Eine internationale Konvention ist erforderlich, um Terroristen als unrechtmäßige Kombattanten zu definieren und es den Staaten so zu ermöglichen, sie wirksam zu bekämpfen.
Benjamin Kerstein
Der Mythos der Unbesiegbarkeit ist für jede terroristische Organisation von äußerster Wichtigkeit. Solche Organisationen versuchen immer, andere und vor allem Gegner davon zu überzeugen, dass sie nicht zerschlagen werden können. Ganz gleich, was die Behörden tun, so behaupten sie, der Terrorismus werde immer stärker und tödlicher als zuvor aus der Asche auferstehen.
Dieser Mythos wurde vielleicht am besten in einem Satz ausgedrückt, der oft Henry Kissinger zugeschrieben wird: »Wenn eine terroristische Organisation nicht zerstört wird, gewinnt sie.« Dies impliziert, dass die einzige Möglichkeit darin bestehe, den Terroristen zu geben, was sie wollen.
Wie die meisten Mythen ist auch dieser Mythos Unsinn. Es gibt keine Organisation, die nicht vernichtet werden kann, genauso wenig wie es einen Krieg gibt, der nicht zu gewinnen ist. Die Frage ist nicht, ob eine terroristische Organisation zerstört werden kann, sondern ob die Behörden bereit sind, den dafür notwendigen Preis zu zahlen. Und nachdem die Terroristen darum wissen, besteht der Schlüssel zu ihrer Strategie darin, den Feind zu erschöpfen. Früher oder später, so glauben sie, würden die Gesellschaften und insbesondere die demokratischen, die nicht für ihre Geduld und Ausdauer bekannt sind, der Kosten eines »ewigen Kriegs« überdrüssig und geben einfach auf. Oft haben sie Recht. Aber so muss es nicht sein.
Staaten vs. Terroristen
In Wahrheit liegt der Hauptgrund für das Überleben von Terrororganisationen darin, als die internationalen Gesetze und Normen zugunsten von Terroristen ausgelegt sind. Diese Voreingenommenheit macht die Bekämpfung des Terrors zu einem langwierigen, teuren und aufwendigen Prozess. Die Terroristen wissen das ganz genau und versuchen, dies etwa dadurch auszunutzen, als sie sich unter der Zivilbevölkerung einnisten, um die Zahl der zivilen Opfer zu maximieren. Dies zwingt ihre Gegner, ihre militärischen Operationen zu mäßigen, um eine Verletzung des Völkerrechts zu vermeiden, was den Konflikt in die Länge zieht.
Die internationalen Gesetze wurden ursprünglich natürlich nicht formuliert, um Terrorismus zu ermöglichen. Vielmehr sollten sie Zivilisten und Kriegsgefangene schützen, ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleisten, Folter, Missbrauch und Massaker verhindern und ganz allgemein die Schrecken eines Kriegs mildern.
All dies ist schön und gut, aber diese Gesetze leiden unter einem inhärenten Fehler, den Terroristen bis zu seinem Äußersten ausnutzen: Das Völkerrecht gilt für Staaten. Das heißt, wenn ein Staat eine Terrororganisation bekämpft, kommen die Terroristen in den Genuss aller Vorteile des Völkerrechts, haben aber keine daraus resultierenden Verpflichtungen. Für den sie bekämpfenden Staat hingegen gilt exakt das Gegenteil.
Das ist nicht nur offensichtlich ungerecht, es bedeutet auch, dass die Terroristen von Anfang an die Oberhand haben. Terroristen können Zivilisten abschlachten und die Menschenrechte ihrer Opfer verletzen; sie können foltern, misshandeln und massakrieren; sie können kurz gesagt alles tun, um die Schrecken eines Kriegs zu maximieren, ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen. Im Gegensatz dazu liegt ein Staat, der den Terrorismus bekämpft, gewissermaßen unter dem Mikroskop und kann keinen einzigen Fehler begehen, ohne die Verurteilung der Weltöffentlichkeit und eventuelle Sanktionen aller Art auf sich zu ziehen. So ermöglicht und begünstigt das Völkerrecht den Terrorismus.
