Haben mehrere Geiseln, die während des Waffenstillstands im November freigelassen wurden, bereits angedeutet, im Gazastreifen sexuell missbraucht worden zu sein, berichtet nun zum ersten Mal eine Israelin direkt von den Gräueln, die ihr angetan worden sind.
Die israelische Geisel Amit Soussana wurde während der vierundfünfzig Tage, die sie in der Gefangenschaft der Hamas im Gazastreifen verbrachte, sexuell missbraucht, wie sie in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der New York Times verriet. Die Vierzigjährige wurde während des Hamas-Massakers am 7. Oktober von Terroristen aus ihrem Haus im Kibbutz Kfar Aza entführt und schließlich am 30. November freigelassen, also in der letzten Runde der eine Woche haltenden Vereinbarung zum Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene zwischen Israel und der Hamas.
Während mehrere weibliche Geiseln, die während dieses Waffenstillstands im November freigelassen wurden, angedeutet haben, im Gazastreifen sexuell missbraucht worden zu sein, ist das Interview mit Soussana das erste Mal, dass eine freigelassene Geisel offen über die Sexualverbrechen der Hamas berichtete.
Soussana erzählte der New York Times, dass sie in einem Kinderzimmer gefangen gehalten und an ihrem Fußgelenk gefesselt wurde. Bei mehreren Gelegenheiten sei ein Wachmann namens Muhammad hereingekommen, habe sich neben sie auf das Bett gesetzt, ihr Hemd hochgehoben und sie angefasst. Etwa zwei Wochen nach ihrer Gefangennahme griff Muhammad Soussana an, nachdem er sie kurz von den Fesseln befreit hatte, damit sie auf die Toilette gehen konnte. Der Wärter zwang sie dabei mit vorgehaltener Waffe, »einen sexuellen Akt an ihm vorzunehmen«.
Bei einem weiteren Vorfall eine Woche später wickelten ihre Wächter Soussanas Kopf in ein T-Shirt, zwangen sie, sich auf den Boden zu setzen, legten ihr Handschellen an und schlugen sie mit einem Gewehrkolben. Nach einigen Minuten klebten sie ihr Mund und Nase zu, fesselten ihre Füße und hängten sie über den Spalt zwischen zwei Sofas. Soussana beschrieb, dass sie »wie ein Huhn« an einem Stock hing, was ihr so große Schmerzen bereitete, dass sie das Gefühl hatte, ihre Hände würden ausgerenkt.
Sprechen für die Opfer
In dem Artikel hielt die New York Times fest, dass diese Schilderungen mit dem übereinstimmten, was Soussana einem israelischen Gynäkologen und einem Sozialarbeiter wenige Stunden nach ihrer Entlassung erzählte hatte. Die Zeitung prüfte die Krankenakten, um die Angaben zu verifizieren. »Amit sprach sofort, fließend und detailliert, nicht nur über den sexuellen Übergriff, sondern auch über die vielen anderen Qualen, die sie erlebt hat«, erklärte Julia Barda, leitende Gynäkologin der Universität Tel Aviv.
Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog appellierte am Dienstagabend an die internationale Gemeinschaft, den »brutalen Terror« der Hamas zu verurteilen und die sofortige Freilassung aller 134 in der Hamas-Gefangenschaft verbliebenen Geiseln zu fordern. »Amit Soussana spricht für all jene, die nicht sprechen können. Sie spricht für alle Opfer der verabscheuungswürdigen sexuellen Verbrechen und des Missbrauchs durch die Hamas. Sie spricht für alle Frauen überall«, twitterte er und fügte hinzu: »Die ganze Welt hat die moralische Pflicht, Amit – und allen Opfern – beizustehen.«
Mindestens zehn der während des vorübergehenden Waffenstillstands freigelassenen Geiseln seien sexuell missbraucht oder misshandelt worden, so ein Arzt, der einige der hundertzehn aus der Gefangenschaft entlassenen Personen behandelt hat, gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press Ende vergangenen Jahres.
Darüber hinaus untersucht Israel zahlreiche Berichte über Sexualverbrechen, die sich während des Massakers vom 7. Oktober ereigneten, als Tausende, schwer bewaffnete Hamas-Terroristen die Grenze stürmten, 1.200 Menschen töteten, Aberhunderte weitere verletzten und 253 Geiseln nahmen. Das ganze Ausmaß der Vergewaltigungen wird möglicherweise nie bekannt werden, da viele der Opfer und Zeugen am 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen ermordet wurden.