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Iranischer Drohnenangriff auf Hauptstadt Saudi-Arabiens

Drohne der iranischen Revolutionsgarden
Drohne der iranischen Revolutionsgarden (© Imago Images / ZUMA Wire)

Der Iran prahlt mit der Entwicklung sogenannter „Selbstmorddrohnen“, versucht aber gleichzeitig die eigene Zuständigkeit für die Angriffe zu verschleiern.

Gegen 13 Uhr Ortszeit waren am Dienstag in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad zwei Detonationen zu hören. Augenzeugen sahen eine Rauchwolke, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Es handelte sich offenbar um einen neuerlichen Angriff mit Drohnen, die mit Sprengstoff beladen waren. Unter Berufung auf Augenzeugen berichtete das Wall Street Journal, der Angriff habe wohl dem Diplomatenviertel gegolten. Eine offizielle Stellungnahme Saudi-Arabiens gibt es bislang nicht.

Weil die unbemannten Fluggeräte bei einem solchen Angriff zerstört werden, nennt man sie auch „Selbstmorddrohnen“. Erst drei Tage zuvor hatte es einen derartigen Angriff auf Riad gegeben. Die jemenitischen Houthi-Rebellen, die Verbündeten des Iran, bestreiten ihre Verantwortung. Stattdessen bekannte sich eine bislang unbekannte Gruppe namens Alwiya al-Waad al-Haq, zu Deutsch: Brigade des rechtmäßigen Versprechens.

Doch kaum jemand dürfte im Unklaren darüber sein, wer der Auftraggeber des Angriffs ist und woher die Drohnen stammen. Der Iran habe eine „neue Front“ eröffnet, kommentiert die Londoner Times. Ganz neu ist sie freilich nicht. Hier ist eine unvollständige Liste von Angriffen auf zivile Ziele in Saudi-Arabien und dem Golf von Oman, die seit 2018 mutmaßlich mit iranischen Drohnen und/oder Raketen verübt wurden:

  • März 2018: Erster Angriff auf Riad
  • Mai 2019: Angriff auf Mekka, die heiligste Stätte des Islam
  • Juni 2019: Angriff auf Saudi-Arabiens zivilen Flughafen Abha
  • Seit Juni 2019: Angriffe auf Schiffe im Golf von Oman
  • September 2019: Angriffe auf Saudi-Arabiens Ölanlagen in Bakiak und Churais
  • Juni 2020: Angriff auf Riad
  • Juli 2020: Angriff auf eine Raffinerie in Jizan

Kein Geheimnis

Der Iran macht keine Anstalten, sein Programm zur Entwicklung und Fertigung von Selbstmorddrohnen geheim zu halten – im Gegenteil: Ein Manöver, bei dem die iranischen Streitkräfte Anfang Januar neue Selbstmorddrohnen testeten, wurde von den iranischen Medien mit ausführlicher Berichterstattung gewürdigt.

Zum iranischen Drohnenarsenal gehören laut den Berichten Drohnen, die panzerbrechende Bomben abwerfen können, „radarabsorbierende Farbe”, die verhindern soll, dass die Drohnen entdeckt werden sowie Drohnen für elektronische Kriegsführung. Ein Dokumentarfilm, der im iranischen Fernsehen gezeigt wurde, zeigte eine Selbstmorddrohne, die nach Angaben eines iranischen Offiziers 1.400 Kilometer von ihrem Startort entfernt am Boden explodierte.

Neben den iranischen Inlandsmedien hat auch die englischsprachige Tehran Times ausführlich über die neuen Selbstmorddrohnen berichtet. Da ist etwa von Drohnen die Rede, die mit Raketen oder mit „automatischen schweren Maschinengewehren“ bewaffnet seien. Zudem hätten die iranischen Militärforscher große Fortschritte dabei gemacht, Technik herzustellen, mit der sich die Selbstmorddrohnen leicht zum Einsatzort fahren lassen. So heißt es in dem Bericht:

„Für jene Armeen, die über diese Art von Waffen [Selbstmorddrohnen] verfügen, ist ‚Portabilität’ eine der größten Herausforderungen beim Einsatz gegen den Feind. Das jüngste Manöver hat bewiesen, dass die iranische Armee diese Herausforderung nun gemeistert hat und die Arash-Selbstmorddrohne aus tragbaren Containern starten kann, die selbst in einem gewöhnlichen PKW transportiert werden können.“

Dies erhöhe die Mobilität und mache die Drohne noch gefährlicher. Die Drohne des Typs „Arash“ sei hergestellt worden, um feindliche Radarsysteme auszuschalten, heißt es, könne jetzt aber auch dazu benutzt werden, „empfindliche lebenswichtige Infrastruktur“ zu zerstören.

Iranische Taktik

Wie das amerikanische Newsweek-Magazin zur gleichen Zeit berichtete, hat der Iran einige seiner modernen Selbstmorddrohnen auch in den Jemen geliefert. Ein Satellitenbild, das auf der Website von Newsweek zu sehen ist und dessen Authentizität von einem Experten, der die iranischen Aktivitäten in der Region verfolgt, bestätigt worden sei, soll laut Newsweek eine Selbstmorddrohne des Typs Shahed-136 in der nordjemenitischen Region Al-Jawf zeigen, die von den Huthi-Milizen kontrolliert wird.

„Die Iraner haben ihren Huthi-Vertretern im Jemen moderne Drohnen geliefert“, sagte der Experte, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, gegenüber Newsweek. „Sie setzen diese Drohnen in der Nähe der Front ein oder positionieren sie vor, um einen Angriff gegen eine Vielzahl von Zielen zu starten, die sie in Reichweite haben.“

Bei einer angenommenen Reichweite von 2.000 Kilometern sind das sehr viele. „Was sie erreichen wollen, ist plausible deniability“, sagte der Experte weiter. Damit ist gemeint, die Verantwortung für einen Angriff auf plausible Weise leugnen zu können. Dadurch sei der Iran in der Lage, „entweder ein Ziel der USA, Saudi-Arabiens, der Golfstaaten oder Israels zu treffen und dann den Angriff auf den Jemen zurückführen zu lassen und darauf zu hoffen, auf diese Weise jeglicher Vergeltung zu entkommen“.

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