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Kurzfristige Ziele der Operation in Dschenin erreicht

Die israelischen Truppen verlassen nach der Anti-Terror-Operation die Stadt Dschenin
Die israelischen Truppen verlassen nach der Anti-Terror-Operation die Stadt Dschenin (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die meisten Terroristen Dschenins wichen einem Angriff auf die brigadegroße Spezialeinheit der IDF aus, viele versteckten sich offenbar in Krankenhäusern.

Yaakov Lappin

Nachdem die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ihre umfangreiche Sicherheitsoperation abgeschlossen haben, scheint das Ziel, Dschenins Image als Zufluchtsort für Terroristen zu zerstören, mit einigen Vorbehalten erreicht worden zu sein. Die IDF beschlagnahmten mit Unterstützung des Geheimdienstes Shin Bet und der Grenzpolizei mehr als tausend Waffen im Lager und in den umliegenden Gebieten, darunter auch Bomben, Munition und Schusswaffen.

Sicherheitskräfte befragten über 300 Verdächtige, von denen etwa 120 festgenommen wurden. Vierzehn Kommandoposten und Verstecke, die zur Koordinierung terroristischer Aktivitäten gedient hatten, wurden abgerissen, und sechs Bombenfabriken demontiert, in denen Sicherheitskräfte über 300 Bomben, Chemikalien zur Bombenherstellung und andere Waffen gefunden hatten. Hunderttausende Euro an Terrorgeldern wurden beschlagnahmt, außerdem sechs unterirdische Schächte und zwei Waffengruben entdeckt, unter anderem in einer Moschee.

Die IDF entsandten eine brigadegroße Streitmacht, bestehend aus Soldaten von Eliteeinheiten wie Maglan, Duvdevan, der Paratroopers Reconnaissance Unit, der Nahal Reconnaissance Unit und Egoz, in die Terrorhochburg, wobei der Egoz-Chief-Sergeant David Yehuda Yitzchak im Kampf getötet wurde.

Die Armee tötete ihrerseits zwölf palästinensische Kombattanten. Ursprünglich ging sie davon aus, in deutlich stärkere Kämpfe verwickelt zu werden, doch verloren viele Terroristen ihre Motivation und flohen, als sie sahen, wie die IDF-Elitetruppen, unterstützt durch Drohnen, aus verschiedenen Richtungen auf sie vorrückten. Viele der bewaffneten Terrorkämpfer schienen in umliegenden Krankenhäusern Zuflucht gesucht zu haben, was an die Doktrin der Verwendung ziviler Schutzschilde in Gaza erinnert. Die solcherart geflohenen Terroristen konnten nicht ausgeschaltet werden, da sie bereits nach Dschenin zurückgekehrt waren.

Erhöhung der Abschreckung 

Auch wenn es in Zukunft weitere Anti-Terroroperationen in Dschenin geben wird, hat Israel momentan zweifellos seine Abschreckungskraft gestärkt und den Gegnern klar gemacht, dass es in Westjordanland keine No-go-Area für seine Armee gibt. Dieses Operationsmodell kann nun auch künftig auf Bedarfsbasis angewendet werden, und es liegt an den bewaffneten Fraktionen in Dschenin, ob sie weitere derartige Aktionen provozieren werden.

Eine zentrale Frage für die Zukunft wird sein, ob die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), deren Vertreter bei der Beerdigung der Terroristen am Mittwoch ausgebuht wurden, wieder mit einer Neuaufstellung in Dschenin beginnen wird, wo sie jegliche Kontrolle verloren hat. Die PA hat jetzt die Gelegenheit, eine solche zu versuchen, da ihre internen Gegner, die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad sowie unabhängige bewaffnete Fraktionen in der Stadt, ins Hintertreffen geraten sind.

Es muss betont werden, dass es im Umgang mit dem palästinensischen Terrorismus kein Allheilmittel gibt. Die israelische Militärführung betrachtet die Dschenin-Operation als einen weiteren, durchaus tief eingreifenden Erfolg ihrer Strategie des »Rasenmähens«, [durch die Terrorgruppen geschwächt, aber nicht gänzlich ausgeschaltet werden; Anm. Mena-Watch] und nicht als das letzte Wort.

Ernste Fragen

Dschenin hat eine lange Tradition, seine Umgebung und israelische Städte mit tödlichem Terror zu überziehen, obwohl es in den vergangenen Jahren, in denen die PA dort noch regierte, einen gewissen wirtschaftlichen Wohlstand und Stabilität erlebte. Solange in der Stadt das aktuelle Machtvakuum bestehen bleibt, wird sie ihre Rolle als Terror-Hochburg weiterhin erfüllen.

Während sich PA-Vorsitzende Mahmoud Abbas altersbedingt dem Ende seiner Amtsausübung nähert und die Fatah-Führer sich auf einen Kampf um die Nachfolge vorbereiten, stellen sich ernste Fragen für die Zukunft der Palästinensischen Autonomiebehörde und ihrer Funktionsfähigkeit. Für Israels Verteidigungsministerium liegt es im Interesse der Sicherheit des jüdischen Staates, dass die PA und nicht die Hamas oder der Islamische Jihad die unter vollständiger palästinensischer Administration stehende Zone A im Westjordanland beherrscht, und es ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, dass palästinensische Zivilisten, die nicht an Gewalttaten beteiligt sind, weiterhin in Israel arbeiten können. Mehr als 100.000 Palästinenser, darunter Tausende aus Dschenin, pendelten selbst während der IDF-Operation nach Israel, um dort zu arbeiten.

Die von der Hamas angeführten Terrorgruppen im Gazastreifen werden weiterhin versuchen, die Westbank und Jerusalem in Brand zu setzen, während sie die direkte Rolle des Gazastreifens bei den Feindseligkeiten vorerst auf ein Minimum reduzieren wollen. Die fünf Raketen, die eine Terrorgruppe am Dienstagabend aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert hat, waren ein symbolischer Versuch, Solidarität mit der Terror-Hochburg Dschenin zu bekunden, und nicht die Absicht, eine neue Runde von Kämpfen einzuleiten.

Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel. Er ist hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist state on the Internet(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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