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UN-Chef Guterres: UNRWA kann nicht anders, als Gaza-Beschäftigte unterbezahlen

UNO-Chef Guterres verteidigt die Unterbezahlung der bei der UNRWA beschäftigten Mitarbeiter der Vereinten Nationen
UNO-Chef Guterres verteidigt die Unterbezahlung der bei der UNRWA beschäftigten Mitarbeiter der Vereinten Nationen (© Imago Images / Xinhua)

Jedes Jahr begehen die Vereinten Nationen am 18. September den Internationalen Tag der Lohngleichheit, doch im Gazastreifen gelten diese Regeln nicht, dort herrscht das UNRWA-Billiglohn-Prinzip.

Mike Wagenheim 

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, sagte am 8. Februar, dass das skandalumwitterte Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA), das nur für Palästinenser zuständig ist, nicht aufgelöst werden kann, und zwar unter anderem wegen der niedrigen Löhne, die es den eigenen Mitarbeitern zahlt. »Die Kosten für die UNRWA sind aus historischen Gründen viel niedriger als die Kosten für die anderen Organisationen«, erklärte Guterres auf einer Pressekonferenz vor Journalisten.

Insbesondere nannte er das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) und das Welternährungsprogramm (WFP). »Die von der UNRWA gezahlten Gehälter betragen ein Drittel der Löhne von UNICEF, WFP oder anderen UN-Organisationen«, so Guterres. »Jeder Versuch, sie zu ersetzen, ist also nicht möglich. Wäre es möglich, würde dies eine enorme Vervielfachung der für humanitäre Maßnahmen benötigten Mittel bedeuten.«

Viele Länder, darunter auch die Vereinigten Staaten, haben die Zahlungen an die UNRWA eingefroren, solange die Vorwürfe untersucht werden, dass mindestens ein Dutzend – Israel spricht mittlerweile von dreißig – Mitarbeiter des Hilfswerks direkt an den Terroranschlägen vom 7. Oktober beteiligt waren. Medienberichten zufolge haben etwa zehn Prozent der UNRWA-Mitarbeiter Verbindungen zu palästinensischen Terrorgruppen. Viele, darunter auch Abgeordnete im US-Kongress, haben die Auflösung der UNRWA und die Übernahme ihres Aufgabenbereichs durch andere UN-Organisationen gefordert. 

Auf der Pressekonferenz am 8. Februar wiederholte Guterres das, was unter den führenden Vertretern der Vereinten Nationen zu einem gängigen Spruch geworden ist: »Die UNRWA arbeitet nicht nur in Gaza. Sie arbeitet in Jordanien, im Libanon, in Syrien und im Westjordanland, wo das Schulsystem für die Palästinenser von der UNRWA garantiert wird, wo das Gesundheitssystem von der UNRWA garantiert wird und wo die lebensnotwendigen Bedingungen von der UNRWA garantiert werden.«

Er könne sich »keine andere Organisation vorstellen, die in der Lage wäre, all dies in all diesen Ländern auf einmal zu tun«, so Guterres, der das UN-Hilfswerk, das ein Terrorismusproblem hat, als »Rückgrat der humanitären Versorgung in Gaza« bezeichnete. 

Getrennt, aber ungleich

Die UNRWA ist eine Besonderheit unter den UN-Organisationen, sowohl was seine Struktur als auch die Art und Weise betrifft, in der es seine Mandate ausführt; und was vor allem auf seinen politischen Charakter und die Dauer des israelisch-palästinensischen Konflikts zurückzuführen ist.

Eine Resolution der UN-Generalversammlung aus dem Jahr 1949 weist den Generalkommissar der UNRWA an, »sein Personal nach allgemeinen, im Einvernehmen mit dem Generalsekretär getroffenen Vereinbarungen auszuwählen und zu ernennen« und nicht nach den normalen Personalregeln der Vereinten Nationen. Durch diese Definition konnte sich die UNRWA ein eigenes Regelwerk für sein Personal schaffen.

Die Internationale Kommission für den öffentlichen Dienst, ein unabhängiges Gremium, das 1974 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen geschaffen wurde, legt in der Regel die Gehälter der internationalen Mitarbeiter der Vereinten Nationen fest. Die meisten Organisationen haben eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern vor Ort, die sogenannten Gebietsmitarbeiter. Die UNRWA hingegen, beschäftigt etwa 13.000 palästinensische Mitarbeiter im Gazastreifen und nur in begrenztem Ausmaß solche aus dem internationalen Ausland, was unter den UN-Organisationen einzigartig ist.

Dabei koppelt die UNRWA die Gehälter für ihre palästinensischen Angestellten – wie auch für jene im Westjordanland, in Jordanien, Syrien und im Libanon – an den lokalen Markt, was bedeutet, dass ein UNRWA-Angestellter im Gesundheitswesen in Gaza ein ähnliches Gehalt bezieht wie ein Angestellter in Gaza, der nicht für die Vereinten Nationen arbeitet.

Bekäme ein UNRWA-Lehrer ein Gehalt auf dem Niveau eines internationalen Mitarbeiters, wie es etwa ein internationaler UNO-Mitarbeiter in Afrika erhält, »würde dies den lokalen Markt für Lehrer zerstören«, erklärte Stephane Dujarric, Sprecher des UN-Generalsekretärs, gegenüber Medien. »Jeder würde sich als UNRWA-Lehrer bewerben.«

Das UNRWA-Personal betont auch andere Erwägungen, die über wirtschaftliche und finanzielle Aspekte hinausgehen: »Im Rahmen einer politischen Lösung würde das UNRWA-Personal hoffentlich in palästinensische öffentliche Einrichtungen übergehen«, sagte etwa der UNRWA-Generalkommissar Phillipe Lazzarini, dessen Rücktritt sowohl in den USA als auch international gefordert wird, im April vergangenen Jahres.  Nach Ansicht des UNRWA-Chefs würde die UNRWA also zu einer Art Jobbörse werden, welche die Aufgaben der palästinensischen Regierungsbehörden in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales übernimmt.

Der Gründungsvorsitzende und CEO der Abraham Global Peace Initiative, einer gemeinnützigen Organisation in Toronto, Avi Abraham Benlolo, warf der dem Palästinenser-Hilfswerk UNRWA vor, seine Mitarbeiter in Gaza mit Gehältern auszubeuten, die um zwei Drittel unter dem Gehalt eines normalen‹ UNO-Mitarbeiters liegen. »Wie schlecht kann eine einzige Behörde sein?«, resümierte er.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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