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Hamas-Serverzentrum unter UNRWA-Hauptquartier in Gaza

Von der Hamas als Versteck genutzt: Das UNRWA-Hauptquartier in Gaza
Von der Hamas als Versteck genutzt: Das UNRWA-Hauptquartier in Gaza (©Imago Images / APAimages)

Die israelische Armee entdeckte die unter dem UN-Komplex gelegene Geheimdiensteinrichtung der Terrorgruppe aufgrund von Verhören gefangengenommener Hamas-Kämpfer.

Wie das israelische Militär herausgefunden hat, versteckte die Terrorgruppe Hamas eine ihrer wichtigsten Einrichtungen direkt unter dem Hauptquartier des Hilfswerks der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen. Das unterirdische Datenzentrum besteht aus einer Serverfarm, einem Elektroraum, industriellen Batteriespeichern und Unterkünften für die Hamas-Terroristen, welche die Computerserver betrieben.

Die Entdeckung des Kontrollzentrums fügte der langen Liste an Kritikpunkten gegen die UNRWA einen weiteren hinzu, waren in den vergangenen Wochen doch immer neue Vorwürfe über die Verbindungen zwischen der UNRWA und der Hamas laut geworden. So beschuldigte Israel vor kurzem zwölf Mitarbeiter des palästinensischen UN-Flüchtlingshilfswerks, direkt am Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein, bei dem die von der Hamas angeführten Terroristen 1.200 Menschen töteten und 253 Geiseln nahmen.

Das UNRWA-Hauptquartier in Gaza-Stadt befindet sich im Stadtteil Rimal, in dem die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) im Zuge ihrer militärischen Operationen das örtliche Hamas-Bataillon zerschlagen und daraufhin ihre Truppen abgezogen hatten. Während seiner Bodenoffensive hatte das Militär das versteckte Hamas-Datenzentrum nicht entdeckt und auch kein detailliertes Wissen darüber. Erst neue, vor allem aus den Verhören gefangener Terroristen stammende Erkenntnisse halfen dabei, den Ort exakt zu bestimmen.

Der für die Koordinierung der Untergrundoperationen der 401. Brigade zuständige Offizier Nissim Hazan erklärte, der Haupteingang des in rund zwanzig Metern Tiefe liegenden Tunnels befinde sich unter einer UNRWA-Schule in Rimal. Als die Truppen bei ihrer Bodenoffensive dort eintrafen, war er jedoch bereits von der Hamas blockiert worden, sodass er zunächst unentdeckt blieb. Nun sei er im Rahmen einer jener Operationen gefunden worden, die nach dem unmittelbaren Kampfeinsatz stattfinden und »ein hohes Ausmaß an Recherche, Zeit und Geduld erfordern«, so Hazan.

Geheimdiensteinrichtung der Hamas

Ende vergangener Woche durften Journalisten den in Frage stehenden Hamas-Tunnel samt Datenzentrum in Begleitung israelischer Elitesoldaten besichtigen, darunter Emanuel Fabian von der Times of Israel (ToI), der die Tour in einem Bericht folgendermaßen beschreibt:

»Der erste Abschnitt des 700 Meter langen Tunnels mit den für die Hamas typischen Betonbögen und einem Sandboden war relativ unauffällig, ähnlich wie Hunderte von Kilometern unterirdischer Gänge, die die Terrorgruppe im gesamten Gazastreifen gebaut hat. Der Gang hatte mehrere Abzweigungen, aber um die Reporter auf dem richtigen Weg zu halten und sich nicht zu verlaufen, hatten Soldaten neonfarbene Leuchtstäbe auf dem Boden angebracht.

Der für uns ausgeschilderte Weg  führte zu einem kleinen Loch, das, nachdem wir hindurchgeklettert waren, einen großen Flur mit Fußböden, Wandfliesen, Klimaanlagen und Beleuchtungskörpern freigab. Dieser Flur war mit Plakaten gepflastert, die das Logo der Al-Qassam-Brigaden, dem militärischen Flügels der Hamas, zierte und die operative Sicherheitsanweisungen für die in dem Datenzentrum arbeitenden Terroristen enthielten.«

In diesem Teil des Tunnels hätten die IT- und Geheimdienstmitarbeiter der Hamas laut israelischen Militärangaben das Rechenzentrum überwachet und verwaltet. Von dem – sich direkt unter einer UNRWA-Schule befindlichen Hauptflur – führte ein rund dreihundert Meter langer Gang – der sich unter einer Hauptstraße in Rimal hinweg und unterhalb mehrerer Hochhäuser erstreckte – zum Elektroraum und zum Herzstück der Anlage: dem Datenzentrum der Hamas. »Dort befanden sich etwa ein halbes Dutzend Reihen von Serverschränken, in denen jeweils Racks mit Computern für die Operationen der Hamas standen«, schildert Fabian in seinem ToI-Bericht.

