Über die Katastrophe, die durch das Pogrom der Hamas über den Süden Israels am 7. Oktober 2023 hereinbrach, und die mangelnde Reaktion in Europa spricht der emeritierte Universitätsprofessor für Publizistik und Kommunikationswissenschaft Maximilian Gottschlich mit Danielle Spera-Engelberg.
In der asymmetrischen Kriegsführung des Terrors, bei der das Leiden der eigenen Bevölkerung bewusst in Kauf genommen und ein eigener Opferstaus erstrebt wird, komme es Gottschlich zufolge zu einer Opfer-Täter-Umkehr, die in der westlichen Welt, in der die Shoah noch immer nicht konsequent aufgearbeitet wurde, bereitwillig aufgenommen wird.
Während es im Umgang mit dem christlichen Antisemitismus nach dem II. Vaticanum positive Entwicklungen gegeben habe, zeige sich im Islam eine Theologie der Gewalt. Israel werde zum kollektiven Juden, wobei nicht erkannt werde, dass es keinen Konnex zwischen dem Verhalten der Juden und den antisemitischen Wahn gebe. Vielmehr seien die sozialpsychologischen Wurzeln des Antisemitismus zu untersuchen.
Im Ringen um die Deutungshoheit, dem »Framing« des Geschehenen, vermisst Gottschlich klare Stellungnahmen vieler Europäer und sieht kritisiert die »vornehme Zurückhaltung« weiter Teile der Zivilgesellschaft.

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Gottschlich leistete in den letzten Jahren mit Büchern wie Die große Abneigung. Wie antisemitisch ist Österreich oder Unerlöste Schatten. Die Christen und der neue Antisemitismus wichtige Beiträge zu einer kritischen Beurteilung der nur oberflächigen Auseinandersetzung mit dem antisemitischen Wahn der Gesellschaft. In einem Gastkommentar in der Tageszeitung Standard wies er darauf hin, dass Der antisemitische Spinn der Hamas den »neuen Antisemitismus« befeuerte, der jedoch auf einen noch immer vorhandenen einschlägigen Bodensatz zugreifen kann.