Der israelische Oppositionsführer Yair Lapid spricht sich für die Zeit nach dem Krieg mit der Hamas für eine provisorische gemeinsame Zivilverwaltung des Gazastreifens durch die USA und ausgewählte arabische Staaten aus.
In seiner bislang eindeutigsten Stellungnahme hat der israelische Oppositionsführer Yair Lapid diese Woche seine Einwände deutlich gemacht, der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) nach Abschluss der israelischen Militäroperation gegen die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen zu übertragen.
»Niemand auf der Welt denkt, dass der Gazastreifen am Tag nach dem Krieg an Abu Mazen [Alias für den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas] übergeben werden sollte. Nicht ein einziger!«, schrieb Lapid letzten Mittwoch in einem Tweet, in dem er auch den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu aufs Korn nahm. »Ich habe darüber mit der amerikanischen Führung gesprochen, mit den Europäern, mit den Leuten von [Benny Gantz’] Partei der Nationalen Einheit, mit wem auch immer Sie wollen«, behauptete der Vorsitzende der Partei Jesch Atid.
Lapids Haltung gegen einen von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Gazastreifen steht offenbar im Widerspruch zu jener der US-Regierung von Präsident Joe Biden, die öffentlich den Standpunkt vertritt, die Palästinensische Autonomiebehörde sei die beste Alternative zur Hamas. Am 8. November erklärte Außenminister Antony Blinken, dass der Gazastreifen der PA übergeben werden müsse, sobald die israelische Operation beendet sei. Die Lösung »muss eine von den Palästinensern geführte Regierung und eine Vereinigung des Gazastreifens mit dem Westjordanland unter dem Dach der Palästinensischen Autonomiebehörde beinhalten«, so Blinken.
Deradikalisierungsprogramm gefordert
Laut einer im November veröffentlichten Umfrage befürworten 89 Prozent der Palästinenser die Einrichtung eines von der Hamas geführten Regierungsorgans. Nur etwa 8,5 Prozent sprachen sich für eine Behörde aus, die ausschließlich von Abbas’ Fatah-Partei kontrolliert wird.
Eine letzten Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Palästinensischen Zentrums für Politik- und Umfrageforschung ergab, dass die Mehrheit der Palästinenser der Meinung ist, der Hamas gebühre es »am meisten, das palästinensische Volk zu repräsentieren und zu führen«. Darüber hinaus gaben fast drei von vier Palästinensern an, die Hamas sei mit ihrem grenzüberschreitenden Terroranschlag vom 7. Oktober im Recht gewesen.
In einer Erklärung am Donnerstag bezeichnete Lapid die Ergebnisse der Umfrage als »beunruhigend für jeden anständigen Menschen«. Sie »stärken nur die Argumente für das Deradikalisierungsprogramm, das ich in meinem Plan für den Tag nach dem Ende dieses Kriegs gefordert habe«, sagte Lapid, der fünf Monate lang Israels Premierminister war, bevor Benjamin Netanjahu Ende vergangenen Jahres wieder ins Amt gewählt wurde.
In einem Dokument, das Anfang Dezember auf Facebook geteilt wurde, forderte Lapids Partei, die Zivilverwaltung des Gazastreifens solle vorübergehend von den USA und arabischen Ländern, mit Ausnahme Katars und der Türkei, sowie von lokalen palästinensischen Akteuren, die »von der Hamas nicht anerkannt werden«, verwaltet werden. Israel werde nicht zustimmen, »dass die Palästinensische Autonomiebehörde eine Rolle bei der Verwaltung des Lebens im Gazastreifen spielt, solange nicht ein umfassendes Deradikalisierungsprogramm in der Autonomiebehörde durchgeführt wird, das die Erziehung gegen Hetze und Aufwiegelung, die Einstellung von Zahlungen an Terroristen und die Bekämpfung der Korruption beinhaltet«.