Reform nötig
Es ist zutiefst bedauerlich, dass diese Situation nach dem 11. September 2001 nicht angegangen wurde, als die Lage bereits so ernst war, dass Änderungen erforderlich gewesen wären. Es gab eine Handvoll nützlicher Reformen wie zum Beispiel die Einstufung von Terroristen als »ungesetzliche Kombattanten« nach US-Recht, aber es wurde keine umfassende Reform des internationalen Rechts vorgenommen. Dieser Fehler muss korrigiert werden.
Der erste Schritt könnte darin bestehen, den Status des »unrechtmäßigen Kombattanten« auch im Völkerrecht zu verankern. Es sollte eine internationale Konvention zu diesem Thema vorgeschlagen und Druck zur dessen Unterzeichnung ausgeübt werden, zunächst auf demokratische Länder und dann auf andere. Darin sollten ungesetzliche Kombattanten als nichtstaatliche Akteure definiert werden, die zur Verfolgung ideologischer, politischer oder religiöser Ziele vorsätzlich systematische Gewalttaten oder Gräueltaten gegen Zivilisten begehen.
Die Konvention könnte Folgendes vorsehen:
- Das Kriegsvölkerrecht findet bei militärischen Operationen gegen ungesetzliche Kombattanten keine Anwendung.
- Unrechtmäßige Kombattanten haben keinen Anspruch auf den Schutz, der rechtmäßigen Kombattanten nach dem Völkerrecht oder den Gesetzen der Unterzeichnerstaaten gewährt wird.
- Die Rechte von unrechtmäßigen Kombattanten werden als null und nichtig betrachtet, solange die Organisation, der sie angehören, die Menschenrechte anderer nicht achtet.
- Hilfsorganisationen, Nichtregierungsorganisationen und anderen internationalen Organisationen ist es untersagt, sich an Aktivitäten zu beteiligen, die direkt oder indirekt ungesetzlichen Kämpfern zugutekommen könnten.
- Jeder, der unrechtmäßige Kombattanten bewaffnet, finanziert oder anderweitig unterstützt, wird selbst als unrechtmäßiger Kombattant betrachtet.
- Staaten, die ungesetzliche Kämpfer bewaffnen, finanzieren oder anderweitig unterstützen, gelten als völkerrechtswidrig und werden automatisch mit Sanktionen und/oder militärischen Maßnahmen belegt.
Derartige Maßnahmen würden das Problem des Terrorismus nicht lösen. Barbarische Gewalt ist eine Konstante in der Geschichte der Menschheit gewesen und wird es vermutlich auch bleiben. Nichtsdestotrotz würde sich das rechtliche Gleichgewicht zugunsten derjenigen verschieben, die den Terrorismus bekämpfen und nicht zugunsten derer, die sich an ihm beteiligen.
Natürlich wird man einwenden, dass die Nationen nicht von ihren Verpflichtungen und Werten abrücken können, wann immer es ihnen passt. Dies ist ein emotionales Argument, aber das Völkerrecht selbst widerspricht dem. In der Vierten Genfer Konvention heißt es beispielsweise in Kapitel 1, Artikel 2:
»Wenn eine der im Konflikt befindlichen Mächte am vorliegenden Abkommen nicht beteiligt ist, bleiben die daran [d. h. an dem vorliegenden Abkommen] beteiligten Mächte in ihren gegenseitigen Beziehungen gleichwohl durch das Abkommen gebunden. Sie sind aber durch das Abkommen auch gegenüber der besagten Macht gebunden, wenn diese dessen Bestimmungen annimmt und anwendet.«
Das ist verworrener Juristenjargon, aber das Ergebnis ist klar: Länder, die in einen Konflikt verwickelt sind, müssen das Übereinkommen nur dann einhalten, wenn der Feind dessen Bestimmungen »annimmt und anwendet«.
Keine terroristische Organisation der Welt hat dies jemals getan. Ihre gesamte Strategie beruht eben darauf, dies zu vermeiden. Anstatt diese Tatsache anzuerkennen zieht es die internationale Gemeinschaft vor, so zu tun, als gäbe es sie nicht. Solange sie damit nicht aufhört, müssen die Staaten, die mit der Bedrohung durch den Terror konfrontiert sind, die internationale Gemeinschaft an ihre eigenen Gesetze erinnern und Änderungen fordern.
Benjamin Kerstein ist Schriftsteller und Redakteur und lebt in Tel Aviv. Lesen Sie mehr von ihm auf Substack, auf seiner Website oder bei Twitter @benj_kerstein. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)