Diese Serverfarm wurde von der Hamas für die Sammlung von Informationen, die Datenverarbeitung und die Kommunikation genutzt. Die gefundenen Festplatten und einige der Computer wurden nach Israel gebracht, um von den Geheimdienstbehörden untersucht zu werden. Nissim Hazan erklärte in dem Zusammenhang, dass die IDF mittlerweile von weiteren solchen strategischen Hamas-Tunneln im Gazastreifen wüssten. »Wir haben Monate des Kriegs vor uns, in denen wir einen Tunnel nach dem anderen demontieren und so dem Feind das nehmen werden, was er zu verstecken versucht, und zwar auf sehr raffinierte und zynische Weise«, sagte der IDF-Offizier.

Das UNRWA-Hauptquartier in Gaza

In seinem Bericht schildert der ToI-Journalist Fabian den weiteren Verlauf der von den IDF organisierten Besichtigungstour:

»Nachdem wird den Tunnel auf demselben Weg wieder verlassen hatten, wie wir ihn betreten hatten, bestiegen wir einen gepanzerten Mannschaftstransporter, der uns zum UNRWA-Hauptquartier brachte, da der oberirdische Weg im Freien dorthin wegen potenzieller Hamas-Scharfschützen zu gefährlich war.

Das Hauptquartier schien weitgehend intakt zu sein, im Gegensatz zu vielen der umliegenden Gebäude, die durch israelische Angriffe beschädigt worden waren. Wir passierten das Haupttor mit der Aufschrift ›UNRWA HQ GAZA‹ und ein benachbartes Gebäude mit einer ähnlichen Aufschrift in Englisch und Arabisch sowie dem UN-Logo. Schließlich erreichten den Innenhof, von dem aus die Kampfingenieure in den darunter liegenden Elektroraum gegraben hatten.«

Am UNRWA-Hauptquartier habe der die Tour begleitende Kommandeur der 401. Brigade, Benny Aharon, den Journalisten erklärt, dass seine Truppen mehrere Waffenlager der Hamas gefunden hätten, als sie den Komplex stürmten und gegen bewaffnete Hamas-Angehörige vorgingen, während die UN-Mitarbeiter bereits evakuiert worden waren. »Granaten, Raketen, Abschussvorrichtungen, Sprengstoff, eine große Menge an Waffen, die jede Hamas-Kompanie in den Schatten stellen würde« seien dabei entdeckt und gesichert worden.

Die IDF erklärten weiter, ihre Truppen hätten in einigen Büros von UNRWA-Mitarbeitern Ausrüstung und Dokumente gefunden hätten, die darauf hinwiesen, dass diese Büros auch von Hamas-Terroristen genutzt wurden. »Es besteht kein Zweifel daran, dass die UNRWA-Mitarbeiter wussten, dass die Hamas einen massiven Tunnel unter ihnen gräbt«, sagte Aharon. So gebe es eine Umfassungsmauer um das Gelände, ein Tor, Kameras, am Tor werde registriert, wer ein- und ausgeht. »Wer auch immer bei der UNRWA arbeitete, wusste sehr genau, wer das Gelände betrat und wen sie da deckten.«

Der UNRWA sei also klar, was im Untergrund geschehe, und die UN-Organisation finanziere mit ihrem Budget sogar einen Teil der militärischen Fähigkeiten der Hamas, sagte der israelische Offizier gegenüber den Reportern. Zum Beleg führte er sie zum UNRWA-Serverraum im Hauptgebäude des UN-Komplexes, der direkt über dem unterirdischen Datenzentrum der Hamas liegt, und zeigte ihnen eine Reihe von Kabelsträngen, die über Kabelschächte in die Tiefe zum Hamas-Datenzentrum führen, wo sie, die unterirdische Infrastruktur mit Strom versorgten.

Beweise vernichtet

Im Gegensatz zum der Hamas-Serverraum im Tunnel darunter war das UNRWA-Datenzentrum Fabians Schilderung zufolge weitgehend leer. »Das ist das Verhalten von jemandem, der etwas zu verbergen hat«, erläuterte IDF-Offizier Aharon. Jemand, der bei der UNRWA arbeite und sich eigentlich »um die Menschenrechte und das Wohlergehen der Bevölkerung in Gaza kümmern soll, sollte nicht in aller Eile alle Überwachungskameras und Aufzeichnungsgeräte abklemmen, alle Kabel durchschneiden und Computer mitnehmen. Das sind die Handlungen von jemandem, der wusste, dass die Armee kommt und der deswegen Beweise vernichten wollte.«

Die Hamas habe dieses Gebiet nicht zufällig für ihr Serverzentrum ausgewählt hat, erläuterte Nissim Hazan. »Sie weiß, dass Israel in Friedenszeiten und in früheren Kriegen nicht die Legitimation dafür hatte, ein UNRWA-Gebäude bei einem Luftangriff in Visier zu nehmen und es über dem Tunnel zum Einsturz zu bringen.« Die IDF seien zutiefst schockiert gewesen, dass eine UNO-Hilfsorganisation »auf so eindeutige und brutale Weise und ohne jegliche Bedenken mit einer Terrorgruppe wie der Hamas zusammenarbeitet«, sekundierte ihm Aharon.

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