Die Türkei und der Iran erobern Einfluss zurück, den sie historisch gesehen lange hatten. Der türkische Vorstoß in Libyen symbolisiert diese Veränderung.
Seth J. Frantzman, The Jerusalem Post
Die Entscheidung der Türkei, Ansprüche auf weite Teile des Mittelmeers zu erheben und Truppen nach Libyen zu entsenden, sollte im Lichte der Politik der Türkei seit dem Fall des Osmanischen Reiches gesehen werden. Die Osmanen verloren Libyen 1912 an die Italiener. Jetzt sind die Türken wieder da.
Die Türkei hat seit dem Ende der Osmanen mit verschiedenen politischen Wegen geliebäugelt. In den 1920er Jahren sah es einige Zeit lang so aus, als würde das Land auseinander fallen. Im Gegensatz dazu hat die Türkei aber die Griechen aus der modernen Türkei verdrängt und auf türkischen Nationalismus und Säkularismus gesetzt, der die europäische Herrschaft aus Istanbul verdrängte und die heutigen Grenzen schuf. Aber Ankara war nie ganz zufrieden. Es hatte das Gefühl, dass seine ehemals mächtige Position geschmälert worden war. (…)
Die vergangenen 10 Jahre haben eine außergewöhnliche Wende gebracht. Die meisten arabischen Länder wurden von innen heraus zerrissen. Wo Monarchien oder der arabische Nationalismus scheiterten, machte ein wachsender religiöser Extremismus Jagd auf schwache Staatsgebilde. (…)
Der Islamische Staat kam und ging. Sogar die Muslimbruderschaft, die sich kurzzeitig im Gazastreifen und sogar in Tripolis und anderen Gegenden an Einfluss gewonnen und sich in u.a. in Tunesien und Jordanien an Wahlen beteiligt hat, konnte nicht den Erfolg einstreichen, den einige für möglich hielten. Der politische Islam ist nicht auf der Siegesstraße.
Was stattdessen passiert ist: Die historisch mächtigen Staaten an der Peripherie der Region, die Türkei und der Iran, machen ihren wachsenden Einfluss im gesamten Nahen Osten geltend. Das Osmanische Reich und das Persische Reich wurden in den 1920er Jahren geschwächt, und europäische Mächte haben deren historische Rollen eingenommen. Aber jetzt, da Europa zunehmend abgekapselt aussieht, steigen diese Länder wieder auf.
Der Vorstoß der Türkei nach Libyen ist nur ein Symbol dieser neuen Weltordnung im Nahen Osten.