Erweiterte Suche

Antisemitismus und Geschichtsklitterung à la Mahmoud Abbas

Mahmoud Abbas bei seiner antisemitischen Rede anlässlich des »Nakba-Tages« der UNO
Mahmoud Abbas bei seiner antisemitischen Rede anlässlich des »Nakba-Tages« der UNO (© Imago Images / APAimages)

Bei seiner kürzlich gehaltenen Rede vor dem UNO-Plenum verglich der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, Israel mit dem Nationalsozialismus.

Bei einer von der UNO am 15. Mai anberaumten Gedenkveranstaltung zum Nakba-Tag, die von 45 Staaten boykottiert wurde, verlangte PLO-Chef Mahmoud Abbas den Ausschluss Israels aus der UNO. Die Forderung hatte schon Jassir Arafat bei seiner berüchtigten Rede vor der UN-Generalversammlung in New York am 13. November 1974 erhoben. Hätte es eines weiteren Beweises bedurft, dass die politischen Führer der Palästinenser seit Jahrzehnten auf der Stelle treten, während Israel sich rasant weiterentwickelt – dieser wäre es.

Man muss daran erinnern, welche akademische Qualifikation Mahmoud Abbas hat: 1982 promovierte er an der Patrice-Lumumba-Universität in Moskau, einer sowjetischen Kaderschmiede für zukünftige Führer von Moskaus Verbündeten in der Dritten Welt, im Fach »Wissenschaftlicher Antizionismus« mit der These einer »Kollaboration zwischen Zionisten und Nationalsozialisten 1933 bis 1945«. Die Katastrophe (was »Nakba« übersetzt bedeutet) begann für Abbas schon im Jahr 1917 mit der Balfour-Deklaration, die den Juden eine nationale Heimstätte in Palästina in Aussicht stellte. Vor der UNO sagte Abbas:

»Insbesondere Großbritannien und die Vereinigten Staaten tragen die direkte moralische und politische Verantwortung für die Nakba des palästinensischen Volkes. Diese beiden Länder waren daran beteiligt, unser Volk zu Opfern zu machen, als sie beschlossen, für ihre eigenen kolonialistischen Zwecke ein fremdes Gebilde in unserem historischen Heimatland zu errichten.«

Die »westlichen Länder« beschuldigte Abbas, den Arabern ihre Juden aufgenötigt zu haben:

»Die Wahrheit ist, dass diese westlichen Länder die Juden loswerden und in Palästina von ihnen profitieren wollten. Sie wollten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«

1917 gab es in den USA 3,8 Mio. Juden, heute sind es 5,8 Mio. Die Zahl der Juden in Großbritannien liegt heute mit rund 270.000 etwa genauso hoch wie vor hundert Jahren. Wäre es wirklich das Ziel der USA und Großbritanniens gewesen, durch die Gründung eines jüdischen Staates »die Juden loszuwerden«, wie Abbas sich das in seinem antisemitischen Weltbild ausmalt, müsste man dies als Flop betrachten.

Keine Taktiererei mehr

Abbas, das machte er vor der UNO deutlich, will nicht weniger als das gesamte Gebiet des früheren britischen Mandatsgebiets Palästina. 2012 hatte er sich noch bei Radikalen unbeliebt gemacht, als er – wohl aus taktischen Gründen – gegenüber einem israelischen Fernsehsender gesagt hatte, er sehe ein, dass sein Geburtsort, die nordisraelische Stadt Safed, seit 1948 dauerhaft zu Israel gehöre. Er habe die Stadt besucht und würde sie gerne wiedersehen, aber nicht in ihr wohnen. »Es ist mein Recht, sie zu sehen, aber nicht, dort zu leben.« Für ihn sei »Palästina jetzt innerhalb der Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Das ist jetzt und für immer … Das ist Palästina für mich. Ich bin ein Flüchtling, aber ich lebe in Ramallah.«

Mittlerweile ist es Abbas leid, aus taktischen Gründen so zu tun, als würde er sich mit dem Staat Israel abfinden. Vor der UNO sagte er nun:

»Das Problem der Flüchtlinge muss gelöst werden. Es gibt Flüchtlinge und sie sollten zurückkehren. Ich bin ein Flüchtling. Ich bin ein palästinensischer Flüchtling. Ich möchte in meine Stadt zurückkehren. Ich kann nicht einmal in Paris oder New York leben. Ich will das nicht. Ich will Safed. Es ist eine so kleine Stadt. Ich will sie.«

Abbas will. Mit ihm gibt es keine Anerkennung Israels, in welchen Grenzen auch immer. Die Gründung Israels war für ihn ein Komplott von Imperialisten. Die Israelis würden »lügen und lügen, wie Goebbels«, sagte er weiter. 

