Ein Notfallplan sieht vor, bis zu 50.000 Menschen in einem neuen Flüchtlingslager unterzubringen – gut wäre deren Situation dort aber auch nicht.
Sofian Philip Naceur, Der Standard
Sollten Soldaten geschickt werden, wäre das eine bisher beispiellose Verschärfung des Konfliktes. Ägyptens Militärregime, Ankaras Erzfeind in der Region, dürfte einer solchen Intervention nicht tatenlos zuschauen und könnte seinerseits sein Engagement zugunsten Haftars verstärken. Die ägyptische Nachrichtenseite Mada Masr deutete in der Vorwoche an, Ägyptens Unterstützung für Haftar könnte umfangreicher sein als bisher angenommen. Haftar wird von Ägypten durch Materiallieferungen und Trainings unterstützt, doch auch die von Frankreich hochgerüstete ägyptische Luftwaffe fliege immer wieder Angriffe auf GNA-Stellungen, so Mada.
Während ein Ende des Krieges damit in weite Ferne zu rücken scheint, sind es abermals Zivilisten, die einen hohen Preis zahlen. Hunderttausende libysche Zivilisten und zehntausende Geflüchtete aus afrikanischen und asiatischen Ländern sind zwischen den Fronten gefangen und werden akut von den Kämpfen um Tripolis bedroht. (…)
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) schlägt schon seit Wochen Alarm und versucht mit zwielichtigen Methoden, hunderte Geflüchtete, die in einem Transitzentrum ausharren, zum Verlassen der Einrichtung zu bewegen. (…) Das UNHCR könnte darauf setzen, seine Aktivitäten sukzessive nach Tunesien auszulagern, steht die UN-Behörde doch für ihre Kooperation mit Milizen und Innenbehörden in von der GNA kontrollierten Territorien bereits seit Monaten in der Kritik. (…)
Die tunesische Zeitung La Presse berichtet über einen stark erhöhten Andrang libyscher Flüchtlinge an tunesischen Grenzübergängen. Die theoretischen Überlegungen, in der Provinz Tataouine in Südtunesien mitten in der Wüste ein Flüchtlingslager einzurichten, werden dabei offenbar konkreter. Schon 2014 legte die Regierung in Tunis gemeinsam mit dem UNHCR und anderen internationalen Organisationen einen Notfallplan auf, der die Errichtung eines Lagers für bis zu 50.000 Menschen nahe der Stadt Remada vorsieht, sollten wie bereits 2011 zehntausende Menschen aus Libyen flüchten. Erste konkrete Konsultationen über den Notfallplan fanden offenbar in den letzten Tagen statt.
Tunesien wäre angesichts der jüngsten Berichte über Misshandlung, Folter und Elend von in Libyen internierten Geflüchteten in der Tat sicherer. Das Problem dabei: Auch tunesische Behörden internieren seit Jahren Geflüchtete und schieben Menschen nach Libyen oder Algerien ab. (…) Auch wenn die Lage für Geflüchtete in Tunesien besser sein dürfte als in Libyen: Ein sicherer Hafen ist Tunesien keinesfalls.“