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Syrien: Assad-Regime überschwemmt Nahen Osten mit Captagon

Das syrische Regime überschwemmt den Nahen Osten mit Captagon
Das syrische Regime überschwemmt den Nahen Osten mit Captagon (©Imago Images / Steinach)

Schätzungen zufolge haben regimenahe Netzwerke in Syrien in den vergangenen drei Jahren mindestens sieben Milliarden Dollar am Captagon-Schmuggel verdient.

Die libanesische Hisbollah und das syrische Regime haben in den vergangenen den Nahen Osten mit der Droge Captagon überschwemmt. So wurden in Saudi-Arabien etwa fünfzehn Millionen Pillen beschlagnahmt, in Jordanien 65 Millionen und in den Vereinigten Arabischen Emiraten 86 Millionen. Das hochgradig süchtig machende  amphetaminartige Aufputschmittel wird größtenteils von Netzwerken produziert und vertrieben, die mit der libanesischen Terrororganisation und der Vierten Division des syrischen Militärs in Verbindung stehen, die vom Bruder von Präsident Bashar al-Assad, Maher al-Assad, geleitet wird. 

Captagon wird im Nahen Osten immer beliebter und findet in allen Bevölkerungsschichten Anklang, wie die Leiterin des Projekts über den Captagon-Handel des New Lines Institute, Caroline Rose, gegenüber Medien erklärte: »Die Eigenschaft der Substanz, einen euphorisch machenden Rausch auszulösen, zieht sowohl Freizeitkonsumenten als auch solche an, die ein Trauma verdrängen wollen, während andere Captagon wegen seiner Fähigkeit suchen, die Produktivität zu verbessern, den Schlafbedarf um Stunden hinauszuzögern und den Hunger zu reduzieren.« 

Aus diesem Grund habe Captagon eine große Anziehungskraft »über Klassen, Generationen und Sektoren hinweg und ist sowohl dem wohlhabenden Clubgänger in Dubai, dem Universitätsstudenten in Riad, dem Taxifahrer in Beirut als auch denjenigen ein Begriff, die in Aleppo gegen den Hunger und um die nächste Mahlzeit kämpfen.«

Die Droge wurde vom Regime in Damaskus für seine Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg verwendet und wird seitdem als eine Art Partydroge in der Golfregion eingesetzt, die preiswert ist und minderwertigem Kokain ähnelt. 

Da der Handel inoffiziell abgewickelt wird, sei es laut Rose schwierig, genau zu bestimmen, wie stark das Assad-Regime an dieser illegalen alternativen Einnahmequelle profitiert. »Die bislang beste Schätzung stammt von der Syrischen Beobachtungsstelle für politische und wirtschaftliche Netzwerke, die davon ausgeht, dass regimetreue Netzwerke in den vergangenen drei Jahren mindestens sieben Milliarden Dollar mit dem Captagon-Handel verdient haben.«

Die größten industriellen Produktionszentren der Droge befinden sich in den vom Regime kontrollierten Gebieten und werden von Personen betrieben werden, die eng mit der Assad-Familie, der Eliteeinheit »Vierte Division« und der Hisbollah verbunden sind, erläutert Rose. »Selbst bei erhöhter Aufmerksamkeit, westlichen Sanktionen gegen Produzenten und Händler und Druck seitens regionaler Interessengruppen ist es unwahrscheinlich, dass diese Netzwerke ihre Produktion aus Syrien heraus verlagern werden.«

In Syrien fänden sich nämlich »die industrielle Infrastruktur, die Kooperation der Regierung und die Nachfrage nach alternativen Einnahmequellen, die das Gedeihen des Captagon-Handels begünstigen«, weswegen sich das Land in vergangenen Jahren zu einem regelrechten Narko-Staat entwickelt hat.

Mit militärischer Gewalt gegen Drogenschmuggler

In Riad, Amman und Dubai hat der Captagon-Schmuggel in den vergangenen Jahren zugenommen, zuletzt nach der Normalisierung der Beziehungen zu Assad im Mai 2023, als Syrien nach mehr als einem Jahrzehnt wieder in die Arabische Liga aufgenommen wurde, nachdem es 2011 wegen seines brutalen Vorgehens gegen regimefeindliche Demonstranten ausgeschlossen worden war. 

In den vergangenen Monaten hat der syrische Drogenschmuggel am stärksten das Nachbarland Jordanien getroffen. Der Martin J. Gross Senior Fellow am Washington Institute, Andrew Tabler, erklärte diesbezüglich, dass Jordanien als Transitland für sunnitisch-arabische Golfstaaten wie Saudi-Arabien und die Emirate wichtig sei, da der Transport durch Länder wie den Irak aufgrund von deren Instabilität schwierig ist.

Angesichts dessen, dass der Captagon-Schmuggel eine der wenigen konstanten Einnahmequellen des Regimes ist, sollte niemand »überrascht sein, dass Assad nicht gegen Captagon vorgeht«, erklärte Tabler gegenüber Medien, wobei Jordanien »buchstäblich in die Zwickmühle gerät«.

Die jordanische Armee erklärte Ende Dezember, ihre Streitkräfte hätten sich Feuergefechte mit Schmugglern aus Syrien geliefert, die versuchten, Captagon und Haschisch über die Grenze zu bringen.  Im Januar teilte der Sprecher des jordanischen Außenministeriums, Sufian Qudah, dann einer staatlichen Nachrichtenagentur mit, nach einem weiteren Schmuggelversuch seien weitere Drogen und Waffen beschlagnahmt worden. »Der Drogen- und Waffenschmuggel von Syrien nach Jordanien, dem einige unserer tapferen Offiziere zum Opfer gefallen sind, stellt eine direkte Bedrohung für die Sicherheit Jordaniens dar und wird weiterhin mit aller Entschlossenheit bekämpft, bis er vollständig besiegt ist.«

Amman hat auf die Zunahme des Schmuggels auch mit Luftangriffen direkt in Syrien reagiert, die Berichten zufolge auf mutmaßliche Drogenhändler abzielen. 

Tabler sagte, man müsse Assad einen Anreiz bieten, die Captagon-Produktion einzustellen oder stark einzuschränken. »Das kann man mit Zuckerbrot und Peitsche erreichen, indem man ihn kauft. Das ist es, was er will: Er will Geld für den Wiederaufbau des Landes.« Die andere Möglichkeit, die syrische Drogenproduktion zu unterbinden, sei »militärische Gewalt. Die Jordanier haben das im vergangenen Monat und im letzten Jahr wiederholt getan.«

Militärische Gewalt sei der schnellste Weg, so Tabler abschließend, »das Verhalten von irgendjemandem zu ändern. Aber man muss sie auch durchhalten können. Und es gibt einfach viel mehr Akteure, die vom Captagon profitieren, als es Bomben gibt, um sie auszuschalten. Wir befinden uns also wirklich in einer Sackgasse, wenn wir versuchen herauszufinden, wie wir mit dem Problem umgehen sollen.«

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