Lügen und Verleumdungen

Damit rückt er die Juden in die Nähe der Täter des Holocausts. Eine Aussage, die sogar dem deutschen Auswärtigen Amt zu weit ging. Eine Relativierung des Holocausts sei »absolut inakzeptabel«, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. »Die Verfolgung und systematische Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden und Jüdinnen ist ein singuläres Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deutschland wird niemals nachlassen, die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten«, so die Sprecherin weiter. 

Und auch das Faktum, dass in der Antike Juden in Palästina gelebt haben, bezeichnete Abbas als Lüge:

»Israel hat dreißig Jahre lang [unter der Al-Aqsa-Moschee] gegraben, um irgendetwas zu finden, das ihre [frühere] Existenz dort beweisen würde, aber sie haben nichts gefunden. Das sage nicht ich, sondern israelische Historiker und Archäologen. Sie sagen: Wir konnten nichts finden. Wir haben hier nichts.‹ Warum also lügen? Sie gruben unter und über Al-Aqsa [sic] … Sie haben überall gegraben, aber nichts gefunden.«

Nichts? Wie das Siegel des in der Bibel als großen Reformer beschriebenen judäischen Königs Hiskia? Wie die kürzlich entdeckten Inschriften in dem 2.700 Jahre alten Hiskia-Tunnel? Wie der 1.400 Jahre alte Schatz mit goldenen Medaillons, auf denen Schofar und Menora abgebildet sind? Wie die Waffenfunde, die den Bericht des jüdisch-römischen Historikers Flavius Josephus über die Belagerung des jüdischen Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. belegen?

Und auch die Aussage der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende April, Israel habe die »Wüste zum Blühen« gebracht – etwas, das sie im Juni 2022 bei einem Besuch in Be’er Sheva, wo ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Ben-Gurion verliehen wurde, mit eigenen Augen gesehen hat –, kann Abbas noch immer nicht fassen und bezeichnete sie ebenfalls als »Lüge«.

In der Zeit steckengeblieben

Der Anführer einer vom Iran unterstützten irakischen Schiitenmiliz suggerierte kürzlich, der israelische Geheimdienst Mossad besitze eine Zeitmaschine, mit der er ins siebte Jahrhundert gereist sei, um den ersten schiitischen Imam, Ali Ibn Abi Talib, zu ermorden. Eine solche Zeitmaschine hätte Abbas auch gern, will er doch die Gründung Israels rückgängig machen, wie er bei vielen Punkten seiner Rede deutlich machte. 

Kurz nachdem Mahmoud Abbas im Januar 2005 zum Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde gewählt worden war, wurde der damalige ägyptische Präsident Hosni Mubarak von einem Journalisten gefragt, welchen Rat er den palästinensischen Führern geben würde. Mubarak antwortete im Interview mit dem Fernsehsender Al-Arabiya:

»Es muss ein neues Denken über die Palästinenserfrage geben. Andernfalls werden wir [die Araber] weiterhin ›Nein‹ sagen. Wir haben in den letzten fünfzig Jahren ›Nein‹ gesagt, und deshalb haben wir viele Gelegenheiten verpasst. Wir haben ›Nein‹ zum [UNO-]Teilungsplan von 1947 gesagt, und 1967 sagten wir ›Nein‹ zur Anerkennung Israels als Gegenleistung für einen Rückzug [zu den Waffenstillstandslinien von 1949]. Damals sagten wir, das, was mit Gewalt genommen wurde, nur mit Gewalt wiederhergestellt werden kann. Sie haben alles abgelehnt.

Das palästinensische Volk leidet unter der Wirtschaftskrise. Meiner Ansicht nach muss die palästinensische Führung dem Frieden jetzt eine Chance geben. Sie muss sich an den Verhandlungstisch setzen. Das wird eine Botschaft an die Menschen senden, dass es Hoffnung auf Frieden gibt.«

»Fünfzehn Jahre später«, schrieb der arabisch-israelische Journalist Khaled Abu Toameh 2020, zeige sich, dass Abbas und die palästinensische Führung den Rat Mubaraks nie ernst genommen hätten: »Im Gegenteil, die palästinensischen Machthaber handeln weiterhin nicht nur gegen den Rat von Mubarak und anderen Arabern, sondern auch gegen die Interessen ihres eigenen Volkes.«

Abbas, der im November 88 Jahre alt wird, ist über seine Moskauer Propaganda nie hinausgekommen. Seine Aufrufe zur Eliminierung Israels, angefangen beim Ausschluss aus der UNO, sind getragen von Klischees, die aus den 1970ern oder 1930ern stammen könnten. Immer dasselbe Lied. Oder, wie man auf Französisch, der Sprache der Diplomatie, sagen würde: On connaît la chanson.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!