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Die Welt schweigt: Taliban führen Steinigung von Frauen wieder ein

Afghanische Exilanten demonstrieren am Internationalen Frauentag gegen das Taliban-Regime
Afghanische Exilanten demonstrieren am Internationalen Frauentag gegen das Taliban-Regime (Imago Images / ZUMA Wire)

Das afghanische Taliban-Regime kann laut Kritikern nur deswegen zu öffentlichen Steinigungen und Auspeitschungen zurückkehren, weil es niemanden gibt, der es für seine Verbrechen zur Rechenschaft zieht.

Der Oberste Führer der Taliban, Hibatullah Akhundzada, kündigte unlängst an, seine Gruppe werde mit der Durchsetzung ihrer Auslegung der Scharia in Afghanistan beginnen und im Zuge dessen auch die öffentliche Auspeitschung und Steinigung von Frauen wegen Ehebruchs wieder einführen.

In einer Audioübertragung des von den Taliban kontrollierten Senders Radio Television Afghanistan sagte Akhundzada diesbezüglich: »Wir werden die Frauen auspeitschen. Wir werden sie [im Falle von Ehebruch] öffentlich zu Tode steinigen. Ihr mögt es eine Verletzung der Rechte der Frauen nennen, wenn wir sie öffentlich steinigen oder auspeitschen, weil diese Strafen mit euren demokratischen Prinzipien in Konflikt stehen. Aber ich vertrete Allah, und ihr vertretet Satan.«

Akhundzada rechtfertigte den Schritt als Fortsetzung des Kampfs der Taliban gegen westliche Einflüsse. »Die Arbeit der Taliban ist mit der Übernahme von Kabul nicht zu Ende, sie hat gerade erst begonnen«, sagte er.

Die Nachricht wurde von afghanischen Frauenrechtsgruppen mit Entsetzen, aber nicht mit Überraschung aufgenommen. Die Demontage jeglicher verbliebener Rechte und des Schutzes für die vierzehn Millionen Frauen und Mädchen des Landes sei nun fast abgeschlossen, sagten sie und fügten hinzu, die Ankündigung der Taliban, die öffentliche Steinigung von Frauen wieder einzuführen, sei durch das Schweigen der internationalen Gemeinschaft ermöglicht worden.

Die Anwältin und Leiterin der afghanischen Menschenrechtsorganisation Women’s Window of Hope, Safia Arefi, erklärte etwa, die Ankündigung verdamme die afghanischen Frauen dazu, in die dunkelsten Tage der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren zurückkehren zu müssen. »Mit dieser Ankündigung des Taliban-Führers hat ein neues Kapitel von Bestrafungen begonnen und die afghanischen Frauen erleben die Tiefen der Einsamkeit: Niemand steht ihnen zur Seite, um sie vor den Strafen der Taliban zu bewahren. Die internationale Gemeinschaft hat sich entschieden, angesichts dieser Verstöße gegen die Rechte der Frauen zu schweigen.«

Afghanische Frauen alleingelassen

Die afghanische Forscherin bei Human Rights Watch (HRW) Sahar Fetrat sagte, vor zwei Jahren hätten die Taliban »noch nicht den Mut gehabt, die Steinigung von Frauen in der Öffentlichkeit zu verkünden, aber jetzt haben sie ihn. Sie haben eine drakonische Maßnahme nach der anderen erprobt und sind nun an diesem Punkt angelangt, weil es niemanden gibt, der sie für ihre Übergriffe zur Rechenschaft zieht. Über den Weg der Körper der afghanischen Frauen fordern und kontrollieren die Taliban ihre moralische und gesellschaftliche Ordnung. Wir sollten alle gewarnt sein, dass mehr und mehr dieser Art kommen wird, wenn wir ihnen nicht Einhalt gebieten.«

Seit ihrer (neuerlichen) Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban die vom Westen unterstützte Verfassung Afghanistans außer Kraft gesetzt und das bestehende Strafgesetzbuch durch ihre rigide und fundamentalistische Auslegung der Scharia ersetzt. Außerdem haben sie Anwältinnen und Richterinnen die Ausübung ihrer Tätigkeit verboten und viele von ihnen wegen ihrer Arbeit unter der vorherigen Regierung ins Visier genommen.

Die afghanische Aktivistin und Mitarbeiterin von Amnesty International Samira Hamidi sagte, in den vergangenen zweieinhalb Jahren hätten »die Taliban die Institutionen zerschlagen, die Dienste für afghanische Frauen leisteten. Die jüngste Befürwortung der öffentlichen Steinigung von Frauen durch ihren Anführer ist jedoch ein eklatanter Verstoß gegen internationale Menschenrechtsgesetze, einschließlich des Cedaw [UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau].« Hamidi sagte, die afghanischen Frauen seien jetzt faktisch machtlos, sich gegen Verfolgung und Ungerechtigkeit zu wehren.

Allein im letzten Jahr haben von den Taliban eingesetzte Richter 417 öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen angeordnet, so Afghan Witness, eine Forschungsgruppe zur Überwachung der Menschenrechte in Afghanistan. Darunter waren 57 Frauen. Zuletzt führten die Taliban im Februar öffentliche Hinrichtungen in Stadien in den Provinzen Jawzjan und Ghazni durch. Dabei hat die Gruppe die Afghanen aufgefordert, den Hinrichtungen und Bestrafungen als »Lektion« beizuwohnen, das Filmen und Fotografieren jedoch verboten.

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