauern. Nicht zehn, nicht hundert. Eine ganze Welt an sinnlos zerstörten Leben. Was das mit mir macht? Es gibt mir noch mehr Kraft, dieses Land niemals zu verlassen.«

Wir müssen wohl begreifen, dass es nie aufhören wird, und uns wappnen. 

Glaubt man den Berichten zahlreicher Medien, werden die weltweiten Judenhass-Demos, nicht zuletzt auf den Universitäten der gesamten zivilisierten Welt, auch von unzähligen jüdischen Professoren und Studenten unterstützt. Ein paar davon gibt es, sicherlich. Denkverbote sind bei Juden nicht üblich. Was soll man da noch sagen? Stockholm-Syndrom? Mir fällt da nur eine alte Geschichte ein: 

Zwei jüdische Intellektuelle gehen spazieren und streiten wie üblich hochgebildet und philosophisch über die Grundlagen des Staates Israel. Einer davon ist glühender Zionist, der andere ein glühender Kritiker eines Judenstaats. Jeder von ihnen ist überzeugt, dass nur er selbst recht hat. Oy. Ermüdet von der vielen Bewegung und ihrer hitzigen Diskussion landen sie schließlich erschöpft in einer Bar und jeder bestellt einen Whisky Soda. Der Barkeeper schüttelt verächtlich den Kopf: »Sorry. Wir bedienen hier keine Juden.«

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 15. Mai. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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