Nachdem diese Woche die ersten über den kürzlich wieder geöffneten israelischen Grenzübergang Erez gehenden Lieferungen humanitärer Hilfsgüter aus Jordanien in der Enklave angelangt waren, gelang es der Hamas, diese sofort zu beschlagnahmen.
Dies teilte der Sprecher des US-Außenministeriums Matthew Miller am Donnerstag mit. Noch am Dienstag besichtigte Außenminister Antony Blinken die Hilfsgüter, kurz bevor sie vom Hauptsitz der Jordanischen Haschemitischen Wohltätigkeitsorganisation in Amman zum wiedereröffneten Grenzübergang Erez transportiert wurden, der von der Hamas während ihres Terrorangriffs am 7. Oktober, der den derzeitigen Krieg auslöste, weitgehend zerstört worden war. Die Wiedereröffnung von Israels einzigem Grenzübergang am nördlichen Rand von Gaza war seit Monaten ein Hauptanliegen internationaler Hilfsorganisationen, um die humanitäre Lage im Norden des Küstenstreifens zu verbessern.
Miller zufolge wurde die Lieferung vom jordanischen Militär innerhalb des Gazastreifens entladen, bevor sie »von einem humanitären Helfer zur Verteilung innerhalb des Gazastreifens abgeholt wurde. Die humanitäre Hilfe wurde von der Hamas vor Ort in Gaza abgefangen und umgeleitet«, was einen »inakzeptablen Akt« der Terrororganisation darstelle.
Zum Wohl des Widerstands
Miller fügte hinzu, dass die UNRWA, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge, wahrscheinlich bald eine Erklärung abgeben werde, in der es den Vorfall verurteilt und darauf hinweist, dass die Hamas die Hilfsgüter gestohlen hat. »Wenn es eine Sache gibt, die die Hamas tun kann, um die Hilfslieferungen zu gefährden, dann ist es die Umleitung der Hilfsgüter für ihren eigenen Gebrauch, anstatt sie den unschuldigen Zivilisten zukommen zu lassen, die sie benötigen«, sagte der US-Sprecher, ganz so, als ob die Hamas nicht in der Vergangenheit schon mehrfach explizit erklärt hätte, die Lieferungen stünden ihr zu und nicht der Zivilbevölkerung.
So ließ das Politbüro-Mitglied der Hamas, Mousa Abu Marzouk, die interessierte Öffentlichkeit im Januar wissen, es sei das Los der Palästinenser, zugunsten der Hamas zu hungern. »Die Hilfsgüter, die nach Gaza gelangen«, hieß es in Abu Marzouks Ausführungen, »müssen an die Widerstandskämpfer verteilt werden« und nur das, was übrigbleibt, an die Bevölkerung des Küstenstreifens ausgegeben werden. »Die Versuche mancher Einwohner, sich dieser Hilfsgüter zu bemächtigen, so wie es heute in Rafah passiert ist, wird mit aller Macht bekämpft werden«, schrieb Marzouk in Anspielung auf einen kurz zuvor von der Hamas erschossenen Jugendlichen, der Hilfsgüter an sich nehmen wollte. Alles, sei es nun teuer oder billig, müsse dem »Wohl des Widerstands« zur Verfügung gestellt werden. »Die Bevölkerung darf die Lebensmittel des Widerstands nicht stehlen.«
Hilfe über den Seeweg
In seiner Erklärung behauptete Miller, dies sei »der erste weit umfassende Fall von Umleitung [von Hilfsgütern], den wir in Gaza gesehen haben«. Miller zufolge hielt die Hamas die Hilfsgütertransporter »einige Zeit« fest, bevor sie diese dann doch freigab. So sei die UNRWA dabei, »die Hilfsgüter zurückzuholen, oder hat dies bereits getan«, sagte er in einer Pressekonferenz.
Die Äußerungen des US-Außenamtssprechers bestätigen die seit Langem bestehenden Erklärungen Israels, die Hamas horte Hilfsgüter und halte sie der Zivilbevölkerung vor. Aufnahmen aus dem Gazastreifen haben gezeigt, wie mit der Terrorgruppe in Verbindung stehende bewaffnete Männer Lastwagen mit humanitärer Hilfe aus Ägypten entwendet haben.
Im Februar wies der US-Diplomat, der damals mit der humanitären Hilfe für den Gazastreifen befasst war, noch die Behauptung zurück, die Hamas habe Hilfs- und Handelslieferungen gestohlen und erklärte, kein israelischer Beamter habe ihm oder der Regierung Biden »konkrete Beweise für die Umleitung oder den Diebstahl von Hilfsgütern« vorgelegt. Gleichzeitig räumte er ein, dass die Hamas andere Kanäle für die Lieferung von Hilfsgütern genutzt habe, »um zu bestimmen, wohin und an wen die Hilfe geht«.
Israel hat in jüngster Zeit seine Bemühungen um die Lieferung von Hilfsgütern auf dem Landweg verstärkt und neue Zufahrtswege eröffnet, darunter am Mittwoch die Öffnung des Grenzübergangs Erez für Hilfsgütertransporte. Washington und die UNO haben erklärt, dass die Hilfslieferungen in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen haben, aber noch mehr Hilfe benötigt werde. Wie das Pentagon am Mittwoch mitteilte, hat das amerikanische Militär den provisorischen Pier bereits zur Hälfte fertig gestellt, mit dem die humanitären Hilfslieferungen über den Seeweg verstärkt werden sollen.